Jemand vom Büro? Vielleicht Stan Goulding?
Ihre Antworten auf die folgenden Fragen entscheiden überIhre Eignung für das Ewige-Leben-Verfahren.
Es folgte ein Fragebogen, auf dem all das an Informationen einzutragen war, was auch für die Beantragung eines Führerscheins oder ein Illustriertenabo gebraucht wurde.
Warum halten Sie sich für einen Kandidaten, der eines verlängerten Lebenszyklus würdig ist? Bitte beschränken Sie sich bei Ihrer Antwort auf fünfzig oder weniger Wörter.
Mark ließ die Hände auf die Tastatur fallen und grinste. Er schrieb: So viele Frauen, so wenig ‚Zeit!
Dann las er den Satz noch einmal durch und dachte: Was, wenn das alles stimmte? Sollte er sich die Aussicht auf ein ewigwährendes Leben nur um einer wahnsinnig witzigen Antwort willen vermasseln?
Er haute auf LÖSCHEN und schrieb:
Ein durchschnittlich langes Leben reicht nicht aus, mich weise zu machen. Ich brauche weitere Jahre, um die wahre Bedeutung des Lebens zu verstehen. Ich muß mich selbst noch besser kennenlernen. Andere Menschen. Mit mehr Zeit werde ich erwachsen werden. Nur Erwachsene können uns aus unserer kindischen Torheit erretten.
Achtundvierzig Wörter. Der Tonfall demütiger Ernsthaftigkeit.
Glauben Sie, daß Ihre Arbeit (angenommen. Sie blieben auf diesem Gebiet tätig) für zukünftige Generationen von Nutzen sein wird? Bitte beschränken Sie sich bei Ihrer Antwort auf fünfundzwanzig oder weniger Wörter.
Eine Antwort auf diese Frage zu finden dauerte länger.
Die Werbung, wesentlich für das System des freien Marktes, kann auch die Gesundheit, die Sicherheit und das wirtschaftliche Wohlergehen der Menschen auf der ganzen Erde positiv beeinflussen.
Siebenundzwanzig Wörter. Er ersetzte ›der Menschen auf der ganzen Erde‹ durch ›aller Menschen‹. Dreiundzwanzig, das ging.
Es kam nur noch ein Punkt:
Bitte benennen Sie eine Person, von der Sie meinen, daß sie ein Ewiges Leben verdient hätte. Aus Gründen der Sicherheit muß die vorgeschlagene Person eine E-Mail-Adresse oder Zugang zu einer solchen haben.
Es gab eine auf der Hand liegende Antwort, aber plötzlich schien sie ihm gar nicht mehr so auf der Hand zu liegen. Er war seit elf Jahren mit Heidi verheiratet und hatte keinen besonderen Grund, sich über seine Ehe zu beklagen, ihre Kinderlosigkeit ausgenommen. Heidis Freunde langweilten ihn, deshalb hatte sie die seinen übernommen (mit Ausnahme Stan Gouldings). Sie hatten nur wenige gemeinsame Interessen gehabt, bis sie ihr Haus im städtischen Einzugsbereich gekauft hatten. Er hatte sich zum Heimwerkertyp entwickelt, und Heidi verbrachte jedes Wochenende in Antiquitätenläden und Lebensmittelmärkten. Sein Interesse an der Werkelei schwand allerdings dahin, und inzwischen verbrachte er mehr Zeit vor dem Computer als an seiner Werkbank. Heidi hatte nichts dagegen. Sie besaß selbst einen kleinen Computer, und es machte ihr großen Spaß, mit fantasievoller Clip-Art illustrierte Briefe an ihre alten College-Freundinnen zu verfertigen und auszudrucken.
Mark hielt sich für einen treuen Ehegatten. Seine E-Mail-Affäre mit CandyStripe hielt sich in den keuschen Grenzen des Cyberspace. Bislang. Es war nur eine Frage der Zeit.
Eine Frage der Zeit!
Er sah wieder auf den Monitor, legte die Finger auf die Tastatur und fragte sich, ob er wirklich eine ganze Ewigkeit mit Heidi zusammen verbringen wollte. Dann gab er seine Antwort ein: Stanley Goulding.
Er wußte auch nicht, warum er Stan gewählt hatte. Stan war keineswegs sein bester Freund – er hatte gar keinen. Er ging mit Stan oft zum Mittagessen, okay. Und sie hatten Dinge, über die sie sich unterhalten konnten, hatten gemeinsame Feinde.
Er mußte sich durch alle Schubfächer in seinem Arbeitszimmer kramen, bis er das Telefonverzeichnis des Büros gefunden hatte. Als ihm das endlich gelungen war, hatte sich der Bildschirmschoner eingeschaltet, und eine Uhr (Ironie!) sprang von einer Ecke in die nächste. Er gab der Maus auf ihrer Unterlage einen Klaps, und der Fragebogen war – dem Himmel sei Dank! – wieder da. Er gab Stans E-Mail-Adresse ein, und der Bildschirm reagierte.
Sie erhalten die Entscheidung betreffs Ihrer Bewerbung am 14. März. Bitte jetzt SENDEN.
Das Fenster verschwand vom Bildschirm. Mark wußte, daß es nicht wieder darauf erscheinen würde. Er konnte nur noch abwarten.
SIE HABEN POST
Betr.: Nominierung
Datum: Freitag, 15. März, 19:06 Uhr EDT
Von:
[email protected] An:
[email protected] Er gehörte jetzt