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Mein Vater der Kater

Mein Vater der Kater

Titel: Mein Vater der Kater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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ist.
    Aber einen Partner zu haben, hat auch noch eine andere gute Seite. Wir hatten schlauerweise schon am Anfang dafür gesorgt, daß die Firma, sollte einem von uns beiden etwas zustoßen, abgesichert war. So etwas nennt sich Partnerschafts-Versicherung und erklärt, warum ich die ›Barra- cuda‹ verloren habe und auf einer Insel mit weniger als sechshundert Bewohnern hause, von denen ein Drittel von zuviel Sonne und ganja traumatisiert und keine Frau einen zweiten Blick wert ist. Die ›Barracuda‹, eine vierzig-Fuß- Motorjacht mit schnittigen Linien und einem PS-starken Motor, war das sichtbare Zeichen meines Erfolges, und ich mußte sie versenken, um die Firma über Wasser zu halten. Wie Sie sehen, mache ich immer noch Witze. Wie nennt man das? Galgenhumor?
    Ich weiß nicht mehr, wer von uns beiden den Vorschlag gemacht hat. Mitch und ich saßen in seinem Eckbüro, überdachten nach einer ganztägigen Gesprächsrunde mit den Finanzheinis, deren Gesichter so steinern gewesen waren wie die der Götterbilder auf den Osterinseln, unser Elend und versuchten, einen Uberlebensplan zu erarbeiten. Wir kamen zu dem Schluß, daß wir mindestens sechs Millionen brauchten, um die Bank in Schach zu halten und unser Haus wieder in Ordnung zu bringen. Es hätten genausogut auch sechzig Millionen sein können, denn wir hatten niemanden, an den wir uns wenden konnten. Die einzigen reichen Verwandten, die wir hatten, waren unsere Ex-Frauen, und die verdienten ihr Geld, indem sie von uns Unterhaltszahlungen kassierten.
    Hoffnungslos sahen wir die fälligen Rechnungen durch, als eine der Forderungen vorsprang und uns ins Auge fiel.
    »Versicherung«, sagte Mitch.
    Die Versicherungssumme belief sich auf zwölf Millionen. Wir zahlten saftige Beiträge, aber wir hatten sie schließlich zu einer Zeit abgeschlossen, als die Aufträge massenweise eingingen und wir noch zwanzig Mitarbeiter und einen unerschütterlichen Glauben an die Zukunft hatten.
    Zwölf Millionen Dollar. Die gehörten einem von uns, sollte zuvorkommenderweise der andere von uns beiden sterben.
    Am Anfang machten wir noch makabre Witze. Warfen eine Münze hoch, um zu entscheiden, wer von uns beiden sich als menschliches Opfer darbringen sollte. Dann verfielen wir auf eine vernünftigere Alternative. Wie wäre es, wenn einer von uns gerade so lange tot wäre, bis wir das Geld kassiert hatten? Wenn er so lange tot blieb, bis Normo- nics irgendein neues Killersystem entwickelt hatte, wieder dem Zeitgeist entsprach, vielleicht sogar an die Börse gegangen war? Was aber, wenn das Wiedererscheinen des ›Toten‹ zur Folge hätte, daß auch der Hauptgläubiger erneut auf den Plan träte? Nun, bis dahin würde die Quelle wieder sprudeln, wären wir wieder im Geschäft und wieder auferstanden. So etwas hatte es in der Branche durchaus schon gegeben – warum also sollten wir nicht dafür in Frage kommen?
    Wir waren sehr aufgeregt. Viel zu aufgeregt, um uns einen lebensfähigen Plan zurechtzubasteln. Bis wir das geschafft hatten, dauerte es noch zwei Tage, vor allem weil die große Frage beantwortet werden mußte, wer von uns beiden den ›Toten‹ spielen sollte.
    Wir versuchten, das Problem von der Seite der Logik her anzugehen. Mitch hatte mehr Geschäftssinn als ich. Dagegen verstand ich nach sechs Jahren in einem winzigen Kabuff bei Microsoft mehr vom Programmieren. Mitch war geschieden und kinderlos. Ich hatte nach meiner Scheidung wieder geheiratet – eine Frau, die fünfzehn Jahre jünger war als ich und schmollte, wenn ich ihr nicht jeden Abend ein kleines Geschenk mitbrachte. Für mich war der Fall klar, aber am Ende mußten wir doch eine Münze werfen, und ich verlor.
    »Sieh mal«, sagte Mitch fröhlich (und warum sollte er nicht fröhlich sein?), »du bringst doch die besten Voraussetzungen mit. Du hast dieses Boot. Wie oft mußte dich die Küstenwache schon davor bewahren, bei den Fischen zu schlafen?«
    »Nur einmal«, antwortete ich schroff. »Und es war nicht meine Schuld. Der Mann, den ich angeheuert hatte, vergaß den Sprit, und mitten auf dem Ozean war der Tank plötzlich leer.«
    »Aber du bist als Penner aktenkundig. Und wenn du wieder einen Unfall hättest, wenn du auf See verschüttgehen würdest, über Bord gehen, dann würden sie schlicht denken, daß du eben ein lausiger Seemann warst –«
    »Vielleicht würden sie nicht glauben, daß es ein Unfall war«, sagte ich, »sondern angesichts dessen, was mit der Firma passiert ist, eher an einen

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