Mein verräterisches Herz: Roman (German Edition)
ihnen und dem nicht einmal zehn Meter entfernten, sie neugierig beäugenden Elch stand. Das große Tier war nun so nahe, dass sie seinen Atem hörten. Alex konnte daneben auch Sarahs Herzklopfen vernehmen.
»Sarah, darf ich dir Thumper vorstellen«, raunte er ihr ins Ohr. »Tucker hat ihn so getauft. Vor etwa drei Jahren hat uns Thumper als Halbwüchsiger von zweieinhalb Jahren zu Hause einen Besuch abgestattet. Er blieb fast eine Woche und schlug sich den Schädel an einem der Skidder im Hof an, deshalb nannte Tucker ihn dann Thumper .«
»Wie kommt es, dass er nicht flüchtet, wenn er dich hört?«
»Obwohl er jetzt schon fünf ist, scheint er nicht klüger geworden zu sein, höchstens frecher.«
»Wird er uns angreifen?«
»Kann sein«, neckte Alex sie. »Aus Enttäuschung, wenn
er merkt, dass wir nicht die Elchdame sind, die er zu hören glaubte.«
Wieder atmete Sarah tief durch.
»Aber andererseits«, fuhr Alex fort, bemüht, seine Erheiterung nicht durchklingen zu lassen, »könnte er auch feststellen, dass eine hübsche kleine Blondine mit großen braunen Augen noch attraktiver ist.«
Sarah neigte sich nach rechts, um mehr vom Baum zwischen sich und den Elch zu bringen. Er spürte, wie sie erleichtert aufatmete. »Er ist nicht mein Typ«, flüsterte sie und ließ das Tier keinen Moment aus den Augen.
»Nein? Er ist ein stattlicher Bursche im besten Mannesalter und gilt in diesem Revier unter den Elchdamen als gute Partie. Sieh ihn dir an«, sagte Alex und neigte sie beide wieder nach links. »Wenn er wieder grunzt, dann heißt das, dass er dich liebt.« Alex beugte sich nur so weit über Sarahs Schulter, dass sie ihn lächeln sehen konnte. »Wirst du ihm Glauben schenken?«
»So sehr, wie ich all den anderen Männern glaube«, flüsterte sie angespannt und sah ihn kurz an, ehe sie wieder zum Elch hinüberschaute. »Er ist auch nicht anders. Er will sich nur amüsieren, bis er sich dann sein nächstes Opfer sucht.«
Das Gift in Sarahs Ton traf Alex in seinem Innersten.
»Lauf los und such dir dein Mädchen, Thump!«, rief sie laut und schwenkte einen Arm. »Los jetzt!«
Der Elch hob mit erschrockenem Schnauben den Kopf, wich ein paar Schritte zurück, dann wendete er auf den Hinterläufen und trabte zum Bach, dass der Schnee hinter ihm aufstob.
Alex drehte Sarah zu sich. »Wer aus deiner berüchtigten Schar von Anbetern hat dir das Herz gebrochen?«, fragte er. Er drückte sie sanft, als sie nur stumm zu ihm aufblickte. »Was hat er dir angetan? Hat er gesagt, dass er dich liebt, ist er mit dir ins Bett gegangen, hat er von Heirat geredet? Nein«, sagte Alex, ehe sie etwas erwidern konnte. »Ins Bett hat er dich nicht gekriegt. Wie ging es also weiter? Was hat dich in letzter Minute abgehalten?«
Sarah seufzte tief. »Ich hatte schon die Koffer gepackt«, sagte sie leise. Die schmerzliche Erinnerung ließ sie erbleichen, als sie zu ihm aufschaute. »Ich war mit Roland nur zwei Jahre verheiratet, und James wohnte eine Woche in unserer Pension, als er mich mit seinem Angebot, mich nach Boston mitzunehmen, einfach überrumpelt hat.«
»Aber?«
»Aber ich hörte ihn am Tag unserer geplanten Abreise am Telefon im Wohnzimmer. Die letzte Fähre fuhr um sechs, deshalb hatte er mit dem Ehemann einer Freundin verabredet, er solle uns um Mitternacht aufs Festland bringen.«
»Aber?«, wiederholte Alex und zwang sich, seinen Griff zu lockern.
»Aber James sprach mit einem Freund in Boston und prahlte damit, dass er seinem Kumpel eine heiße kleine Überraschung aus Maine mitbringen würde.« Sarah blickte zu ihm auf. »James riet ihm, das Bettzeug zu wechseln und seinen Terminkalender für die nächsten zwei Wochen freizuhalten, denn Ablenkung würde er bestimmt keine brauchen. Und er solle sich nie wieder beklagen, dass James ihm nie Souvenirs mitbringe.«
Alex wich überrascht zurück, ohne Sarah loszulassen.
»Dieser Mistkerl wollte dich seinem Freund mitbringen? Während er dich in dem Glauben ließ, du würdest mit ihm durchbrennen?«
Ihr Blick sagte alles. Alex zog sie an sich und schlang seine Arme so fest um sie, dass ihr Kopf an seine Brust gedrückt wurde. Du lieber Himmel, kein Wunder, dass sie Männern misstraute. Sie musste damals – wie alt? – vielleicht neunzehn gewesen sein. »Und seither hast du alle Männer im gleichen Licht gesehen?«
»So wie du der Meinung bist, dass alle Frauen wie Charlotte sind«, antwortete sie an seiner Brust. Ihr Körper war starr wie ein Stein. Sie
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