Mein verruchter Marquess
Bedenken gehabt, so wäre sie nicht einverstanden gewesen, jetzt mit ihm auszufahren.
Dennoch spürten sie beide die Anspannung, als sie sich zum ersten Mal als Paar in der Gesellschaft zeigten. Max konnte nur ahnen, wie die Gerüchteküche alsbald zu brodeln beginnen würde. Er hatte Erfahrung mit Skandalen, aber er hoffte, dass auch sie dem Druck standhalten würde, wobei die drückende Sommerhitze nicht gerade hilfreich war.
Er spürte, wie ein Tropfen Schweiß über seinen Hals in sein Krawattentuch lief. „Für diese Jahreszeit scheint mir der Park belebter zu sein als gewöhnlich", begann er und hoffte, damit die unbehagliche Stille zu vertreiben, die sich wieder zwischen ihnen ausgebreitet hatte, seit sie wussten, dass sie beobachtet wurden. Er sah sie an.
„Ja. Die Gesellschaft ist in diesem Jahr etwas durcheinander durch das Ende des Krieges." Sie grüßte anmutig nickend einen anderen Bekannten, während sie weiterfuhren. Der Freund starrte sie an, verblüfft, die beiden zusammen zu sehen. „Sie hatten Glück, nicht im Juli hier zu sein, als die Listen mit den Gefallenen von Waterloo in den Zeitungen erschienen." Plötzlich blickte sie ihn an. „Nebenbei bemerkt, ein Freund erzählte mir, Sie wären dort gewesen und Augenzeuge der Schlacht geworden."
„Welche Art von Freund?", fragte er und runzelte die Stirn, als er sich an die Offiziere erinnerte, die in Waterloo auf der Suche nach Ruhm waren und in ihm nur den Grand Tourist sahen, ohne zu begreifen, dass er nur dort war, um Wellington vor einem Attentäter zu retten. Dass sie vielleicht Schlechtes über ihn gehört haben könnte, verursachte ihm Unbehagen, und flüchtig empfand er den Wunsch, ihr von seinen Heldentaten erzählen zu können.
Aber das würde sie natürlich nie erfahren.
Sinnlose Eitelkeit.
„Zweifellos einer dieser unerträglichen Offiziere", murmelte er. „Ich wette, dass Sie von allen umschwärmt werden."
„Aber, Lord Rotherstone, sind Sie etwa eifersüchtig?", fragte sie mit einem koketten Seitenblick.
„Gelegentlich, wenn es erforderlich ist."
„Nun, Sie müssen sich keine Sorgen machen." Sie lächelte ihn an. „Es hat mir kein Offizier erzählt, sondern eine junge Dame. Eine meiner besten Freundinnen, um ehrlich zu sein. Und wenn ich beschließen sollte, Sie zu heiraten, dann müssen Sie nett sein zu ihr."
„Muss ich?"
„Ich mag sie sehr. Miss Carissa Portland."
„Ich soll also nett sein zu einem Mädchen, das über mich klatscht. Das ist ja fein. Woher wusste Ihre Miss Portland, dass ich dort war? War sie auf dem Ball der Duchess of Richmond in Brüssel?"
„Nein, Carissa war hier, und sie wusste es, mein lieber Lord Rotherstone, weil sie, unter uns gesagt, eine Spionin ist."
„Eine was?" Er sah sie ehrlich verblüfft an, aber sie lachte ihn nur aus.
„Carissa kennt jeden Klatsch. Ich weiß nicht, woher. Ich fürchte, sie hat ungehörige Wege, so etwas zu erfahren, aber ich habe nie gefragt. Oft sind ihre Informationen sehr praktisch, wie zum Beispiel jene über Sie."
„Aha." Er war recht überrascht, aber dennoch belustigt von ihrer ungewöhnlichen Erklärung. Lächelnd blickte er wieder zur Straße. „Nun, Sie müssen mich Ihrer Spionin unbedingt vorstellen. Vielleicht kann ich etwas von ihr lernen."
„Das glaube ich nicht", erwiderte Daphne. „Sie hat Angst vor Ihnen. Und Sie haben meine Frage nicht beantwortet.
Hatte sie recht? Waren Sie wirklich Zeuge der Schlacht bei Waterloo?"
Ein wenig unbehaglich rutschte er auf seinem Platz hin und her. „So ähnlich, ja."
„Wie war es?"
„Ein Anblick, den ich nicht so bald vergessen werde." Er schlug dem Pferd ganz leicht über die Kruppe und ließ es im Trab gehen.
„Sie müssen keine Rücksicht auf meine empfindlichen weiblichen Gefühle nehmen", sagte sie. „Ich bin auch Engländerin. Ich habe ein Recht darauf, das zu wissen."
Er zuckte die Achseln. „Stellen Sie sich Ihren schlimmsten Albtraum vor und multiplizieren Sie ihn mit zehntausend. Das war Waterloo."
Sie starrte ihn an und versuchte zu begreifen. „Es heißt, das war Englands größter Sieg, aber - fünfzigtausend Tote auf beiden Seiten nach nur ein paar Tagen, wer kann sich das vorstellen?"
Max sagte nichts.
Auch Daphne schwieg einen Moment und hing ihren Gedanken nach. „Es tut mir leid. Ich wollte nicht, dass unsere Ausfahrt so traurig wird. Wichtig ist, dass die Menschen zusammengerückt sind, um einander in diesen bedeutsamen Zeiten zu helfen."
„So sollte es
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