Mein verruchter Marquess
sicher, ihre Ängste zerstreut zu haben.
Jedenfalls wollte er das glauben, als er ein paar Tage später in seiner ebenholzschwarzen Kutsche mit den vier schwarzen Pferden nach Richmond-upon-Thames fuhr, zum letzten Ball dieses Sommers. In der Kutsche herrschte eine heitere Stimmung, da Rohan, Jordan und er die Whiskyflasche kreisen ließen und großzügig davon tranken.
Seine Freunde plauderten darüber, welcher Frau sie in dieser Nacht nachstellen wollten, aber Max ertappte sich schon wieder dabei, dass er an Daphne dachte. Was hatte dieses Mädchen ihm angetan? Er blickte aus dem Kutschenfenster auf einen herrlichen Sonnenuntergang, der das weite Land in sanftes Licht tauchte.
Im Westen stiegen dichte Wolken auf, deren Unterseite orange und rosa schimmerte, beleuchtet von der untergehenden Septembersonne. An den Seiten waren die Wolken lavendelfarben, dazwischen war das helle Blau des Tages noch hier und da sichtbar. Im Osten stieg der Vollmond auf, umgeben von einem mattgoldenen Schein, und dann wurde es Nacht, erst königsblau, dann indigo, und Sterne begannen zu funkeln.
Die Bäume verstellten ihm wieder die Aussicht, als Jordan ihm die Flasche reichte. Mit einem schiefen Lächeln nahm Max sie aus der Hand des Freundes, dachte wieder an Daphne und trank einen großen Schluck.
Doch der Alkohol vermochte das nagende Gefühl nicht zu vertreiben, dass er die Dinge im Salon bei ihr nicht unter Kontrolle gebracht, sondern alles nur noch schlimmer gemacht hatte. Zweifel waren nicht das Einzige, was ihn an diesem Abend plagte. Außer einem hohen Grad an körperlicher Frustration war er tief in seinem Innern noch immer verletzt von ihrem Versuch, ihn loszuwerden.
Er fand keine Erklärung für ihren fortwährenden Widerstand.
Welchen Mangel hatte sie an ihm entdeckt? Verdammt, am Anfang war es ihm beinahe egal gewesen, wen er heiratete, und jetzt hielt sie ihn fest gepackt.
Warum er sich so sehr um sie bemühte oder wann er sich dazu entschlossen hatte, dass es unbedingt sie sein musste, vermochte er nicht zu sagen. Doch sein Begehren war der Grund dafür, dass er noch immer entsetzt war von ihrer Gegenwehr.
Er war daran gewöhnt zu bekommen, was er wollte, und konnte in aller Bescheidenheit sagen, dass Frauen ihm gewöhnlich nicht den Rücken kehrten. In den seltenen Fällen, da es doch geschah, lachte er einfach darüber. Es war ihm egal.
Aber diesmal war es anders. Vollkommen anders. Diese Frau verletzte ihn, weil sie an tief vergrabene Gefühle rührte, die ihn fürchten ließen, er wäre es vielleicht nicht wert, geliebt zu werden.
Max wusste nur, dass es eine Sache war, in einer seiner Rollen zurückgewiesen zu werden, das nahm er nicht persönlich. Aber wenn er versuchte, ihr sein wahres Selbst zu zeigen und dann zurückgewiesen wurde, traf ihn das tief. Was, zum Teufel, musste er tun, damit sie ihn akzeptierte?
Wann würde er ihr je genügen?
Er war schon reich wie ein König und hatte einen höheren Rang inne als die meisten anderen Menschen. Wenn das noch immer nicht ausreichte, ihn der Liebe wert zu befinden, dann konnte er genauso gut gleich aufgeben.
Verdammt. Er fühlte seine eigene Unsicherheit und schalt sich im Stillen einen Jammerlappen. Wie der zornige Junge, der Zielscheibe der örtlichen Grobiane gewesen war, der einsame Sohn, der seinen Eltern nicht genug bedeutet hatte, um ihn nicht an eine geheime Regierungsorganisation für Gold zu verkaufen, obwohl sie wussten, dass er sein Leben dabei verlieren konnte.
Die Flasche kam wieder zu ihm, und Max versuchte, seinen Abscheu mit einem großen Schluck zu ertränken.
Wenn das Mädchen ihn schon so verletzen konnte, ehe er überhaupt nur das Bett mit ihr geteilt hatte, wie würde sie ihn dann während all der kommenden Jahre als Mann und Frau quälen können?
Wäre er nur halb so gerissen, wie die Kameraden des Ordens es glaubten, dann würde er sie vergessen und eine andere wählen. Irgendein hübsches Dummchen, das er von sich fernhalten konnte. Eine, die sein Geld ausgeben und nicht fragen würde, wie er sein Leben führte.
Aber trotz Miss Starlings anstrengendem Eigensinn konnte Max nicht von ihr lassen. Du gibst nie auf, und du weichst nie zurück, hatte Virgil einmal gesagt. Das waren einige der Eigenschaften, die der Orden an ihm schätzte, aber manchmal konnte sein Eigensinn auch ein Fluch sein.
Das Leben wäre so viel einfacher, wenn er Daphne sagen könnte, wer und was er war. Stattdessen konnte er nichts tun als warten, dass
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