Mein Wahlkampf (German Edition)
anderes, bedeutet etwas anderes, als in Leipzig zu sprechen. Wie komme ich auf Leipzig? Ich hätte ebenso gut Hamburg sagen können, München oder Neubrandenburg, ich hätte Wuppertal sagen können, Essen, Emden, Edertal oder Untergruppenbach bei Obergruppenbach, ich hätte Weimar sagen können, Großburgwedel, Klein- und Mittelburgwedel, Burgarschwedel oder Burg in Brandenburg, Heilbronn, Aachen, Zwickau oder Bonn – all diese Orte haben eines gemein: Sie sind nicht Berlin.
Und wenn ich Berlin sage, dann meine ich nicht Erfurt, nicht Frankfurt, Schweinfurt oder Haßfurt oder Staßfurt, nicht Ochsenfurt, Querfurt oder Furt…wangen im Schwarzwald – sondern, und dazu stehe ich: Deutschland! Beziehungsweise: Berlin!
Berlin, meine sehr verehrten Erst- und Letztwähler, Berlin ist und bleibt Berlin, ohne Wenn und Aber! Mein Berlin bei Polen ist ein Berlin, das in hohem, ja in allerhöchstem Maße mit sich selbst identisch ist, Berlin ist Berlin, und zwar ein West-Berlin und ein Ost-Berlin, denn zwei Berlins sind mehr als ein Berlin, sind doppelt so erfolgreich, doppelt so beliebt wie nur ein Berlin, aber nicht doppelt so teuer. Darauf mein Ehrenwort als Nicht-Berliner!
And if I now speak a little bit in English, then only to show off and to quote one of the most famous speeches in German history. Because nearly all the free men, wherever they may live, are not citizens of Berlin. They live in nicer places. And therefore, as a free man, I take pride in the words:
Isch bin kein Berliner!
Aber lassen wir ab von derlei komplizierten, fast schon unverständlichen Dingen. Ich möchte als Ehrenvorsitzender der PARTEI und in diesem Augenblick auch als der Führer ihres Schicksals zunächst einmal all den unzähligen PARTEI-Genossen danken! Danken für alles, was sie hier in den letzten Stunden, Tagen und Wochen erlitten, geduldet, getan und geleistet haben, all die Männer und Frauen in sinnlosen Ämtern und unbezahlten Funktionen. Ich möchte sie alle bitten, auch in Zukunft nicht zu erlahmen, sondern der PARTEI-Führung und der Bewegung zu vertrauen und mit äußerstem Fanatismus den schweren Kampf um die Zukunft unseres Landes durchzufechten. Im Übrigen will ich euch, liebe Parteikollegen, so wie in den letzten Monaten und Wochen des Ringens auch heute aufs Neue versichern, dass mein Glaube an die Zukunft, an eine Zukunft voller Aussichten und an eine Aussicht voller Zukunft absolut unerschütterlich ist.
Wem die Vorsehung so schwere Prüfungen auferlegt wie uns, der braucht ein geeignetes politisches Umfeld, um den Zukunftstraum verwirklichen zu können. Das wäre mit einer der althergebrachten Parteien, in denen Korruption, Intrige und Verrat regieren, Suffragetten, Abstinenzler und Saboteure das Sagen haben, niemals möglich gewesen. Daher gründeten wir eine neue, eine nie dagewesene Partei. Eine junge, noch ziellose Partei, die alles hat, was eine Partei braucht: jede Menge ahnungsloses Personal, eine große Schar williger Mitläufer und ein vages politisches Programm. Und schließlich einen unbezahlten, aber hochangesehenen Ehrenvorsitzenden, der als peinliche Altlast mitgeschleift wird – mich.
Die PARTEI ist wahrlich eine Partei, die Chancen bietet, die Möglichkeiten bietet. Eine Partei, in der jeder alles werden kann. Ich selbst bin dafür der beste Beweis: Ich wollte gar nicht Ehrenvorsitzender der PARTEI werden, liebe Zuhörer, und dennoch bin ich Ehrenvorsitzender geworden.
Hurra!
Und so kann es jedem gehen. Man muss nur ein Ziel klar vor Augen haben, man muss dieses Ziel anvisieren, ja, man muss geradezu auf dieses Ziel zielen, liebe Kameraden und Mitbürger, dann muss man sich der Aufgabe stellen und versuchen, sie zu meistern, und dann muss man die eigentliche Arbeit an die zuständigen Fachausschüsse delegieren, damit die auch irgendwas zu tun haben. Denn so einfach es sein mag, aus dem Nichts einen riesigen Parteiapparat zu schaffen, so schwer ist es auch, diesen Parteiapparat sinnvoll zu beschäftigen.
Niemand braucht über Sinn und Zweck der Parteiarbeit nachzudenken, denn alle Beschlüsse, alle Entscheidungen werden ja schon von der Parteiführung getroffen, so ist das, meine sehr verehrten Herrschaften und Frauen und Damen, denn die PARTEI – und das sage ich voller Stolz und voller Bewunderung –, diese Partei ist eine Partei allerneuesten Typs, eine revolutionäre Partei, die ganz dem Evolutionsgedanken verpflichtet ist, eine Partei, die immer recht hat, auch wo sie irren mag, eine
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