Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis
Yukos als auch andere), darunter sämtliche Gesellschafter mit Ausnahme Golubowitschs, der als einziger unbehelligt in Russland leben und seinen geschäftlichen Aktivitäten nachgehen kann.
Platon Lebedew wurde nach dem Urteil im ersten Prozess in eine Strafkolonie mit strengen Haftbedingungen gebracht, in der Siedlung Charp im Kreis der Jamalen und Nenzen. Charp liegt in Westsibirien, 60 Kilometer nördlich des Polarkreises. Acht Monate im Jahr ist dort Winter, die Tiefsttemperaturen können bis auf –59 Grad absinken, im Sommer steigen die Temperaturen auf +30 Grad. Chodorkowski wurde nach Krasnokamensk verbannt. Das ist in der Region Transbaikal, Ostsibirien, nur 90 Kilometer von der chinesischen Grenze entfernt. Vom Verwaltungszentrum der Region, der Stadt Tschita, trennen Krasnokamensk fast 600 Kilometer. Die Flugzeit von Moskau nach Tschita beträgt sechs Stunden. Unweit der Stelle, wo die Strafkolonie Krasnokamensk entstand, wurden in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Uranvorkommen entdeckt. Für die Förderung und Verarbeitung, die extrem gesundheitsschädigend sind, wurden Arbeitskräfte gebraucht. Daher auch die Strafkolonie: Das Leben der Häftlinge hatte keinen Wert. Heute werden die Gefangenen nicht mehr in den Gruben eingesetzt, der Tagebau scheint stillgelegt zu sein, obwohl die Halden noch immer nicht verwahrt sind und ganz in der Nähe Wagen für den Abtransport des Urans stehen, mit dem Warnschild »Vorsicht, radioaktiv!«. Der Untertagebau geht weiter. Und die Strafkolonie ist immer noch an derselben Stelle – ungefähr eintausend Häftlinge, die hauptsächlich wegen Diebstahls einsitzen, zwischen drei und fünf Jahren.
Bis auf ein Jahr und neun Monate in der Strafkolonie (Stand Januar 2012) haben Chodorkowski und Lebedew ihre gesamte Haft, also fast sechs Jahre, im Gefängnis verbracht – zunächst in Moskau, dann in Tschita, dann wieder in Moskau, in verschiedenen Gebäudekomplexen des Gefängnisses MatrosskajaTischina, wo die Haftbedingungen viel härter sind als in der Kolonie. Chodorkowski spricht nur ungern über Einzelheiten seines Alltags.
Michail Chodorkowski: »Hier, im Untersuchungsgefängnis 99/1, sind die Lebensbedingungen ›Sahne‹, selbst im Vergleich mit Tschita, wo man extra für Platon Lebedew und mich eine eigene Wohneinheit eingerichtet hatte.
Wir sind zu dritt (normal sind vier Häftlinge in einer Zelle). Die Zelle ist 16 bis 18 Quadratmeter groß (einschließlich Sanitärbereich). Der Sanitärbereich ist durch eine Trennwand (allerdings nicht bis zur Decke und ohne Tür) mit Vorhang abgetrennt. Dort gibt es eine normale Kloschüssel, ein Waschbecken mit warmem und kaltem Wasser. Alles ist ziemlich neu und sauber. Ein (kleiner) Fernseher, ein (alter, aber anständiger) Kühlschrank, ein Ventilator. 4 Bettstellen auf 2 Etagen. Metallbetten. Wie im Zugabteil, nur aus Metall. Das Fenster ist mit einer undurchsichtigen Folie beklebt, 2 Gitter (vor und hinter der Scheibe). Das kleine Lüftungsfenster lässt sich öffnen. Einmal pro Woche duschen. Es ist alles sauber. Die Bettwäsche wird gewechselt. Sie ist auch schon etwas alt, aber sauber.
Zum Kiosk darf man einmal pro Monat. Keine ›Delikatessen‹, aber es gibt alles. Milch, Kefir, saure Sahne, Äpfel, Möhren, Orangen usw. Das ist das einzige, was in anderen Gefängnissen besser ist, weil dort mehr Insassen sind und es ›interessierte Personen‹ gibt. Außerdem gibt es noch die Päckchen von zu Hause, aber da ist fast nichts erlaubt, und das, was geht, wird erbarmungslos ›portioniert‹, also in kleine Stücke geschnitten. Das einzig Gute daran ist also, dass es von zu Hause kommt. Aber das allein ist schon sehr wichtig.
Im Gericht kein Essen, sonst wird man schläfrig. Ich esse abends. Ausgang ist zweimal in der Woche, je eine Stunde (wegen der Verhandlungen). Ich laufe wie eine Katze umher: auf dem Dach unseres Gebäudes. Aber das ist noch überdacht. Also keine Sonne. Leider. Ein Radio läuft. Die billige Popmusik und diese idiotischen ›Hörerzuschriften‹ machen mich wahnsinnig.
Beim Arbeiten stört niemand, nur mit dem Zugang zu Informationen sieht es schlecht aus.
Ein Telefon macht der Verwaltung hier viel mehr Angst als ein Putin-Porträt auf dem Toilettenpapier. Das ist empirisch bewiesen, wenn auch nicht von mir persönlich.
Jeden Tag Leibesvisitation und Durchsuchung der Zelle. Höflich, aber gründlich. Kurz, ein vorbildliches Gefängnis.
Ich werde nicht ›bedrängt‹, das wird
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