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Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
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Anteil des Nickel-, Öl- und sogar Goldhandels bis zu den so verschrienen »Pfandauktionen« 67 in ihrer Hand. Dasselbe galt für den Autohandel und vieles andere. Zudem hatten wir Filialen in Grosny und Suchumi. Und die waren einige Zeit sogar während des Krieges in Betrieb. In Grosny arbeiteten wir für die Föderalen Streitkräfte, bis die Filiale bei dem Versuch, ein leeres Bankdepot zu öffnen, durch Geschützfeuer im direkten Beschuss zerstört wurde. Die Menschen ließ man glücklicherweise gehen. Und in Abchasien überließen wir unser Gebäude der neuen Regierung, da alle anderen brauchbaren Häuser zerstört waren. Sie boten uns ein anderes Gebäude an, aber aufgrund von Beschränkungen seitens der russischen Zentralbank konnten wir unsere Arbeit nicht fortsetzen.
    Den damaligen abchasischen Präsidenten Wladislaw Ardsinba kannte ich gut, und während des Krieges 68 half ich einigen Familien, in Russland Fuß zu fassen. Was soll man auch tun? So ein Unglück. Ich bin auch selbst hingeflogen … Später ist ein Teil von ihnen zurückgekehrt. Ein Teil ist geblieben. Mit Geschäften hatte das alles gar nichts zu tun, nur mit humanitärer Hilfe, obwohl mir Immobilien und auch Mandarinenplantagen angeboten wurden. Aber was sollte ich damit? Wenn man teuer bezahlt, ist es nicht lukrativ. Wenn man es billig bekommt, wird es einem später höchstwahrscheinlich weggenommen, oder man muss in die Politik vor Ort mit einsteigen. Brauchte ich das? Nein.
    Ardsinba bediente im Großen und Ganzen selbst während des Krieges seine Bankkredite weiter. Auch für das Haus, das wir ihm zur Verfügung gestellt hatten, zahlte er. Nicht viel, aber immerhin, er hat es uns nicht einfach weggenommen. Obwohl er das natürlich gekonnt hätte. Gute Beziehungen hatten wir auch zu Ruslan Auschew 69 . Genauer gesagt, zu seinem Stellvertreter, einem Grenzer. Den Grenztruppen haben wir überhaupt viel geholfen. Das hatte sich historisch irgendwie so ergeben. Das Lyzeum Korallowo habe ich letztlich erst wegen der Probleme der 201. Brigade in Tadschikistan gegründet. 70 Als das »Gerangel« dort anfing, wurden ihre Garnisonen belagert, und keiner wusste, wohin mit den Kindern. Manche wurden unter Beschuss mit Hubschraubern zu uns ausgeflogen. Später gab es auch im Nordkaukasus viele solcher Orte.
    Als es in Tschetschenien schließlich »losging«, hat man uns das Thema aufgezwungen, oder genauer gesagt, man versuchte, das zu tun. Staatsaufträge für den Krieg haben wir nie angenommen, aber wir verschickten kostenlose Lebensmittelpakete (zum Neuen Jahr oder einfach als Geschenk) an unsere Streitkräfte. Uns gehörten damals einige Betriebe der späteren Firma Russki produkt, 71 dort ließen wir die Pakete packen.
    Ich verzichtete auf jedwede Beteiligung an Rüstungslieferungen, da ich sehr schnell begriffen hatte, was das nach sich ziehen kann. Alles, was damals in diesem Bereich geschah, war in meinen Augen offensichtlich rechtswidrig. Ich will hier niemanden beschuldigen, dafür kenne ich mich mit dem Thema nicht gut genug aus, aber schon das Wenige, was mir berichtet wurde, gefiel mir nicht. Ich bin kein Heiliger, aber für mich gibt es gewisse Grenzen. Also distanzierten wir uns. Heute sind Schmiergeld-»Beteiligungen« überall die Norm, auch bei der militärisch-technischen Zusammenarbeit. Damals schien das nicht so, zumindest wollten wir uns daran nicht beteiligen, was natürlich nicht immer auf Verständnis stieß. Trotzdem bin ich persönlich mit einer Regierungskommission während des Krieges nach Tschetschenien geflogen. Ich habe geholfen, soweit ich persönlich es konnte. Was ich »offiziell« tun konnte, habe ich getan. Tiefer eingestiegen bin ich nicht. Später kam es auch dazu, dass wir Geld für den Freikauf von Geiseln bereitstellen mussten. Eine blödsinnige Idee, aber ablehnen wäre auch irgendwie niederträchtig gewesen.
    Yukos gehörte uns damals zum Glück noch nicht – während des zweiten Feldzugs liefen ja zwei Drittel der Treibstoffversorgung der föderalen Truppen über die Betriebe unserer Gruppe in Samara. Warum »zum Glück«? Selbst während des zweiten Feldzugs wurde nur jedes zweite Mal gezahlt, wie wäre das erst während des ersten gewesen …
    Was die direkte Beteiligung an dieser scheußlichen Geschichte angeht, ist der Kelch an uns vorübergegangen …
    Eine komische Episode während des zweiten Feldzugs war die Geschichte, als eine der Regionen eine OMON -Einheit nach Tschetschenien entsandte.

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