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Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
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nur SPS und Jabloko, die zu finanzieren er, der Präsident, ihnen genehmigt hatte, sondern auch die Kommunistische Partei, die zu finanzieren er, der Präsident, ihnen nicht genehmigt hatte. Ich habe dieses Gespräch nicht weiter verfolgt, weil diese Antwort aus zwei Gründen für mich äußerst erstaunlich war. Erstens war es für mich erstaunlich, dass eine gesetzlich erlaubte Tätigkeit zur Unterstützung politischer Parteien offenbar zusätzlich der geheimen Zustimmung des Präsidenten der Russischen Föderation bedurfte. Und zweitens: Dieser Satz über die Parteienfinanzierung war die Antwort des Präsidenten der Russischen Föderation auf die Frage, warum Platon Lebedew im Gefängnis sitze.« Aus den Aussagen des ehemaligen Premierministers der Russischen Föderation, Michail Kassjanow, im Gericht Chamowniki am 24. 5. 2010. (Anm. Natalija Geworkjan).

NATALIJA GEWORKJAN
    KAPITEL 6
    Die goldene Zeit der Laienbankiers
    Aufmerksamer Blick, große Brille mit mächtiger Fassung, Schnauzbart, dunkle Haare – ein sehr ernster junger Mann, dem sein Lächeln gut steht, der aber aus irgendeinem Grund keinen Gebrauch davon macht. So habe ich Chodorkowski das erste Mal, Anfang der 1990er Jahre, erlebt. Später schien er übrigens verstanden zu haben, dass das Lächeln ein ziemlich wesentlicher Teil des Image ist, nicht unwichtig für den Gesprächspartner, und hat lächeln gelernt. Indirekt hat diese meine Vermutung auch Chodorkowskis Sohn Pawel bestätigt, der sagte, dass Michail von seinen amerikanischen Geschäftspartnern die Gewohnheit übernommen habe, allen Umständen zum Trotz zu lächeln. Er sagte, man müsse etwas »Positives projizieren«.
    Chodorkowski machte den Eindruck eines ruhigen Menschen, der die ganze Zeit intensiv über etwas nachdenkt. Es gibt ja diesen Typ Mensch, dem man Fragen wie »Wie geht’s zu Hause?« oder »Was machen die Kinder?« einfach nicht stellen kann, wenn man ihm begegnet. Man fragt nur: »Wie läuft’s?« – und meint damit buchstäblich die Geschäfte, die Arbeit. Alle, die mit Chodorkowski zusammengearbeitet haben, haben mehrfach beteuert, als hätten sie sich abgesprochen: »Man wusste gleich: Er ist der Chef, er hat den Hut auf«. Ich habe das so nicht gespürt, aber ich habe auch nicht mit ihm gearbeitet. Ein kluger Kopf – das war allerdings unstreitig.
    Alexander Smolenski, einer der ersten russischen Bankiers: »Ich erinnere mich noch an meinen ersten Eindruck von Chodorkowski: Ein Leisetreter, so ein Komsomolze eben, sympathisch, mit Brille, einer, der leise spricht. Er war in Ordnung. Er war nie aggressiv. Ich denke, dass er sich bis heute nicht verändert hat. Er war keine öffentliche Figur, ziemlich lange jedenfalls. Da war Newslin – das war der Mann für die Öffentlichkeit. Einer der besten Lobbyisten. Mischa hat man dagegen gar nicht wahrgenommen. Er ist sehr zielstrebig. Ein gescheiter Junge. Ziemlich vernünftig.«
    Smolenskis Stolichny-Bank und Chodorkowskis Menatep-Bank entstanden etwa zur selben Zeit. Menatep tat nach Meinung Smolenskis genau das Gleiche wie alle anderen Banken auch. Sie nutzte aber auch ihre Beziehungen: »Mischa war Berater von Silajew, später arbeitete er eine Zeit lang beim Stellvertretenden Ölminister. Er hatte Zugang zu Haushaltsgeldern. Du nimmst dir heute drei Rubel, lässt sie für dich arbeiten, verdienst Kohle damit und gibst die drei Rubel zurück – aber jetzt sind es schon keine drei Rubel mehr. Denk nur an die Inflation: 100, 200, 300 Prozent!«
    Leonid Newslin: »Eine Startfinanzierung von irgendwelchen reichen Onkels aus der Partei oder in der Regierung hatte die Menatep-Bank überhaupt nicht. Die Bank stieg durch die Geschäftsaktivitäten auf, die wir bereits betrieben, und durch die Kontakte im besagten Stadtbezirk Frunsenski, wo die Bank registriert war. Weiter entwickelte sich dann alles durch Beziehungsmanagement, wie sich das gehört, und dadurch, dass wir unsere Dienstleistungen anboten. Es gab Kontakte, die noch auf das NTTM -Zentrum zurückgingen, und viele wurden Kunden der Bank. Die Bank war von Anfang an auf die Arbeit mit – privatwirtschaftlichen wie staatlichen oder haushaltsfinanzierten – Geschäftskunden ausgerichtet und nicht auf das Privatkundengeschäft. Wir bauten Beziehungen zur Regierung auf. Die Arbeit in der Silajew-Regierung zum Beispiel, die ein Jahr andauerte, brachte uns bestimmte Kontakte und Vertrauen ein – wir konnten ohne Weiteres auch Minister und Ministerstellvertreter

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