Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis
Alexander Smolenski gehörte. Viele Jahre später fragte ich ihn: Warum gerade eine Bank? Warum zog es alle so sehr in diesen Bereich? Warum hatte er, der vom Baufach kam, beschlossen, ausgerechnet eine Bank zu gründen? Seine Antwort war sehr amüsant: »Aus schierer Bosheit!«
Alexander Smolenski: »Die Einzigen, gegen die wir (die Vertreter der Kooperativen) damals nichts ausrichten konnten, waren die Banken. Damals waren das noch die staatlichen Banken. Wollte man Geld abheben, kriegte man keins. Legte man ein Überweisungsformular vor, wurde es nicht bearbeitet. Bei der Promstroybank (die die Kooperativen betreute), saß in unserer Stadtbezirksfiliale Moskowrezki eine Direktorin namens Portupejewa. ›Von mir bekommen Sie gar nichts, fertig.‹ ›Dann erklären Sie mir wenigstens, warum.‹ ›Weil ich nicht will‹, oder: ›Weil ich eine Dienstanweisung habe‹, oder: ›Weil mir eine Verordnung des Rats der Volkskommissare der Sowjetunion von 1927 über die Begrenzung des Bargelds vorliegt.‹ Und dann stehst du da und weißt nicht, was du tun sollst. Du kannst weder die Leute noch das Material bezahlen. Nichts zu machen. Also, eben dieser Portupejewa zum Trotz … Sobald das Gesetz über die Kooperativen herausgekommen war, mit der Ergänzung, dass die Kooperativen das Recht hatten, Genossenschaftsbanken zu gründen, machte ich mich an die Arbeit. Die Jungs, mit denen ich früher auf dem Bau gearbeitet hatte, blieben in der Industrie – man musste schließlich für die Bank Geld verdienen.«
Dieses Gespräch fällt mir heute wieder ein, weil ich es kurios und auch nicht unwichtig finde, dass jene ersten Bankiers allesamt keine professionellen Bankiers waren und und sich auch nicht besonders gut im Bankgeschäft auskannten. Manche waren Ingenieure, wie Wladimir Winogradow von der INKOM -Bank; Wladimir Potanin von der ONEXIM -Bank hatte das Institut für Internationale Beziehungen ( MGIMO ) als Spezialist für internationale Wirtschaftsfragen abgeschlossen, Chodorkowski war Chemiker, Alexander Smolenski hatte angeblich Explorationsgeologie studiert und war dann Bauunternehmer geworden. Überhaupt war unter den mir in Russland damals bekannten Personen der wohl einzige Bankier im westlichen Sinne des Wortes Wiktor Gerastschenko, der auch bei ausländischen Banken gearbeitet hatte.
Einfallsreichtum am Rande des Machbaren
Alexander Smolenski meint, dass sich die Menatep-Leute, wenn überhaupt, nur »durch größeren Einfallsreichtum und größere Dreistigkeit« von den anderen Bankern unterschieden.
Wladimir Dubow: »Einige Modelle habe ich persönlich mir ausgedacht. Ich kann gern eins beschreiben. Ich fuhr nach Irkutsk, wohin wir eine Charge Computer verkauft hatten. Dort bot mir das staatliche Forstwirtschaftsunternehmen an, nicht bilanzierte Devisen zu kaufen. Unternehmen, die für den Export arbeiteten, hatten Anspruch auf Devisen, erhielten aber keine. Die Devisen sammelten sich auf den Konten und wurden dem Unternehmen nur gegen Rubel-Deckung ausgezahlt. Ein Unternehmen konnte also Millionen Devisen haben, die nicht in der Bilanz erschienen, aber nichts, um die Gehälter zu bezahlen, weil es keine Rubel hatte. Rubel brauchten sie aber. Doch wie sollte man ihnen nicht bilanzierte Devisen abkaufen? Also habe ich mir etwas ausgedacht: Unsere Bank gab dem Forstwirtschaftsunternehmen für zwei Wochen einen mit nicht bilanzierten Devisen besicherten Kredit. Der Betrieb zahlte den Kredit nicht zurück, und wir behielten die Sicherheitsleistung. Dann brachten wir für diese Devisen die nötige Rubel-Deckung auf und konnten sie so in Dollar umwandeln. Dann gaben wir einem anderen Unternehmen einen mit Rubeln besicherten Dollar-Kredit. Der Dollar stand bei uns 1 zu 7 bis 1 zu 10. Zu einem bestimmten Zeitpunkt beliefen sich die Kreditausfälle auf 96 Prozent bei einer gleichzeitigen Rentabilität der Bank von 1000 Prozent. Wir hatten ein Konto bei der Vneshekonombank. Die anderen hatten auch ein Konto bei der Vneshekonombank. Dieses Verrechnungskonto nutzten wir als Bankkonto. Und niemand durchschaute, was wir da taten. Wir hatten keine Lizenz für Bankgeschäfte, nichts hatten wir. Aber es gab auch keine Gesetze, gegen die wir damit verstoßen hätten. Als die Zentralbank kam, um uns zu überprüfen, sagten sie: ›Ihr seid kriminell.‹ ›Ja, mag sein, aber sagen Sie uns doch, gegen welches Gesetz wir verstoßen haben, wir wissen es nicht.‹ ›Ihr habt das Bankensystem in seinem Kern verletzt.‹ ›Und
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