Mein wildes Herz
die Legende.“
Krista dachte an den Mann im Käfig. „Es ist gut möglich, Vater, dass es weit mehr als nur eine Legende ist.“
Sie berichtete ihm von dem Schiffbruch und dass der Mann erzählte, man habe ihn gefangen genommen und in die Sklaverei verkauft. „Es war mitleiderregend. Keiner sollte behandelt werden wie dieser arme Kerl.“
Seine braunen Augen strahlten, als der Professor jetzt hinter dem Tisch hervortrat. „Und du glaubst nicht, dass er geisteskrank ist … einer, der die Sprache vielleicht irgendwie gelernt hat und jetzt nur so tut als ob?“
„Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Aber ich versprach, dass wir ihm helfen würden. Ich gab ihm mein Wort.“
„Dann sollten wir ihm auch helfen.“ Ihr Vater ging zur Tür und öffnete sie. Er wartete, bis Krista auf den Gang hinaustrat. „Wir werden uns bei Matthew entschuldigen und Coralee auf unserem Weg zum Zirkus zu Hause absetzen.“
Krista fühlte sich erleichtert. Sie hatte ihr Wort gegeben, und sie war entschlossen, es auch zu halten.
Leif war für die Spätnachmittagsvorstellung wieder zurück in seinen Käfig gebracht worden. Der fette Snively musste ihn nicht stechen, damit er die Menge voller Wut anbrüllte. Leif brauchte sich nur vorzustellen, dass die Frau, mit der er gesprochen hatte, ihr Wort brechen und nicht wiederkommen würde. Er musste nur daran denken, wie er den Rest seiner Tage zusammengekauert auf dem Boden eines eisernen Käfigs verbringen würde, und die Verzweiflung in ihm verwandelte sich in heiße Wut.
Die übliche Menschenmenge versammelte sich vor dem Käfig, und Alfinn erschien. Anscheinend spürte er, dass Leif während dieser Zeit seine Gesellschaft brauchte. Leif hob die gefesselten Fäuste und hämmerte gegen die Stäbe. Einer aus der Menge warf einen Stein nach ihm. Einige andere machten es ihm nach, und der scharfe Schmerz, den die Steine ihm verursachten, steigerte Leifs Wut.
Snively grinste. Er war hingerissen von der Vorstellung, und das stachelte Leifs Wut nur noch mehr an. Er tobte und beschimpfte die Zuschauer mit Ausdrücken, die nicht für das Ohr eines anständigen Menschen gemacht waren. Da erhaschte er einen Blick auf leuchtend blondes Haar im Hintergrund der Menge.
Sein Herz machte einen Sprung und hämmerte dann wie wild in seiner Brust. Sie war gekommen. Diese große blonde Frau, die alle anderen überragte, diese Frau mit der glatten Haut und den strahlend grünen Augen konnte man nicht verwechseln. Leif schluckte die Worte hinunter, die er der Menge noch hatte zubrüllen wollen. Einmal hatte er die Frau bereits beleidigt. Er würde es nicht wieder tun.
Schweigend beobachtete er, wie sie auf ihn zukam, gefolgt von einem noch größeren, sehr dünnen Mann. Er trug einen dieser komischen hohen Hüte, die die Männer hier zu mögen schienen. Leif zwang sich, geduldig zu warten, obwohl er doch vor Freude und voll neuer Hoffnung laut hätte schreien mögen. Da trat Snively vor den Käfig und hinderte den Mann und die Frau am Näherkommen.
Leif wusste, dass er sie vor der Gefahr warnte.
Der dünne Mann lächelte nur und sprach dann mit Snively. Doch Leif verstand nicht, was er sagte. Während der ganzen Zeit ließ die Frau Leif nicht aus den Augen, und ihr Gesichtsausdruck wurde immer finsterer. Der Dickwanst sagte etwas und ging dann fort. Schaudernd vermutete Leif, dass er wohl zu seinem Herrn lief. Man nannte ihn Leopold, und er war noch grausamer als der fette Snively.
Leif richtete nun seine ganze Aufmerksamkeit auf das Paar vor seinem Käfig.
„Mein Name ist Paxton Hart“, sagte der dünne Mann, und Leif verstand jedes Wort.
„Ich bin Leif von Draugr. Dort komme ich her.“
„Meine Tochter erzählte mir einen Teil deiner Geschichte. Ich würde gerne den Rest hören.“
Leif blickte über die Schulter zu dem Wagen, in dem sich Leopold wahrscheinlich aufhielt. Aber er sah niemanden kommen. Rasch erzählte er Paxton Hart seine Geschichte.
„Ich war ein freier Mann, jetzt bin ich ein Sklave. Ich hoffe, du kannst mir helfen.“
„In England gibt es keine Sklaven“, erklärte Paxton. „Hier kann kein Mann einen anderen besitzen.“ Er wandte sich an die Frau, von der er sagte, sie wäre seine Tochter, und sprach Worte, die Leif nicht verstand. Als er Schritte hörte, blickte Leif auf und sah, dass Leopold herbeieilte. So sehr er sich auch zu beherrschen versuchte, begann er doch innerlich zu zittern.
„Sind Sie der Besitzer des Zirkus?“, fragte der Professor.
Der Mann
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