Mein wildes Herz
gemacht hatte. Warum sie das tat, wusste sie nicht genau. Vielleicht, um sich daran zu erinnern, dass sie bald ihre Verlobung bekannt geben würde.
Sie fand ihren Vater und Leif im Studierzimmer. Die beiden Männer waren in einen Stapel Bücher vertieft. Auch sie hatten Abendkleidung angelegt. Leif trug jetzt einen schwarzen Gehrock, eine silberne Weste und graue Hosen. Krista erinnerte sich, dass sie damals selbst den Stoff dafür ausgesucht hatte. Doch sie hätte sich nie vorstellen können, wie gut Leif darin aussehen würde.
Ihr Vater erhob sich, als sie den Raum betrat, und Leif tat es ihm nach.
„Du siehst reizend aus, Liebes“, sagte der Professor.
Leifs Blick umfasste ihre Gestalt und kehrte dann zu ihrem Busen zurück, der von dem züchtigen, eleganten Ausschnitt des Kleides diskret betont wurde. Langsam erschien ein Lächeln auf seinen Lippen. „Selbst Freya wäre eifersüchtig auf Ihre Schönheit.“
Krista errötete. Bei den Wikingern war Freya die leidenschaftliche, unersättliche Göttin der Liebe.
Krista war sich nicht sicher, ob der Vergleich wirklich ein Kompliment war.
„Danke.“ Auf der Stuhllehne neben ihm entdeckte sie den kleinen Affen und musste lächeln. „Wie ich sehe, haben Sie Ihren Freund wieder mitgebracht.“
„Er hätte sich auf dem Land gelangweilt“, erklärte Leif.
„Ich bin sicher, das hätte er“, meinte Krista.
Leif verzog die Lippen, sagte aber nichts weiter. Der Affe war sein Freund. Wo er hinging, ging auch Alf hin. So einfach war das.
Sie befanden sich immer noch im Studierzimmer, als Tante Abby dazukam. Sie trug jetzt ein Kleid aus Goldbrokat mit dunkelgrünen Taftvolants am Oberteil und am Saum. „Allen einen guten Abend.“
„Guten Abend, Abigail“, sagte ihr Vater. „Mr. Draugr kennst du bereits, doch ich weiß nicht, ob Alfinn dir schon vorgestellt wurde.“
Tante Abby hob beim Anblick des winzigen Affen die hellen Brauen. „Ach du liebe Güte! Ist er nicht niedlich? Wo, um Himmels willen, haben Sie ihn her?“
Leifs Miene wirkte plötzlich härter. Krista konnte sehen, dass die Tage seiner Gefangenschaft ihm immer noch zu schaffen machten.
„Alf ist ein Freund von Mr. Draugr“, erklärte dann ihr Vater sehr diplomatisch.
Mit schiefem Kopf schenkte der Affe Tante Abby einen seiner langen, liebenswerten Blicke. Sie lächelte. „Ist er nicht ein Schatz?“
Sie beugte sich vor und strich ihm über das Fellköpfchen. Alf schmiegte sich in ihre behandschuhte Hand.
„Schatz oder nicht“, sagte der Professor, „es wird Zeit zum Abendessen. Jamie wird sich um Alf kümmern.“
„Jamie?“, fragte Krista erstaunt.
„Alf hat auf Heartland einen Freund gefunden“, sagte Leif.
„Der Suthers Junge“, erklärte der Professor. „Arbeitete im Stall, erinnerst du dich? Er ist Waise und hing immer mehr an dem Affen. Ich dachte, er könnte hier nützlich sein und auch ein Auge auf Alf haben.“
Der Affe sprang von der Lehne auf den Tisch und hüpfte zu Krista hinüber. Er streckte die winzige Pfote aus, und Krista reichte ihm ihre Hand. Er hatte sehr große dunkle Augen, und sie schienen in Krista hineinblicken zu können.
„Ich glaube, Alf macht sich leicht Freunde“, warf sie ein.
„Er mag Sie“, sagte Leif. „Sie haben ihn damals gerettet. Daran erinnert er sich.“
Krista sah zu dem großen Wikinger hoch, und sein Blick schien zu sagen: Du hast auch mich gerettet, und auch ich er innere mich.
Mit viel zu schnell klopfendem Herzen wandte sie sich ab und lächelte ihrem Vater zu. „Ich bin am Verhungern. Was ist mit Ihnen?“
„Ver-hungern?“, fragte Leif. „Was ist das für ein Wort?“
„Es meint hungrig sein“, sagte der Professor.
„Ver-hungern“, wiederholte Leif einige Mal, während Alf auf seinen Arm kletterte und beide zur Tür gingen, um sich zu den Stallungen zu begeben. Mit jedem Mal wurde seine Aussprache besser.
Er ist ein erstaunlicher Mann, dachte Krista. Und schön wie die Sünde. Sie sah auf ihr dunkelblaues Kleid und dachte fest an Matthew Carlton.
Zur Feier der Rückkehr des Hausherrn und seines Gastes hatte die Köchin ein besonderes Essen vorbereitet. Es gab gebratene Rippchen, gebackenen Heilbutt in Austernsoße und Wildpastete. Leif verdrückte eine gehörige Portion und aß sogar ein wenig Kartoffeln und Karotten. Krista war überzeugt, dass sie ihm nicht sehr schmeckten.
Besonders der Fisch schien ihm jedoch zu munden, und Krista fragte Leif, ob bei ihm zu Hause das Meer für einen großen Teil
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