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Mein Wille geschehe

Mein Wille geschehe

Titel: Mein Wille geschehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Sloan
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dann verkündete er mit einem Ham-
    merschlag: »Die Verhandlung ist vertagt.«
    »War das klug von der Anklage, diese Schre-
    ckensbilder so früh zu verpulvern?«, fragte Joan
    Wills, als sie mit Dana im Imbissraum der Kanzlei saß und Joghurt aß. »Es könnte ein langer Prozess werden. Laufen sie nicht Gefahr, dass der
    Effekt bis zum Ende verpufft ist?«
    Dana zuckte die Achseln. »Ich denke, Brian wollte gleich zu Anfang den stärksten Eindruck hinterlassen. Wenn man es richtig anfängt, kann man
    damit manchmal über seine schwache Position
    hinwegtäuschen.«
    »Aber vier Tage lang? Ich sage es wirklich un-
    gern, weil mir die Opfer und ihre Angehörigen
    entsetzlich Leid tun, aber nach dem zweiten Tag
    wurden diese vielen Leichen und Leichenteile ir-
    gendwie abstrakt für mich, als seien es Puppen-
    teile.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Dana. »Ich glaube, die
    Bilder von diesen Babys werde ich nie wieder
    vergessen können. Für mich waren sie sehr real.«
    »Ja, stimmt, dieser Teil war besonders schlimm«,
    gabjoan zu. »Vielleicht reagiere ich einfach wie
    eine Verteidigerin, und Brian hatte Recht. Er sät und erntet den Schuldspruch.«
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    »Wir hatten niemals die Absicht, den Tod all die-
    ser Menschen zu leugnen«, machte Dana ihrer
    Kollegin klar. »Und wir wollten niemals behaup-
    ten, dass sie nicht an den Folgen einer Bomben-
    explosion starben. Daran gibt es nichts zu rüt-
    teln.«
    »Aber wo stehen wir jetzt?«
    »Unsere Position hat sich nicht verändert. Was
    geschehen ist, ist entsetzlich, es hätte nie ge-
    schehen dürfen, es gibt keine Rechtfertigung da-
    für, und die Person, die diese Bombe gelegt und
    all diese Menschen getötet hat, verdient ihrerseits den Tod. Nur ist diese Person nicht unser Mandant. Und darauf steuern wir zu, auch wenn Brian
    hofft, dass es nach all diesen Bildern jedem egal ist, ob Corey der Täter ist oder nicht.«
    Jonathan Heal rauschte mitsamt seinem Gefolge
    in das Alexis Hotel in Seattle, und man geleitete ihn unverzüglich zu einer prächtigen Suite in einem der beiden Stockwerke, die er reserviert
    hatte. Von hier aus beabsichtigte der Prediger
    eine Woche lang seine täglich landesweit ausge-
    strahlten Gebetsstunden abzuhalten, zeitgleich
    mit dem Beginn des Hill-House-Prozesses. Der
    Fernsehprediger trat zum ersten Mal in Seattle
    auf, und er hatte aus diesem Anlass den größten
    Teil des Convention Center gebucht. Sämtliche
    Veranstaltungen, auch eine Gala am Sonntag, für
    die man pro Kopf tausend Dollar bezahlen muss-
    te, waren in den ersten zwölf Stunden nach Be-
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    kanntgabe ausverkauft. Einige wenige Leute er-
    hielten Einladungen, und Reverend Heal erklärte
    eiligst, dass es sich hierbei um Menschen handel-
    te, die ihn während all der Jahre besonders un-
    terstützt hatten. Er kündigte an, dass sie am
    Samstagabend Plätze am vordersten Tisch erhal-
    ten würden und man ihnen für ihre Treue danken
    wolle. Zu diesen wenigen Auserwählten gehörte
    zu ihrem maßlosen Erstaunen auch Rose Grego-
    ry. »Ach du liebe Güte, bin ich aufgeregt«, ge-
    stand Rose ihrer Enkelin. »Von diesem guten
    Menschen ausersehen zu sein.«
    »Großmutter, du verdienst es mehr als jeder, den
    ich kenne«, antwortete die Dreiundzwanzigjähri-
    ge.
    »Aber an diesem fisch ganz vorne zu sitzen, mit
    all diesen wichtigen Leuten und dem Reverend
    selbst? Das hab ich gewiss nicht verdient.«
    »Warum denn nicht? Du hast ihn unterstützt, seit
    ich denken kann. Es ist nur gut und richtig, wenn du dafür belohnt wirst.« Die junge Frau hegte
    keinen Zweifel daran, dass ihre Großmutter Jona-
    than Heal im Laufe der Jahre eine Summe gestif-
    tet hatte, die in die Tausende ging. »Nun ja, ich muss schon sagen, es wird gewiss ein erfreulicherer Anblick sein als dieser schreckliche Pro-
    zess«, meinte Rose. Zum eisten Mal seit Tagen
    trat wieder ein Lächeln auf ihr Gesicht, und sie
    richtete sich ein wenig auf. »Ich werde wohl mein violettes Spitzenkleid anziehen.«
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    Allison Ackerman wünschte sich nur noch eines:
    so schnell wie möglich nach Hause zu kommen
    und ein heißes Bad zu nehmen. Ihre Knie waren
    weich, ihr Hirn fühlte sich an wie Haferstroh, und sie sehnte sich nach der Ruhe und dem Frieden
    ihrer Farm. Doch im letzten Augenblick entsann
    sie sich des Zustands ihrer Speisekammer und
    zwang sich dazu, noch beim Supermarkt anzuhal-
    ten. Sie bemerkte den Kombi nicht, der neben ihr
    auf dem Parkplatz hielt, und beachtete ihn auch
    nicht, als sie

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