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Mein Wille geschehe

Mein Wille geschehe

Titel: Mein Wille geschehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Sloan
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nichts.«
    »Nichts, was Ihnen ungewöhnlich vorkam, nichts
    Verdächtiges?«
    »Rein gar nichts. Ich sag’s Ihnen ja, der Keller
    war immer leer.«
    »Sie können also mit hundertprozentiger Sicher-
    heit sagen«, hakte Brian nach, »dass um neun
    Uhr am Abend vor dem Anschlag der Keller des
    Gebäudes leer war. Dort befand sich nichts, das
    aussah wie eine Bombe oder vielleicht eine Bom-
    be enthalten konnte, wie ein Matchbeutel oder
    ein großer Sack oder etwas Ähnliches?«
    370

    Jesse schüttelte den Kopf. »Ich sag’s Ihnen doch, ich hätte es gesehen, wenn da was gewesen wä-
    re«, erklärte er. »Da war nichts. Kein Sack, keine Bombe, keine Ratten.«
    Der letzte Zeuge dieser Woche war der zweiund-
    siebzigjährige Milton Auerbach, ein unauffälliger kleiner Mann mit schütterem grauem Haar, einer
    randlosen Brille und vielen Goldzähnen. Als er in den Zeugenstand trat und den Eid ablegte,
    huschte sein Blick vom Richter zu den Geschwo-
    renen zu den Anwälten, und als er sich auf dem
    Rand des Stuhls niederließ, ähnelte er einem Vo-
    gel in einem Käfig, fand Allison. »Geben Sie bitte Ihren Namen und Ihre Adresse an«, wies ihn der
    Protokollführer an.
    »Milton Auerbach«, sagte der alte Mann mit brü-
    chiger Stimme. »Ich wohne in der Summit Ave-
    nue 2212 in Seattle, in Apartment 3B.«
    Brian begrüßte ihn mit einem herzlichen Lächeln.
    »Guten Tag, Mr Auerbach«, sagte er. »Guten
    Tag.«
    »Ich danke Ihnen, dass Sie heute herkommen
    konnten.«
    »Bitte, gerne.«
    »Können Sie uns sagen, Sir, wie lange Sie schon
    an der Summit Avenue wohnen?«
    »Zweiundvierzig Jahre sind es jetzt«, antwortete
    Auerbach. »Aber ich denke, jetzt sollte ich mal
    umziehen.«
    371

    »Zweiundvierzig Jahre?«, wiederholte Brian. »Das
    ist eine lange Zeit. Da kennen Sie sich in der Gegend sicher gut aus.«
    »Ich denke wohl, ja.«
    »Sind Sie häufig zu Fuß unterwegs? Tagsüber,
    meine ich?«
    »Gewiss doch. Warum soll man den Wagen neh-
    men, wenn man zwei gute Beine hat?«
    »Ich vermute, Sie haben eine Menge Verände-
    rungen miterlebt im Laufe der Jahre.«
    Auerbach schnaubte. »War früher ’ne hübsche
    ruhige Gegend. Man kannte sich. Die Kinder
    konnten draußen spielen. Keiner hat je seine Tür
    abgeschlossen. Jetzt kennt man keinen mehr. In
    meinem Gebäude ist allein im letzten Jahr drei-
    mal eingebrochen worden. Man fürchtet jedes Mal
    um sein Leben, wenn man auf die Straße geht,
    auch am helllichten Tag.«
    »Und nachts?«
    »Nachts? Nachts ist es anders. Nach elf ist es
    ziemlich ruhig in der Gegend. Wegen der Kran-
    kenhäuser, wissen Sie. Wenn die Spätschicht an-
    fängt, schließen die Läden. Sogar McDonald’s.
    Obwohl die Krankenhäuser die bezahlen sollten,
    damit sie geöffnet bleiben. Bei dem Essen, das es da gibt, sorgen die nämlich für die nächsten
    Herzinfarkte.« Ein unterdrücktes Kichern war von
    den Zuschauern zu vernehmen, und Auerbach
    blickte auf, sichtlich erstaunt, dass jemand seine Worte komisch fand.
    372

    »Sir«, sagte Brian, der selbst mit dem Lachen
    kämpfen musste, »wo waren Sie an dem Abend
    vor dem Anschlag auf Hill House?«
    »Wo ich jeden Abend war, bei meiner Frau, mei-
    ner Emma.«
    »Und wo genau war das?«
    »Im Krankenhaus.«
    »In welchem Krankenhaus, Sir?«
    »Harborview Medical Genter.«
    »Sie sagten, Sie seien jeden Abend bei Ihrer Frau gewesen«, sagte Brian behutsam. »Können Sie
    uns sagen, weshalb?«
    »Sie hatte am Sonntag nach Thanksgiving einen
    Herzanfall, mitten beim Frühstück. Ich weiß noch, dass wir Waffeln aßen. Emma machte nicht oft
    Waffeln, weil der Arzt meinte, sie seien ungesund für uns. Sie war drei Monate im Krankenhaus.«
    »Und Sie verbrachten regelmäßig einen Großteil
    des Tages und Abends mit ihr?«
    »Natürlich. Wo sollte ich denn sonst sein? Meine
    Emma war nie alleine gewesen. Ich war morgens
    da, wenn sie aufwachte, und blieb, bis sie abends einschlief.«
    »Und am betreffenden Abend, wann verließen Sie
    da das Krankenhaus? «
    »Als sie eingeschlafen war. Kurz nach Mitter-
    nacht.«
    »Blieben Sie immer so lange?«
    Auerbach schüttelte den Kopf. »Nein. Normaler-
    weise schlief sie gegen zehn ein, und ich brach
    373

    dann auf.«
    »Aber an diesem Abend war es nicht so?«
    »Nein. An diesem Abend ging ich erst nach Mit-
    ternacht.«
    »Das ist über sieben Monate her. Weshalb sind
    Sie so sicher?«
    »Weil das unser fünfzigster Hochzeitstag war«,
    sagte der kleine Mann mit belegter Stimme. »Ich
    hatte

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