Mein Wille geschehe
Dasein rechtfertigen.
Glaub mir, es wird noch Ärger geben, bevor der
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Prozess zu Ende ist.« Als wolle sie ihre Worte unterstreichen, stellte sich ihnen plötzlich eine dicke Frau mit wasserstoffblonden Haaren in den Weg.
»Wie können Sie so was nur tun? Wie können Sie
nur diesen Abschaum verteidigen, der diese ar-
men hilflosen Babys umgebracht hat?«, kreischte
sie laut. »Wollen Sie, dass dieser Schlächter weiter frei herumläuft und noch mehr unschuldige
Kinder tötet?«
Dana sah aus dem Augenwinkel, wie sich die Ka-
meras auf die Szene schwenkten. Sie öffnete den
Mund, um so gelassen wie möglich zu antworten,
doch bevor sie dazu kam, tratjoan vor sie.
»Madam«, sagte die Anwältin mit zuckersüßer
Stimme zu der Frau, »ich hoffe aufrichtig, dass
weder Sie noch Ihre Lieben jemals die Angst und
den Schmerz erleben müssen, die jemand durch-
lebt, der eines Verbrechens angeklagt wird, das
er nicht begangen hat. Und Sie machen sich ge-
rade zweier Straftaten schuldig – Beleidigung und versuchte Körperverletzung.«
»Hä?«, sagte die Frau.
»Und wenn diese Polizisten dort drüben beschlie-
ßen sollten, Sie festzunehmen, dann kann ich für
Sie nur hoffen, dass Ihr Anwalt so entschieden
für Ihre Rechte eintritt wie Mrs McAuliffe für die Rechte von Leutnant Latham.« Und damit wandte
sie der verdatterten Frau und den Kameras den
Rücken zu und schob ihre Kollegin ins Gerichts-
gebäude.
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»Meine Güte«, keuchte Dana. »Ich kann nicht
glauben, dass du das getan hast. Beleidigung?
Versuchte Körperverletzung?«
»He, warum nicht? Sie hat dich schließlich ange-
spuckt, wer weiß, was sie als Nächstes getan hät-
te.«
»Du bist unglaublich«, sagte Dana grinsend.
Jesse Montero war der erste Zeuge an diesem
Freitagmorgen. Langsam schritt er zum Zeu-
genstand und nickte dabei den Zuschauern vom
Hill House zu, die ihm aufmunternd zulächelten.
Brian trat auf den Zeugen zu. »Mr Montero, teilen Sie bitte dem Gericht mit, als was Sie im letzten Februar tätig waren.«
»Ich war der leitende Hausmeister im Hill Hou-
se«, antwortete Jesse. »Im Familienzentrum Se-
attle, meine ich.«
»Sie kannten sich gewiss gut aus in dem Gebäu-
de, nicht wahr?«
»Wie in meiner Westentasche.«
»Wann verließen Sie das Gebäude am Abend vor
dem Anschlag?«
»Um neun, wie immer«, antwortete der ehemali-
ge Hausmeister. »Um sechs schließt das Haus,
dann kommt die Putztruppe, und dann schaue ich
noch nach dem Rechten.«
»Gehen Sie immer als Letzter?«
Jesse nickte. »Ich komme als Letzter, manchmal
erst gegen zwölf Uhr mittags. Und ich gehe als
Letzter. Ich schließe ab.«
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»Um welche Uhrzeit öffnete die Klinik morgens?«
»Um acht.«
»Das Gebäude war also elf Stunden unbeaufsich-
tigt?«
»Außer wenn es einen Notfall gab oder jemand
gerade ein Kind bekam«, korrigierte Jesse.
»Dann war manchmal die ganze Nacht jemand
da.«
»Gab es in dieser Nacht einen Notfall? Oder eine
Gebärende?«
»Nein.«
»Durch wie viele Türen konnte man Hill House
betreten?«
»Durch drei. Eingangstür, Seitentür, Hintertür.«
»Und Sie schlossen jeden Abend alle drei Türen
ab?« Jesse schüttelte den Kopf. »Die Seitentür
war immer abgeschlossen«, sagte er. »Ich hab
die Vorder- und die Hintertür zugeschlossen.«
»Und der Keller?«
»Da hab ich immer nachgeschaut, aber nicht ab-
geschlossen.«
»Warum nicht?«
»Da gab’s kein Schloss zum Abschließen. In dem
Keller war nichts. Ich bin nur jeden Abend runter und hab geschaut, ob sich keine Ratten da rum-treiben. Das war’s.«
»Wie haben Sie den Keller betreten, Mr Monte-
ro?«
»Von außen«, sagte er. »Durch die Falltür.«
»Nicht von innen?«
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»Von innen gab’s keinen Zugang«, erklärte Jesse.
»Nur von außen.«
»Wo befand sich die Falltür?«
»An der Seite, nach hinten zu.«
»So dass jeder sie sehen konnte?« Jesse nickte.
»Wenn man durchs Seitentor schaute.«
»Konnte sich ein Außenstehender Zugang ver-
schaffen zu diesem Keller?«
»Klar«, antwortete der ehemalige Hausmeister
mit einem Achselzucken. »Wer wollte. Gab kein
Schloss. Konnte jeder rein.«
»Sie verließen also Hill House am Abend vor dem
Anschlag um neun Uhr, und Sie hatten den Keller
überprüft und die Vorder- und die Hintertür des
Gebäudes abgeschlossen?«
»Ja.«
»Ist Ihnen dabei irgendetwas aufgefallen, das am
Abend zuvor noch nicht dort gewesen wäre?«
»Nein. Da war
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