Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Wille geschehe

Mein Wille geschehe

Titel: Mein Wille geschehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Sloan
Vom Netzwerk:
Lässt sich jedenfalls unaufgefordert auf dem Stuhl nieder, und kaum hat er den Umhang um
    den Hals, fängt er an zu predigen, über meine
    moralische Verpflichtung gegenüber den Ungebo-
    renen. Schließlich hab ich ihm gesagt, wenn ich
    ’ne Predigt hören will, geh ich zur Kirche, und hab ihn vor die Tür gesetzt, mit halb fertig geschnit-tenen Haaren. Geschieht ihm recht.«
    »Meine Frau macht sich Sorgen«, gestand John
    Quinn. »Das heißt, ich muss auch beunruhigt
    sein. Sie glaubt, einige von diesen Leuten seien
    Irre, die uns was antun könnten.« Andere Ge-
    schworene sahen bestürzt aus, als sie das hörten.
    »Im Moment glaube ich, dass es sich nur um Ein-
    flussnahme handelt«, versicherte Bendali, »nicht
    um Drohung.«
    »Falls die das wollen, schneiden sie sich ins eige-ne Fleisch«, erkläre Karleen McKay. »Ich habe
    412

    nämlich genau das Gegenteil empfunden. Ich ha-
    be meinen ganzen Sonntag vergeudet, um einer
    Frau Häuser zu zeigen, die vielleicht aus South
    Carolina herziehen wollte, aber mir in erster Linie erzählte, dass sie wie verrückt für meine Erleuch-tung betet.«
    »Der Meinung bin ich auch«, äußerte Bill Jorgen-
    son, der Boeing-Mitarbeiter. »Es war nicht gerade angenehm, sich das Material des Gerichtsmediziners anzuschauen, aber man wusste ja, dass es
    sein muss. Aber diese Fotos – das war was ande-
    res. Das war nicht in Ordnung. Ich hätte das Wo-
    chenende gebraucht, um lockerzulassen, Baseball
    zu schauen, mich zu entspannen, und so wurde
    mir noch mehr davon aufs Auge gedrückt.«
    »Ich finde, dass jeder ein Recht auf seine Mei-
    nung haben sollte«, meldete sich Rose Gregory
    zu Wort. »Ich sehe mir jeden Abend Reverend
    Heals Gebetsstunde an, und er hat nie einen Hehl
    aus seiner Ablehnung der Abtreibung und seiner
    Unterstützung des Angeklagten in diesem Prozess
    gemacht. Aber ich muss Ihnen sagen, ich war
    persönlich sehr enttäuscht, als mir klar wurde,
    dass er mich nur zu der Gala am Samstagabend
    eingeladen hatte, weil er mich zu einem Frei-
    spruch überreden wollte. Ich finde, dass ich ein
    Recht darauf habe, mir eine eigene Meinung zu
    bilden.« Bendali lächelte. »Nicht nur ein Recht
    darauf«, erwiderte er, »es ist sogar Ihre Pflicht.«
    Er wandte sich den anderen Geschworenen zu.
    413

    »Wenn alle von Ihnen so empfinden wie die Ge-
    schworene Nummer achtundsechzig, haben wir
    vielleicht doch kein Problem.«
    »Ich dachte zunächst, nur ich hätte diese Fotos
    bekommen«, sagte Stuart Dünn. »Ich dachte,
    wenn ich Bericht erstatte, kann ich nicht mehr als Geschworener fungieren, und darüber war ich
    sehr wütend. Als ich mitbekam, dass auch andere
    Ähnliches erlebt hatten, dachte ich, dass man
    nun den Prozess abbrechen müsste, und das
    machte mich noch waltender, weil diese Leute
    damit einen Sieg errungen hätten. Ich finde, die-
    se Genugtuung sollten wir denen nicht gönnen.«
    »Für den Fall, dass wir den Prozess nicht einstellen würden«, sagte Bendali, »würde sich dann
    jemand von Ihnen unwohl fühlen, wenn er hier
    weiter als Geschworener tätig ist?« Einige schüt-
    telten den Kopf, andere zuckten nur die Achseln.
    »Meine Frau«, sagte John Quinn mit einem Seuf-
    zer. »Ich hab kein Problem damit, aber sie macht
    sich Sorgen. Wir haben zwei Kinder. Und einen
    Hund.«
    »Möchten Sie freigestellt werden, Geschworener
    Nummer hundertsechzehn?«, fragte der Richter.
    »Machen Sie das nicht, John«, sagte Karleen Mc-
    Kay zu ihm. »Stuart hat Recht. Lassen Sie denen
    nicht die Oberhand.« Die anderen murmelten zu-
    stimmend. Der Prozess hatte erst vor zwei Wo-
    chen begonnen, aber Dana merkte, dass die Ge-
    schworenen schon eine Art Gemeinschaft bilde-
    414

    ten. »Können wir uns irgendwie schützen?«, frag-
    te Quinn. »Ich meine, unser Heim, unsere Fami-
    lie?«
    »Wenn das notwendig sein sollte, lässt sich das
    machen, ja«, erklärte Bendali.
    »Okay, dann steig ich nicht aus«, sagte der Bau-
    unternehmer. »Ich bin weiter dabei.«
    Die anderen Geschworenen nickten beifällig.
    »Noch eine letzte Frage«, sagte der Richter.
    »Glaubt jeder von Ihnen trotz seiner jüngsten
    Erlebnisse, dass er im Stande ist, ein gerechtes
    und unvoreingenommenes Urteil zu fällen?«
    Alle in der Geschworenenbank dachten einen Au-
    genblick nach und nickten dann.
    »Vielen Dank für Ihre Stellungnahme«, sagte
    Bendali. »Die Verhandlung ist vertagt. Morgen
    werde ich Ihnen meine Entscheidung mitteilen.«
    »Gehe ich recht in der Annahme, dass

Weitere Kostenlose Bücher