Mein Wille geschehe
mussten, hielten sie dennoch das
Schlussplädoyer für fast so wichtig wie den ge-
samten Prozess.
Dana kam erst nach zehn Uhr erschöpft nach
Hause. Vor ihrem Haus fanden sich immer weni-
ger Presseleute ein; die Medien wandten sich nun
wieder eher dem Prozess als ihrem Privatleben
zu.
Sie erklärte höflich: »Kein Kommentar«, und
schloss die Haustür hinter sich, obwohl die Reporter weitere Fragen schrien. Im Dunkeln sah sie
das rote Licht des Anrufbeantworters blinken.
Endlich eine Nachricht von Sam. Er gab nur seine
neue Adresse und Telefonnummer durch und er-
kundigte sich nach Molly. Aber Dana konnte
kaum glauben, wie froh sie war, seine Stimme zu
hören. Ohne nachzudenken, griff sie nach dem
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Hörer und wählte seine Nummer. »Hi«, sagte sie,
als er abnahm. »Hi.«
»Wie geht’s dir?«
»Ganz gut«, antwortete er. »Und dir?«
Sie wollte ihm vom Prozess und Coreys Aussage
berichten, doch stattdessen sagte sie: »Du fehlst mir. Du fehlst mir so sehr, dass ich gar nicht
weiß, was ich tun soll.« Sie hörte ihn seufzen.
»Du fehlst mir auch«, sagte er, und der Schmerz
in seiner Stimme war unüberhörbar. »Wie geht’s
Molly?«
»Gut«, gab Dana zur Antwort. »Sie ist noch bei
meinen Eltern. Ich hielt es für das Beste, wenn
sie eine Weile dort bleibt. Meine fünfzehn Minuten Ruhm scheinen vorüber zu sein, aber sicher ist
sicher, sie muss das nun wirklich nicht mitkrie-
gen.«
»Das war eine gute Entscheidung«, sagte er.
»Wäre es okay, wenn ich sie besuche?«
»Natürlich. Sie fragt nach dir.«
»Dann fahre ich morgen rüber«, sagte er. »Wenn
das Wetter schön ist, können wir zum Hurricane
Mountain fahren.« Dana schnürte es die Kehle zu.
Sie waren immer gerne zu dritt in den Olympic
Mountains gewandert. »Sam«, sagte sie vorsich-
tig. »Können wir reden?«
»Ja, müssen wir«, sagte er. »Aber es ist noch zu
früh.«
»Okay«, erwiderte Dana. Ihr Herz schmerzte,
obwohl er sie nicht zurückgewiesen hatte. »Ich
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will nicht drängen. Wenn… wenn du dazu bereit
bist.«
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Brian Ayres, der in seinem besten grauen Anzug
und einem frisch gestärkten, weißen Hemd vor
den Geschworenen stand, entsprach in jeder Hin-
sicht dem Bild des integren, tatkräftigen Staats-
dieners, der er auch war. Wie ein erfahrener
Schauspieler hatte er sein Schlussplädoyer eine
Woche lang vor dem Badezimmerspiegel einstu-
diert, bis er sich jedes Wort eingeprägt hatte, bis jede Betonung saß, jeder Übergang elegant war.
Nun musste es ihm nur noch gelingen, seine Re-
de vor den Geschworenen ebenso überzeugend
vorzutragen wie vor seinem eigenen Spiegelbild.
»Meine Damen und Herren, dieser Prozess war
für mich sehr schwierig, wie gewiss auch für Sie«, begann er mit ernster Miene. »Ich habe keinen
mir nahe stehenden Menschen bei dem Anschlag
auf Hill House verloren, aber angesichts der Men-
schen in diesem Zuschauerraum, die sich tapfer
hier eingefunden haben, fällt es nicht schwer,
sich das Grauen und den Schmerz vorzustellen.«
Es war zehn Uhr am Mittwochmorgen, und in den
folgenden sechseinhalb Stunden, nur unterbro-
chen von den üblichen Pausen, legte Brian das
Beweismaterial erneut dar und demonstrierte,
wie deutlich es auf Corey Latham hinwies.
Er zeigte noch einmal Dias des Gerichtsmedizi-
ners, um sie allen in Erinnerung zu rufen, obwohl die Geschworenen sich sehr genau daran erinner-660
ten. Die Zeugenaussage von Dr. Pruitt hatte kei-
ner vergessen können.
Brian ließ die Zutaten für die Bombe hereinbrin-
gen, die das FBI ermittelt hatte. Sie wurden auf
einem Tisch vor den Geschworenen angeordnet,
dann ließ Brian die Fenster öffnen, setzte eine
Maske auf und zog zwei Paar Latexhandschuhe
an. Während er Aspirintabletten zu feinem Pulver
zerrieb, sprach er über den Tod von Corey
Lathams ungeborenem Baby.
»Abtreibung ist eine persönliche Entscheidung«,
sagte er. »Wenn zwei Menschen damit zu tun ha-
ben, ohne zuvor in ihrer Beziehung ein festes
Fundament gelegt zu haben, kann die Wirkung
einer solchen Erfahrung zerstörerisch sein. Aber
täuschen Sie sich nicht, es geht in diesem Pro-
zess nicht um Abtreibung. Und es spielt keine
Rolle, welche Haltung Sie dazu einnehmen. In
diesem Prozess geht es um den kaltblütigen Mord
an einhundertsechsundsiebzig Menschen, darun-
ter sechsundfünfzig unschuldige Kleinkinder, und
dafür gibt es keinerlei Rechtfertigung.« Als er das zermahlene Aspirin mit
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