Mein Wille geschehe
dem Methylalkohol ver-mischte, sprach er darüber, dass Milton Auerbach
den Geländewagen gesehen hatte.
»Der Mann hat berichtet, was er gesehen hat«,
erklärte Brian. »Er hat sich das nicht ausgedacht.
Er hat keinen Grund zu lügen. Ohne zu wissen,
ob das von Bedeutung war oder nicht, sagte er
einem Polizisten, dass er am Abend vor dem An-
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schlag einen dunklen Geländewagen mit einem
Militärsticker vor dem Hill House gesehen hatte.«
Als er die Schwefelsäure aus einer Autobatterie in ein Glasgefäß tropfen ließ, brachte er den anonymen Brief zur Sprache.
»Jemand, der aus irgendeinem Grund unerkannt
bleiben wollte, wusste etwas und dachte, dass die Polizei davon erfahren sollte. Wenn Sie einen Ihnen nahe stehenden Menschen bei diesem
schlimmen Ereignis verloren hätten, würden Sie
dann wollen, dass die Polizei eine Information
außer Acht lässt, weil sie den Absender nicht er-
mitteln kann? Nein. Sie würden wollen, dass man
jede Spur verfolgt, die zum Täter führen könnte.«
Als er die Acetylsalicylkristalle mit der Schwefel-säure mischte, das Gemisch in warmem Öl erhitz-
te und behutsam das Natriumnitrat hinzugab,
sprach er über Joshua Clune. »Der junge Mann
hat in dieser Nacht tatsächlich etwas gesehen.
Und zwar mit einiger Sicherheit den Mann, der
die Bombe gelegt hat. Er konnte eine Windjacke
und eine Seemannskappe erkennen, wie sie auch
der Angeklagte besaß. Er sagt, er habe den An-
geklagten erkannt. Ob Sie nun seine Aussage ak-
zeptieren können oder nicht, er hat sie jedenfalls unter Eid gemacht und so präzise, wie es ihm
möglich war.« Als er die Aspirinmixtur in eine
Schale mit zerstoßenem Eis tauchte und auf die
Entstehung der leuchtend gelben Kristalle warte-
te, erörterte er noch einmal, welche Spuren man
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in den Räumen und im Wagen des Angeklagten
gefunden hatte.
»Wie viele Zufälle müssen geschehen, bis sie kei-
ne Zufälle mehr sind?«, fragte er.
Während er die gelben Kristalle zu Pulver verar-
beitete, redete er über die Umlenkung von Wut
und Frustration. »Wie werden wir Wut los? Wir
lassen sie raus. Doch bei seiner Frau konnte der
Angeklagte seine Wut nicht abreagieren, weil er
sie zu sehr liebte. Er sann also darüber nach, was ihm stattdessen als Ziel dienen und ihm das Ge-fühl verschaffen könnte, sich für seine Demüti-
gung rächen zu können. Denn das war ihm wider-
fahren: Er war gedemütigt worden. Seine Frau
hatte ihm ohne seine Erlaubnis etwas wegge-
nommen, und er war machtlos und außer sich vor
Zorn. Von Carl Thorson haben Sie gehört, wie er
sich benahm. Er war so wütend, dass er seiner
Frau nicht einfach verzeihen und so tun konnte,
als sei nichts passiert, wie er Sie glauben machen möchte. Nein, er musste etwas tun mit seiner
Wut. Und wir wissen, wofür er sich entschieden
hat. Hill House hat seine Wut zu spüren bekom-
men.«
Und schließlich, als er das Pulver mit der notwendigen Menge Wachs und Vaseline vermengte,
sprach er über Religion. »Sie haben den Ange-
klagten gehört, meine Damen und Herren. Er hat
es selbst gesagt. Wenn Gottes Wille und die Ge-
setze der Menschen einander gegenüberstehen,
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siegt Gott. Corey Latham hat Ihnen damit nicht
nur mitgeteilt, dass er die Tat begangen hat,
sondern auch, warum. Wer weiß, was er in sei-
nem Zorn und seiner Enttäuschung dachte? Wer
weiß, wie es zu der verdrehten Vorstellung kam,
dass Gott ihm atiftrage, Hill House ungestraft
zerstören zu können? Wir werden es vielleicht nie erfahren. Aber was wir erfahren haben und was
all diese trauernden Menschen dort drüben erfah-
ren haben, ist das Ergebnis dieser Gedanken.« Er
griff nach dem Plastiksprengstoff, den er herge-
stellt hatte, und hielt ihn hoch. »Lassen Sie sich nicht täuschen, meine Damen und Herren, Corey
Latham hat diesen Anschlag verübt«, sagte er
langsam und betont. »Und hiermit hat er es ge-
tan. Sorgen Sie dafür, dass er bestraft wird. Be-
finden Sie ihn für schuldig im Sinne der Anklage.«
Die Geschworenen starrten wie gebannt auf den
gelblichen Klumpen. Die Überlebenden weinten
leise. Brian Ayres setzte sich. Dana McAuliffe
seufzte. Die Verhandlung wurde auf den nächsten
Morgen vertagt.
Abraham Bendali räusperte sich. Es war ein Don-
nerstag im November, und der Prozess gegen
Corey Latham neigte sich dem Ende entgegen.
»Mrs McAuliffe, sind Sie bereit für Ihr Schlussplä-
doyer?«
»Ja, Euer Ehren«, antwortete
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