Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein wirst du bleiben /

Mein wirst du bleiben /

Titel: Mein wirst du bleiben / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
Vom Netzwerk:
Erschrocken fuhr er herum, sah ein paar Leute ihre Handtücher zusammenraffen und davoneilen. Eine leere Plastikflasche kullerte vor seine Füße, und eine neue Windbö peitschte ihm Erde gegen die Beine. Kurz darauf war niemand außer Hanna mehr bei ihm. Stumm leuchtete ihr Gesicht in der einsetzenden Dämmerung.
    Wieder sah er zu der Wiese hinüber.
Verdammt noch mal! Peter!
Er schlüpfte aus den Schuhen, zog seine Kleider aus, ließ sie achtlos fallen, spürte die warmen Steine unter seinen Füßen.
Es tut mir leid, Peter!
Er watete ins Wasser, immer tiefer, bis es seine Oberschenkel umspülte, er sich hineinwarf und in festen Zügen loskraulte. Mit ganzer Kraft durchquerte er den See, zog an der alten Förderanlage vorbei, entschlossen, ignorierte das leise Grollen des Donners, kämpfte gegen das Wasser wie gegen einen Feind und stieg am Ende aus dem Nass, nur Peter im Kopf und seinen leeren Blick. Er ging zu der Stelle, wo sein Freund gelegen hatte. Das Donnergrollen kam jetzt aus einer anderen Himmelsrichtung. Er kniete sich hin, legte die Hand auf das Gras. Verharrte. Dann schrie er. Schrie um Tränen, doch sie kamen nicht. Schrie um Vergebung. Sie blieb aus.
    Er schwamm zurück und ging ans Ufer. Hanna stand vor ihm. Er schämte sich nicht, obwohl er splitternackt war. »Es war hier«, sagte er. »In diesem See ist mein Freund ertrunken.« Er erzählte.
    Sie nahm seine Hand in ihre. So standen sie in dem grüngrauen, schwindenden Licht, stumm, nur der Wind brach sich leise heulend in den Bäumen, und ein paar Vögel fiepten aufgeregt, als wollten sie ihre Artgenossen auffordern, geschützte Plätze aufzusuchen.
    Ehrlinspiel bewegte sich nicht, dachte an nichts außer an das winzige Stückchen Wärme von Hannas Hand. Erst als die schweren Tropfen auf seine Haut fielen, begann er zu zittern. Fror. Und weinte.
    Hanna gab ihm sein T-Shirt. Er ließ es fallen und strich ihr eine regennasse Strähne aus dem Gesicht, fühlte das winzige Muttermal unter ihrem linken Ohr.
    Ohne ihre Hand loszulassen, wandte er sich zum See. Das gegenüberliegende Ufer war fast vollständig in der Dunkelheit versunken, und zwischen ihm und dem toten Peter lag nichts mehr außer einer schwarzblauen Fläche, auf der die Tropfen tanzten. Zuerst fein spritzend, als sie sich in auslaufenden Ringen mit dem Wasser vereinten, das schwer in seinem erdenen Bett lag; dann, nur ein paar Atemzüge später, verwandelte sich der See in die Haut eines stachligen, glänzenden Wesens.
    Moritz blickte in den Himmel und fragte sich, ob Peter irgendwo da oben war und über ihn lachte. Er roch das Dampfen der gierigen Erde, sog die kühle Luft ein und spürte die Wellen des Wassers in sich, und während er Hanna das Top über den Kopf streifte, zuckten Blitze über den See, entluden sich die elektrischen Kräfte, Millionen Volt pro Meter, und tauchten den See und die Baumwipfel in ein surrealistisches Licht.

[home]
30
    A uf allen vieren kroch sie neben ihm, den Rücken gekrümmt, und sie schrubbte kräftig den weißen Marmorboden. Von ihrer linken Schläfe perlten Schweißtröpfchen über den Hals und weiter ihre Brüste hinab, die sich im Rhythmus der Arme bewegten. Ihre Beine, beinahe so bleich wie der Küchenboden, ragten aus dem hellblauen Kittel hervor. Sie war barfuß, darum hatte er sie gebeten. »Die Böden sind etwas empfindlich.« Die Luft war angefüllt mit dem Geruch scharfen Putzmittels und mit Miriams Duft. Einem feinen Aroma nach Seife. Nicht blumig, nicht schwer, nicht exotisch. Nur klar. Wie der Regen, der gegen die Scheibe prasselte.
    Er drehte sich weg. Auf keinen Fall durfte sie sein zuckendes Lid bemerken.
    Miriam war perfekt. Sauber, rein, sie duldete keinen Schmutz. Sie war so anders. Nicht rechthaberisch wie viele Frauen. Weder neurotisch wie die fette Gabriele noch verlaust wie die Zenker. Keine Nymphomanin wie die junge Berger mit dem Baby und kein Trampel wie diese Frau, die in Wanderkleidung hier aufgetaucht war. Und nicht so verlogen wie die Schlampe von Mutter. Thea.
    Sein Blick fiel auf das Haus gegenüber. Fast hätte er aufgelacht. Da saßen sie: der fette Bulle und die Zenker. Dieser stupide Kerl, der sich bei jedem Streifengang von der Alten füttern ließ.
    Aus der Ferne war ein leises Donnergrollen zu hören. Seine Fingernägel bohrten sich in seine Handballen. Natürlich wusste er, dass es nicht mehr lange gutgehen würde. Sie hier. Er hier.
    Von der Handtuchstange an der Kochinsel nahm er ein Tuch und wischte seine

Weitere Kostenlose Bücher