Mein wirst du bleiben /
Gesicht. »Nimmst du dein Saxofon mit? Ich möchte dich so gern einmal spielen hören.« Jetzt funkelten die Sterne über ihnen, ein leichter Sommerwind strich ihr über die Wangen, doch sie musste Ehrlinspiel noch nicht einmal ansehen, damit ihr wieder heiß wurde, sie seine weichen Hände fühlte und den Rest dieses Mannes – und sich danach sehnte, allein mit ihm zu sein.
»Warum sagst du ›ein Fest am andern‹?« Moritz’ Blick verhieß nichts Gutes.
Ein Schatten legte sich über ihr Siebter-Himmel-Gefühl. »Ich war im Stühlinger. Die Recherche ist ziemlich flott gegangen heute. Ich habe ein paar Berge im Kaiserstuhl erkundet. Für euch wohl eher Hügel: Katharinenberg, Totenkopf, Aussichtsturm Neunlinden. Es gibt da Themenwanderwege. Als du angerufen und gesagt hast, es würde spät, bin ich noch zu diesem berüchtigten Sommerfest gegangen. Ich hatte Hunger«, fügte sie hinzu.
»Ah, das ist natürlich ein Grund.« Sein schiefes Lächeln ließ sie aufatmen. Er schien nicht sauer zu sein. Sie keiner Schnüffelei zu verdächtigen.
»Ein Junge dort hat Saxofon gespielt. Er war gut. Aber am besten waren die Waffeln von eurer Parfumfrau.« Sie lachte.
Ehrlinspiel legte das Besteck zur Seite. Paul sagte: »Hast du mit ihr gesprochen?«
»Natürlich. Warum denn nicht? Aber ihr müsst euch keine Sorgen machen. Tiefer als bis in die Tiefen diverser Kochrezepte sind wir nicht hinabgestiegen. Ihr wisst schon: Frauenthemen.«
Lilian lachte, doch die Männer stimmten nicht ein.
»Der Fall sitzt euch im Nacken«, sagte Hanna.
»Sie war heute früh bei uns. Als Zeugin.« Moritz beugte sich zu Hanna. »Was war dein Eindruck von ihr? Du bist doch eine gute Menschenkennerin.«
»Sie hat etwas mit den Morden zu tun, oder?«
Paul schenkte Getränke nach. »Schlafen die Mädchen?«, fragte er Lilian.
Sie nickte. »Tief und fest. Wir haben alles für morgen gepackt. Vier Koffer, viermal Handgepäck. Sie haben sich völlig verausgabt.«
»Okay.« Paul senkte seine Stimme, vermutlich, um keine neugierigen Nachbarn auf den Plan zu rufen. Hellhörige Ohren waren in der Siedlung sicher nicht weit. »Es gab ein drittes Opfer. Gestern Nacht.«
»Was? Und ihr sitzt hier und grillt?«
»Wir haben von vierzig Stunden nur zwei im Bett verbracht«, sagte Ehrlinspiel. »Kaum gegessen. Leute und Nachbarn befragt, Daten überprüft, mit den Technikern diskutiert, und ich war außerdem in der Uniklinik. Wir müssen wenigstens kurz zur Ruhe kommen. Und jetzt ein paar Stunden schlafen. Die Kollegen, die heute Morgen den Dienst begonnen haben, arbeiten weiter.« Er sah zu Paul. »Und du musst« – er tippte auf seine Armbanduhr – »in acht Stunden in Basel sein. Ihr fliegt doch kurz vor sieben?«
»Ja«, sagte Lilian statt Paul. »Und du solltest auch Urlaub machen, Moritz.« Sie zwinkerte Hanna zu. »An der Alster und Elbe vielleicht?«
Paul wandte sich an Moritz, der nicht auf Lilians Anspielung einging. »Tut mir leid, dass ich dich jetzt quasi hängenlasse, aber …«
»Es ist dein Urlaub. Du hast die Übergabe an die Kollegen gemacht. Es ist alles okay, Freitag.« Ehrlinspiel griff nach der Gabel und stocherte in seinem Kartoffelsalat herum. »Das dritte Opfer, eine Frau, hat überlebt. Aber wir wissen nicht, ob sie es schafft. Sie musste in ein künstliches Koma versetzt werden.«
Wieder sahen die Kommissare einander an, und Hanna dachte, dass sie sich allein mit Blicken verständigen konnten, so wie es nur guten Freunden gelang. »Ein Serienmörder? Kann da das Sommerfest einfach so laufen?«
»Was sollen wir tun? Es gibt schließlich keine Bombendrohung, bei der alles geräumt werden müsste.«
»Aber die Parfumfrau. Die ist eine Bombe? Oder weiß sie etwas?«, fragte Hanna. Die Dame war ihr schon die ganze Zeit suspekt erschienen. Zweimal war Hanna in der Draisstraße gewesen. Aus Neugier, ja, aber auch mit dem Hintergedanken, einen kurzen Blick auf Moritz werfen zu können. Natürlich war das albern, und sie würde wohl nicht einmal Kora davon erzählen. Gesehen hatte sie Moritz dort allerdings nicht. Ebenso wenig war ihr die Parfumfrau oder sonst etwas Spannendes begegnet.
»Sie hat uns belogen. Falsche Daten genannt, die sie eigentlich besser kennen sollte. Oder sich zumindest hätte merken sollen. Sie hat sich dann rausgeredet, es sei ein Zahlendreher gewesen.«
»Sie hat einundzwanzig und zwölf verwechselt. Die Jahre, seit denen ihr Ehemann tot ist. Das kannst du ruhig erzählen«, sagte Paul. »Und
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