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Mein wirst du bleiben /

Mein wirst du bleiben /

Titel: Mein wirst du bleiben / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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schicken auf jeden Fall eine Streife auf den Hauptfriedhof. Bei einer Schizophrenen weiß man nie, nach welchen Kriterien die handelt.«
    »Danke, dass du da bist, Freitag. Ich … ich krieg’s einfach nicht hin manchmal«, sagte er und dachte: Aber das mit Hanna hier, das muss ich hinkriegen.
    Lichtkegel wanderten innen an der Zeltwand auf und ab, und Kinderstimmen wurden laut. Kurz darauf rannten kleine Gestalten heraus und tollten im anbrechenden Licht über die Wiese. »Fang mich, Max«, rief ein Junge, und ein zweiter schrie: »Kein Bock, renn doch allein in die Kirche.«
    »Scheiße«, sagte Ehrlinspiel. »Sie zertrampeln alle Spuren.«
    »Spuren? Wo heute Hunderte Menschen herumgetrampelt sind?« Freitag ging zum Zelt, Ehrlinspiel folgte ihm, das Geschrei wurde lauter, und immer mehr Kinder strömten heraus. »Sonne, Sonne, komme!«, sang ein Mädchen, bis Pfarrer Müller kam und die Schar mit einem deutlichen »Ruhe, ihr Rasselbande!« zum Schweigen brachte.
    »Was machen Sie hier um Viertel vor sechs?«, fragte Freitag den Geistlichen.
    Die Kinder traten neugierig näher. »Wer ist der Mann?«, fragte ein Junge mit Pferdeschwanz und Brille.
    »Später, Sebastian.« Der Pfarrer legte dem Jungen die Hand auf die Schulter und lächelte: »Mein Sohn. Sieht man sicher.« Dann sagte er zu Freitag: »Wir begrüßen die Sonne. Anschließend frühstücken wir zusammen.«
    »Hier?«
    »In der Kirche.« Müller trug ein langes, helles Hemd, das bis über seine Oberschenkel reichte. »Haben Sie schon einmal das erste Sonnenlicht durch unsere Glasfenster fallen sehen? Es bricht sich in den roten und orangefarbenen Bildornamenten und malt eine Geschichte auf den Steinboden. Um Viertel nach sechs ist es so weit. Der Eltern-Kind-Gottesdienst beginnt um sechs.«
    »Ich darf ein Sonnengedicht aufsagen«, erklärte Sebastian, doch Ehrlinspiel achtete nicht auf ihn: »Warum haben Sie uns das vorhin nicht gesagt?« Seine Wut gewann die Oberhand. »Wir suchen schließlich –«
    Zahllose Kinderaugen sahen zu ihm auf.
    »Bringen Sie die Kinder in die Kirche. Sofort.«
    Müller wandte sich zum Zelteingang. »Michaela?«
    Eine kräftige Frau mit kinnlangen Löckchen kam heraus, streifte die Männer mit einem Blick und nahm von Müller einen Schlüssel entgegen. Dann ging sie mit den Kindern davon.
    »Was ist eigentlich los?«, fragte Müller, als sie hinter einer Hecke verschwunden waren.
    »Sie wissen doch, dass Miriam verrückt ist, oder? Sie sind ihre Vertrauensperson. Das kann Ihnen ja kaum entgangen sein«, sagte Ehrlinspiel mit Nachdruck.
    Müller senkte den Kopf. Sein Pferdeschwanz war sauber gebunden.
    »Wenn Sie irgendetwas wissen, dann rate ich Ihnen –«
    »Miriam ist ein verirrtes Schaf, sie –«
    »Reden Sie keinen Blödsinn!« Am liebsten hätte Ehrlinspiel diesen Gutmenschen gepackt und geschüttelt, doch Freitag legte die Hand auf seinen Unterarm.
    »Wo ist Miriam Roth, Herr Müller?«, sagte Freitag hart.
    Müller blickte ihn stumm durch seine runden Brillengläser an. Schließlich sagte er leise: »Ich muss in die Kirche. Die Eltern warten sicher schon.« Er ging ein paar Schritte, dann drehte er sich um und sagte: »Ich wünschte, ich wüsste, wo sie ist. Beten Sie, Herr Ehrlinspiel. Auch wenn Sie Agnostiker sind. Vielleicht hilft es. Und« – er zögerte, und als er weitersprach, klang er gequält – »sie weiß von dem Gottesdienst. Er ist für Eltern und Kinder, aber vielleicht …« Er ging davon, ohne den Satz zu vollenden.
    »Mist.« Ehrlinspiel stampfte, und Freitag presste kurz die Lippen aufeinander. »Moritz! Sie hat noch nie einen Gottesdienst verpasst …«
    »Natürlich! Das Licht!«, rief Ehrlinspiel und eilte hinter dem Pfarrer her. Er hielt ihn am Arm fest. »Herr Müller.« Er senkte die Stimme und fixierte den Mann. Sie waren fast gleich groß und auf einer Augenhöhe. »Wenn Sie nicht nur
ein
Schäfchen retten wollen, dann hören Sie mir jetzt genau zu. Und wenn Sie ablehnen, dann gnade Ihnen Gott.«

[home]
44
    S eine Finger waren kalt. Seine Schritte überstürzt. Hass wühlte in seinen Eingeweiden, kroch zwischen die Rippen. Straße für Straße hatte er abgesucht. Er war auf diesem Rasenstück gegenüber des Supermarktes gewesen. Auf dem Kinderspielplatz beim
Frischeparadies.
An der Straßenbahnhaltestelle
Technisches Rathaus,
wo sie manchmal in dem Häuschen am Bahnsteig 2 gesessen hatte. Erst mit Gärtner. Später allein. Keine Sonja. Keine Miriam. Nichts. Dabei war alles so

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