Mein wirst du bleiben /
mit uns teilen?«
Sofort trat die Filzmaus einen Schritt auf Ehrlinspiel zu. »Dieser Terrorist da oben … Der ist mal da, mal weg. Und seine« – sie fuchtelte vor seinem Gesicht herum –, »Sie wissen schon, diese junge Frau da, die bei ihm lebt, die macht die ganze Arbeit allein.«
»Aber weshalb sollte er Ihrer Nachbarin etwas antun wollen?«
»Er ist ein Terrorist!« Ihre Stimme wurde weinerlich. »Sie müssen mich beschützen. Er löscht das ganze Haus aus.«
»Aber Frau Zenker, das wissen Sie doch gar nicht. Sie –«
»Frau Zenker«, fiel Freitag barsch ein, »bitte eine klare Aussage. Haben Sie irgendeinen konkreten Hinweis darauf, dass Ihr Nachbar illegalen Handlungen nachgeht?«
Sie starrte Freitag an. »Ich, ich … Er hat dunkle Haut!«
»Das ist üble Nachrede oder schlimmer: Verleumdung. Das kann Konsequenzen haben. Unangenehme Konsequenzen. Bis zu zwei Jahren Gefängnis.« Freitags Stimme hallte im Treppenhaus. »Strafgesetzbuch Paragrafen 186 und 187.«
Entgeistert sah Ehrlinspiel seinen Kollegen an. So aggressiv hatte er ihn selten erlebt. Erst Wittke, jetzt die Hausmeisterin.
Zenker senkte den Kopf. Der filzige Haarturm saß wie aus Beton gegossen.
»Wer hat Frau Wimmer zum Arzt begleitet? Das wissen Sie doch sicherlich.«
Der Turm richtete sich auf. Unverständliches Murmeln kam darunter hervor.
»Geht es auch deutlicher?« Freitag schob einen Fuß nach vorn.
»Frau Roth.« Sie sah auf. »Sie müssen mich beschützen.«
Ehrlinspiel verstand sie kaum noch. Hast du plötzlich Angst!, dachte er, und sie hauchte: »Können Sie nicht den Herrn Franz schicken? Der ist ein starker Mann und –«
»Holen Sie bitte den Schlüssel zu Frau Wimmers Wohnung«, sagte Freitag.
»Ich war nicht drin. Ich schwöre es. Ich –«
»Den Schlüssel, Frau Zenker!«
Sie verschwand.
»Sag mal, was soll das, Freitag?« Ehrlinspiel sprach leise.
»Was soll was?« Gelassen schlenderte er hin und her.
»Du warst schon Wittke gegenüber so aggressiv. Warum? Und jetzt bist du auch nicht gerade … kooperativ.«
»Nein? Ich finde aber schon.«
»Du bist noch sauer.«
Freitag funkelte ihn an. »Ich mache einen auf Streber.«
»Du solltest lieber einen auf Profi machen und mir nicht mitten in der Befragung das Wort abschneiden. Mensch, Freitag«, fuhr Ehrlinspiel nach kurzem Zögern fort, »jetzt konstruiere doch aus so einer Bagatelle keinen Staatsakt. Du weißt genau, dass ich dich schätze und –«
»Der Schlüssel.« Zenkers Arm tauchte im Türspalt auf.
»Danke.« Freitag nahm ihn entgegen. »Herr Franz hat übrigens keinen Dienst heute. Seine Bürozeiten sind werktags von acht bis siebzehn Uhr. An den Wochenenden finden Sie ihn beim Kaffeekränzchen bei seiner Schwiegermutter oder am Rhein, wo er angelt. Einen schönen Abend noch, Frau Zenker. Danke für Ihre Hilfe.« Er warf den Schlüssel einem der Techniker zu, die gerade die Gerätekoffer zum Fahrstuhl rollten, und ging dann wortlos die Treppe zum ersten Stock hinauf.
Ehrlinspiel seufzte leise und folgte ihm. Interne Unstimmigkeiten waren Gift für eine Ermittlung, noch dazu bei der aktuellen Lage. Er musste unbedingt mit seinem Kollegen reden. Doch heute Nacht galt es, sachlich zu bleiben.
[home]
19
N iemand öffnete.
Nazemi & Berger
waren offenbar ausgeflogen. Dagegen stand ihnen bei
Thea und Miriam Roth
nur Sekunden nach dem Klingeln die junge Frau gegenüber, die sie nach Gärtners Tod im Treppenhaus getroffen hatten und die aus der Kirche geeilt war, als Ehrlinspiel den Pfarrer besuchte. Miriam Roth. Die Frau, die man, wie er damals gedacht hatte, immer zwischen Tür und Angel traf. Jetzt stand sie wieder in einer Tür. Sie trug ein zitronengelbes Kleid und war barfuß, ihr offenes Haar fiel in weichen Wellen bis auf ihre Hüften hinab. In der Hand hielt sie eine Haarbürste. Ein ungeschminktes Gesicht blickte ihnen besorgt entgegen.
»Entschuldigen Sie die späte Störung, Frau Roth.« Der Hauptkommissar zeigte seinen Dienstausweis. »Erinnern Sie sich an uns? Trotz des, nun ja« – er deutete an sich hinunter –, »etwas ungewöhnlichen Outfits? Moritz Ehrlinspiel, Kriminalpolizei, und mein Kollege Paul Freitag.«
»Natürlich.« Sie hielt den Zeigefinger vor den Mund und sah über ihre Schulter in die Wohnung. »Meine Mutter schläft.« Sie kam heraus und lehnte die Tür an. »Sie hat nichts mitbekommen.«
»Dann wissen Sie, was passiert ist?«
»Wir können nie tiefer fallen als bis in Gottes Hand. Auch nicht im
Weitere Kostenlose Bücher