Mein wirst du sein
mein Gesicht die Farbe einer überreifen Tomate angenommen.
Mark Heilig hatte dann in Villingen-Schwenningen die Fachhochschulreife gemacht und sich anschließend zum Kriminalkommissar fortgebildet. Während sich meine Laufbahn bei der Polizei dem Ende entgegenneigte, hatte Mark sich nach Stuttgart versetzen lassen und dort Karriere gemacht. Wir hatten uns aus den Augen verloren, und irgendwie hatte ich es erfolgreich geschafft, die Vorkommnisse in meinem tiefen Inneren zu begraben. Nun war er wieder in Ulm.
Eigentlich gab ich nicht viel auf das, was andere von mir dachten. Und auf die Meinung von Männern gab ich nach meiner Scheidung von Dirk Heit erst recht keinen Pfifferling.
Und dann tauchte Mark Heilig auf und brachte mich mit einer einzigen Frage aus der Fassung.
Ich konnte nur hoffen, dass sich unsere Wege nicht oft kreuzten. Denn ich ahnte, dass es Schwierigkeiten geben würde. Wie recht ich damit haben sollte!
Wenig später traf ich im ›Jazz-Keller‹ ein.
»Ist sie es wirklich?«, fragte Lou mit bebender Stimme und nahm seinen Hut ab. Heute trug er ein schwarz-rotes Ensemble. »Ich meine, gibt es nicht die Möglichkeit, dass es eine andere ist?«
Konnte er nicht in normalem Ton mit mir reden? Seine Augen waren wässrig.
»Susannes Brieftasche mit den Papieren wurde bei der Leiche gefunden. Außerdem ähnelt sie ihr stark.« Urplötzlich musste ich niesen.
»Gesundheit. Was mache ich jetzt nur?«
»Ganz ruhig.« Ich schnäuzte mir die Nase. »Es wird heute noch eine Obduktion stattfinden. Das Ergebnis wird einige Zeit dauern, aber ich denke, dass ich vorab Informationen bekomme.«
Ich dachte kurz an Mark und strich mir ärgerlich eine Locke hinter das Ohr. »So wie es aussieht, ist Susanne Opfer eines Verbrechens geworden.«
Lous Stöhnen klang wie ein Aufschluchzen. Fanny und ich tauschten einen besorgten Blick. Lou war schon einmal umgefallen, als er sich zu sehr aufgeregt hatte. Noch heute konnte ich mich an den Knall erinnern, den es gegeben hatte, als sein Körper auf dem Boden aufschlug. Von den kommenden Stunden, in denen wir Lous Gejammer über uns ergehen lassen mussten, ganz zu schweigen.
»Ich habe es geahnt! Oh mein Gott, sie werden es mir in die Schuhe schieben. Was mache ich jetzt nur?«
»Beruhig dich doch bitte. Niemand wird dir etwas in die Schuhe schieben. Warum auch? Wenn du jetzt durchdrehst, nutzt das überhaupt nichts. Im Gegenteil. Die Polizei wird vermuten, dass du etwas zu verbergen hast und dir erst recht zusetzen. Ich helfe dir, das habe ich dir doch versprochen. Aber jetzt reiß dich bitte zusammen.«
Lou fasste nach meinen Händen. Eine Träne rann über seine Wange.
»Danke.«
Mir war die Situation peinlich, und ich entzog mich ihm. Außerdem musste ich schon wieder niesen, und meine Augen begannen zu tränen.
»Du darfst jetzt nur nicht die Nerven verlieren. Vor allem nicht, wenn die Polizei vorbeikommt. Okay? Das musst du mir unbedingt versprechen. Lass dir von Fanny einen Whiskey bringen, das beruhigt die Nerven.«
Fanny stürmte davon, um kurz darauf mit einem gefüllten Glas zurückzukommen, das Lou folgsam hinunterstürzte. Dann sah er auf und fasste wieder nach meinen Händen.
»Jule, ich bezahle dich. Nenn mir einen Preis. Egal welchen, ich bezahle. Hauptsache, ich lande am Ende nicht im Knast.«
Mich bezahlen? Hm, warum eigentlich nicht? Immerhin tat ich meine Arbeit. Während meines Urlaubs. Gut, ich bezog Gehalt von der Detektei, in der ich angestellt war. Aber ein kleines Taschengeld auf die Hand konnte ich trotzdem brauchen. Und ein schlechtes Gewissen musste ich nicht haben. Bei Lou traf es keinen Armen.
Ich zögerte nur kurz, ehe ich nickte und ihm einen Preis nannte, bevor ich meine Hände aus seiner Umklammerung löste und auf eine Reaktion wartete.
Doch Lou machte eine wegwerfende Handbewegung. Ich hätte zweifellos mehr verlangen können.
»Ich bekomme Migräne, ich glaube, ich muss mich ausruhen.« Mit hängenden Schultern trottete er davon.
»Mach das«, murmelte ich.
»Was findet denn hier für eine Versammlung statt?«
Eine große, schlanke Frau mit lockigem, schwarzem Haar war zu uns herangetreten.
Fanny rollte mit den Augen, und ich stöhnte innerlich auf. Schlimmer wäre nur meine Mutter gewesen.
»Cosima, hallo.« Mir stellten sich die Nackenhaare auf. »Wie schön, dich zu sehen.« Meine Worte tropften wie Honig.
»Red keinen Blödsinn«, wies sie mich denn auch zurecht.
Sie trug ein enganliegendes rotes Oberteil,
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