Mein wirst du sein
hinüber.
»Hallo«, sagte ich lahm.
»Hallo.«
Ein unergründlicher Blick traf mich, und augenblicklich wurde mir noch unwohler. Es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte auf dem Absatz kehrt gemacht und wäre verschwunden. Doch ich tat es nicht für mich. Ich schluckte schwer.
»Ich brauche deine Hilfe.«
Er sah mich einen Moment an und begann dann langsam und präzise mit seiner tiefen Stimme zu sprechen.
»Wenn du glaubst, dass ich mich auf einen weiteren Quatsch einlasse, der auch nur im Entferntesten mit Singen zu tun hat, dann kannst du dir gleich hinter deine süßen Ohren schreiben, dass das nichts wird.«
Ups, hatte ich etwas Falsches gesagt?
»Ich wollte das genauso wenig wie du«, verteidigte ich mich.
»Und was war das dann neulich?«
»Und was war das dann gestern?«
Wir funkelten uns an.
»Das war meine Rache.«
»Dann sind wir ja jetzt quitt.«
»Sind wir.«
»Schön. Gut, dass wir darüber gesprochen haben.«
»Musst du eigentlich immer das letzte Wort haben?« Er klang jetzt belustigt.
»Muss ich nicht. Aber ich brauche deine Hilfe.«
»Okay, wobei?«
Ich holte tief Luft. »Darf ich mir morgen Flocki ausleihen?«
Er sah mich einfach nur an. Dann den Hund, dann wieder mich.
»Was willst du mit ihr?«
»Ich brauche einen großen Hund, der furchterregend aussieht und knurren kann.«
»Musst du einen Verbrecher jagen?«
Wen denn, zum Beispiel?
»Äh, ja. In gewisser Weise schon.«
»Das ist doch nichts Illegales, oder?«
»Nein, nein. Ich muss nur ein bisschen Ordnung schaffen. Und ein Hund wäre dabei ganz hilfreich.«
Er überlegte. Eigentlich müsste er bescheuert sein, wenn er mir den Hund gab.
»Okay.«
Er war bescheuert. Und ich völlig überrumpelt, weil ich niemals damit gerechnet hatte.
»Oh, okay, cool. Danke!«
Er wollte mir Flocki am Morgen vorbeibringen, aber ich lehnte schnell ab und sagte, dass ich sie hier holen würde. Aus unerfindlichen Gründen wäre es mir nicht recht gewesen, wenn er gewusst hätte, wo und wie ich wohnte. Wenn er es nicht ohnehin längst wusste.
Den Rest des Nachmittages verbrachte ich vor mich hinbrütend. Cosima mochte eine eingebildete, dumme Gans sein, und wir zofften uns öfter wegen irgendwelcher Kleinigkeiten, aber etwas an dem, was sie gesagt hatte, nagte an mir und ließ mich nicht mehr los. Doch so sehr ich auch grübelte, ich kam zu keinem wirklichen Schluss. Nur ein schleichendes, unangenehmes Gefühl blieb in mir zurück.
Schließlich gab ich das Nachdenken auf. Wendt war das nächste Ziel, auf das ich mich konzentrieren wollte.
Ich parkte in der Nähe seines Büros und schlich eine Weile darum herum. Außer einer Sekretärin und Daniel Wendt schien niemand mehr da zu sein. Seine Kollegen hatten bereits Feierabend gemacht, und die Frau packte gerade ihre Sachen zusammen, was mir sehr gelegen kam. Ich wollte unter vier Augen mit Wendt reden.
Entschlossen öffnete ich die Tür und trat in einen Raum ein, in dem typischer Büromief herrschte. Die Luft war abgestanden, und es roch nach den Ausdünstungen zu vieler Menschen, die man auf zu engem Raum zusammengepfercht hatte.
»Hallo«, grüßte die Sekretärin, ein junges Mädchen von höchstens 20 Jahren mit einem blondierten Bürstenhaarschnitt. Sie stopfte etwas in ihre Tasche. »Wir haben eigentlich schon geschlossen.«
»Das macht nichts, ich möchte zu Herrn Wendt.«
»Haben Sie einen Termin?«
Als ob sie Angst hätte, dass ich ihr den Feierabend versauen wollte.
»Ich bin sicher, dass Herr Wendt mich empfangen wird«, gab ich zuckersüß zurück und stellte mir sein Gesicht vor, wenn er mich sah und unweigerlich wusste, dass er aufgeflogen war.
Ein Seufzen. »Ich werde sehen, ob er Zeit hat. Würden Sie mir freundlicherweise Ihren Namen verraten?«
»Jule Flemming.«
»Moment bitte.«
Mir war egal, was sie dachte. Es war an der Zeit, dass ich in meinem Fall vorwärtskam und die Scharte auswetzte, die ich mir geleistet hatte. Wenn ich den Fall löste, konnte Mark mir nichts mehr anhaben.
Die Sekretärin erschien, gefolgt von Daniel Wendt, der kalkweiß war. Er trat auf mich zu und reichte mir die Hand. Sie war kalt und feucht.
»Guten Tag, Frau Flemming. Wenn Sie so nett wären, mir in mein Büro zu folgen.«
Er drehte sich ohne ein weiteres Wort um, und ich trabte brav hinter ihm her.
»Ich gehe dann jetzt, wenn Sie mich nicht mehr brauchen?«, sagte die Sekretärin.
»Nein, gehen Sie nur. Schönen Abend.«
Er schloss die Tür, bat mich jedoch
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