Mein wirst du sein
Mörder auch?
Das Autohaus lag im Gewerbegebiet von Söflingen. Ich stellte meinen alten Golf auf den Parkplatz und legte zur Sicherheit eine Parkscheibe hinter die Windschutzscheibe, als ich den Abschleppwagen auf den Hof fahren sah.
Als ich den Verkaufsraum betrat, fühlte ich mich augenblicklich in eine andere, mir fremde Welt versetzt. Es roch neu und unverbraucht. In der Halle herrschte Stille, nur die Gummisohlen meiner Schuhe quietschten leise auf dem blank gewienerten Boden. Ein Telefon läutete, und auch das klang erstaunlich melodiös und leise.
Unschlüssig ging ich durch die Reihen ausgestellter Autos in der großen Halle und bewunderte die chromblitzenden Felgen und den schimmernden Lack. Wohl wissend, dass mein Gehalt nie für einen neuen Wagen reichen würde. Aber träumen durfte man.
Mit einem Seufzen wandte ich den Blick von einem neuen Passat in dunklem Nougatbraun und trat an den Informationsschalter. Ich hatte eine hübsche Blondine in kurzem Rock mit souveränem Lächeln erwartet. Doch augenscheinlich hatte man den Lehrling vorübergehend allein gelassen.
Hinter dem Schalter saß ein kaum volljähriger junger Mann. Er steckte in einem schlecht sitzenden, billigen Anzug, die braune Krawatte hing wie ein Strick um seinen Hals.
Er hatte seinen flammendroten Kopf tief gesenkt und flehte mit jeder Faser seines Körpers darum, nicht angesprochen zu werden.
»Guten Tag«, sagte ich trotzdem.
Seine Gesichtsfarbe glich einer überreifen Tomate. Er murmelte etwas Unverständliches, brachte aber immerhin so etwas wie ein Lächeln zustande.
»Bitte, können Sie mir helfen?« Ich hatte beschlossen, auf dumme Frau zu machen. Vielleicht konnte ich den schüchternen Knaben damit aus der Reserve locken. »Ich suche Herrn Goldmann.«
»Das tut mir leid, aber er ist heute nicht im Haus.«
»Oh.« Das war ja noch besser. »Ja was mache ich denn dann?«
»Im Moment ist leider niemand da.«
Frühstückspause. Besser hätte es nicht laufen können.
»Ich sollte eine Auskunft haben. Ob Sie mir vielleicht weiterhelfen können?«
»Ich weiß nicht.«
»Versuchen wir es einfach mal. Ich bin sicher, Sie können mir helfen.«
»Aber ich bin nur der Azubi.«
»Das macht doch nichts. Ich war auch einmal ein Lehrling. Wenn Sie mir nicht helfen können, kann ich ja später noch einmal kommen, das ist nicht schlimm.«
»Okay.« Langsam schien er sich zu entspannen.
Ich lehnte mich nach vorn, setzte eine verschwörerische Miene auf und blickte mich nach allen Seiten um.
»Ich bin Detektivin«, flüsterte ich.
Der junge Mann riss erstaunt die Augen auf.
»Eine echte Privatdetektivin?« Vergessen war die Schüchternheit. Jetzt ähnelte er Leon in seinem Eifer. »Und was wollen Sie jetzt von mir wissen?«
Ich beschloss, den Verdacht nicht sofort auf Goldmann zu lenken und drehte den Spieß um.
»Das muss aber absolut vertraulich behandelt werden.« Der Junge nickte eifrig. »Sie dürfen niemandem davon erzählen. Auch nicht Ihrem Chef. Zumindest nicht, bis meine Ermittlungen abgeschlossen sind. Ich muss das Alibi einer Frau überprüfen. Am Mittwoch, dem 8. April hat sie bei Herrn Goldmann einen Wagen gekauft, einen Touareg. Das muss mittags gewesen sein.«
»Nein, das war morgens.« Die Antwort war ziemlich schnell gekommen.
»Woher wissen Sie das? Sie haben doch noch nicht im Kalender nachgesehen.«
Er zog einen Terminplaner zurate und blätterte darin herum.
»Das war der 8.4., das stimmt. Aber es war sicher morgens. Herr Goldmann hatte zwar nachmittags den Termin, hat die Kundin aber angerufen und sie gebeten, ob sie vormittags kommen könnte. Wissen Sie, er hatte entsetzliche Zahnschmerzen und für den Nachmittag einen Termin beim Zahnarzt. Das weiß ich ganz genau. Auch heute ist er beim Zahnarzt. Ich war mir nur nicht mehr sicher, ob es das richtige Datum war.«
War es zu fassen, Goldmann hatte mich angelogen.
»Sind Sie sicher?«
»Ganz sicher! Hat die Frau jetzt kein Alibi?«
»Das wird sich noch herausstellen«, murmelte ich. »Sie dürfen niemandem etwas sagen.«
»Bestimmt nicht!«
Mein Golf stand wider Erwarten noch an genau der Stelle, an der ich ihn abgestellt hatte. Ich stieg ein und fuhr auf direktem Weg nach Neu-Ulm in den ›Jazz-Keller‹.
Andreas wartete bereits vor der Tür auf mich. Flocki saß ordentlich angeleint neben seinem schwarz gekleideten Herrchen und sah mir hechelnd entgegen. Ein mulmiges Gefühl beschlich mich. Ich wollte die Sache so schnell wie möglich hinter
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