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Mein wunderbarer Brautsalon

Mein wunderbarer Brautsalon

Titel: Mein wunderbarer Brautsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Sonntag
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herumzulungern? Gar nichts. Außer, dass es mehr als peinlich werden dürfte, falls Annika mich entdecken sollte. Wahrscheinlich würde sie mich für einen verrückten Stalker halten, also gebe ich Gas und sehe zu, dass ich aus der Gefahrenzone komme.
    Weitere zehn Minuten später schließe ich die Tür zu meiner eigenen Zwei-Zimmer-Küche-Bad-Wohnung auf. Als ich das Licht im Flur einschalte, fällt mein Blick wie immer zuerst auf das Foto, das am Spiegel neben der Kommode steckt. Ich weiß, dass es besser wäre, das Bild abzuhängen. Aber das käme mir wie ein Verrat vor, als würde ich sie damit endgültig sterben lassen. Zwei- oder dreimal hätte ich es beinahe getan, irgendwelchen Frauen zuliebe, mit denen ich in den vergangenen Jahren versucht habe, so etwas wie eine Beziehung zu führen. Aber so ernst, dass ich Claras Foto dafür verbannt hätte, ist es nie geworden. Die Frauen gingen, Clara blieb.
    Nachdenklich betrachte ich das Bild, das Clara an einem Sommertag an der Alster zeigt. Wäre es diesmal anders, wenn ich eine Chance hätte, Annika Peters kennenzulernen? Wenn sie frei wäre, wenn …
    »Was meinst du?«, frage ich sie. »War das gerade nur Zufall?« Natürlich bekomme ich keine Antwort. Ich gehe ins Wohnzimmer, lasse mich aufs Sofa sinken und schalte den Fernseher ein. Ich muss mich ablenken. Aber während ich eine Stunde lang versuche, dem Geschehen auf dem Bildschirm zu folgen, schweifen meine Gedanken immer wieder ab. Ich schalte den Kasten aus, stehe auf und wandere ruhelos durch meine Wohnung. Vielleicht sollte ich einfach ins Bett gehen und hoffen, dass ich so schnell wie möglich einschlafe.

    Als ich schon halb im Schlafzimmer bin, klingelt das Telefon auf dem kleinen Sekretär im Flur.
    »Hübner«, melde ich mich.
    »Ich bin’s, Malte.«
    »N’Abend! Wieder gesund?«
    »Ja, war doch nur ein kleiner Infekt«, antwortet er. »Wo steckst du denn?«
    »Wo soll ich schon stecken? Zu Hause, da hast du mich doch gerade angerufen.«
    »Ich weiß«, erwidert er, »aber wir warten hier alle auf dich.«
    »Warten?« Ich weiß im ersten Moment nicht, was er meint.
    »Es ist Donnerstagabend, wir haben Probe.« Ich gucke überrascht auf meine Uhr: Es ist neun, seit einer halben Stunde müsste ich im Übungsraum sein. Unglaublich, diese Frau hat mich so durcheinandergebracht, dass ich das total vergessen habe.
    »Scheiße«, entfährt es mir, »hab ich verschwitzt. Bin in zwanzig Minuten da!« Mit diesen Worten lege ich auf, greife nach meiner Jacke und stürze aus der Tür.

    Annika
    »Ich weiß, dass es total albern ist – aber ich wollte einfach mal sehen, wie mir ein Brautkleid steht.« Paul und ich sitzen im »Legendär« am Eppendorfer Weg und trinken zusammen noch ein Feierabend-Bier.
    »Tja, wer hätte das gedacht: Annika, die Romantische!«
    Ich werfe ihm einen beleidigten Blick zu. »Blödmann.«
    »Das war doch nicht so gemeint«, entschuldigt Paul sich sofort. »Aber bisher hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass du dich für Dinge wie Heiraten und Brautkleider interessierst. In der Redaktion wirkst du immer so tough.«
    »Na ja«, gebe ich zu, »was bleibt mir auch anderes übrig? Soll ich da ständig rumheulen und darüber jammern, dass es mit mir und der Liebe nicht klappt?«
    »Mache ich ja auch«, erwidert Paul überrascht.
    »Eben. Und was bringt es dir? Du wirst nicht ernst genommen.« Sofort tut mir meine Bemerkung leid, wie kann ich nur so etwas Gemeines sagen? Ich greife nach Pauls Hand und drücke sie. »Sorry, das war jetzt wirklich doof von mir.«
    »Allerdings.«
    »Was ich meine, ist doch nur Folgendes: Wenn man sein Herz wie du auf der Zunge trägt, wenn man seine Gefühle auf dem Silbertablett vor sich her trägt – dann bietet man einfach jede Menge Angriffsfläche.«
    »Aha«, meint er. »Dann also lieber so tun wie du, als würde dich das alles nicht interessieren. Und sich dann wundern, wenn man immer nur an Kerle gerät, die die Flucht ergreifen, wenn du auf einmal ganz anders bist, als sie dachten.«
    Ich muss kichern.
    »Eins zu null, da hast du recht.«
    »Ich stehe eben dazu, dass ich gern eine Freundin hätte«, fährt er fort. »Und es will mir nicht in den Kopf, warum ich so tun soll, als sei es nicht so, um überhaupt eine Frau rumzukriegen.«
    »Aber das ist doch gerade das Absurde«, stelle ich fest. »Dieser alte Spruch ist schon wahr: Was man will, das kriegt man nicht, und was man kriegt, das will man nicht.«
    »Na ja«, gibt Paul zu bedenken,

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