Mein wunderbarer Brautsalon
»das scheint ja nicht auf alle zuzutreffen. Immerhin gibt es schon noch Paare, die sich finden.«
»Das ist mir allerdings auch ein Rätsel«, stimme ich ihm zu. »Keine Ahnung, warum das bei uns nicht klappt.« Eine Weile hängen wir beide unseren Gedanken nach und nippen an unseren Gläsern.
»Dieser Typ vorhin zum Beispiel«, breche ich schließlich das Schweigen.
»Welcher Typ?«
»Der Besitzer des Brautsalons. Christoph Hübner.«
»Was war mit dem?«
»Das hättest du miterleben müssen«, erzähle ich, »der hat mich total angeflirtet.«
»Der Besitzer des Geschäfts hat dich angeflirtet?«, echot Paul erstaunt. Ich nicke.
»Aber wusste er denn, dass du nur für deine Schwester das Kleid angucken wolltest?«
»Eben nicht!«
»Also dachte er, das Kleid sei für dich?«
»Genau. Und genau das stützt meine These, dass Männer sich am meisten für Frauen interessieren, die schwer zu kriegen sind.«
»Aber von schwer zu kriegen kann hier ja gar keine Rede sein«, widerspricht Paul. »Wenn er dachte, dass das Kleid für dich ist, bist du nicht schwer zu kriegen – du bist außerhalb seiner Reichweite!«
»Offensichtlich umso interessanter!«
Paul schüttelt ungläubig den Kopf. »Ich fasse es nicht, dass wir Männer so bescheuert sind.« Dann bricht er plötzlich in haltloses Gelächter aus und kann sich gar nicht mehr beruhigen.
»Paul?«, frage ich zaghaft, als er sich nach einer Minute noch immer nicht beruhigt hat. »Paul, was ist denn so lustig?« Noch immer prustet er und deutet mir mit einer Handbewegung an, dass er gerade nicht sprechen kann.
»Möchte wirklich mal wissen, was dich so amüsiert«, stelle ich fest. Mittlerweile drehen sich schon sämtliche anderen Gäste des Lokals nach uns um, langsam wird es mir ein bisschen unangenehm.
»Moment«, japst er und versucht, tief Luft zu holen. Dann greift er nach seinem Glas und nimmt einen langen, tiefen Schluck.
»Geht’s wieder?« Er nickt, nimmt noch einen Schluck und atmet dann ein paarmal tief ein und aus. »Was ist denn nun so komisch?«, will ich wissen, als ich den Eindruck habe, dass Paul sich wieder im Griff hat.
»Ganz einfach«, erklärt er. »Wenn wir Männer so bescheuert sind – dann bin ich ja ganz offensichtlich kein Mann. Aber was bin ich dann?« Jetzt brechen wir beide in Gelächter aus, und es ist mir vollkommen egal, dass sich schon wieder alle Gäste nach uns umdrehen. Sollen sie nur, wir haben hier eben unseren Spaß.
»Mensch, Paul«, bringe ich zwischen zwei Lachattacken hervor, »wirklich zu schade, dass du nicht mein Typ bist. Du und ich – wir wären wirklich das absolute Traumpaar.«
»Stimmt«, erwidert Paul. »Aber leider steh ich auch überhaupt nicht auf dich.«
Für einen kurzen Moment setzt mein Lachen aus. Was hat er da gerade gesagt?
»Na, vielen Dank«, meine ich, »äußerst charmant von dir!«
»Wieso?« Paul wirft mir einen unschuldigen Blick zu. »Gleiches Recht für alle, du hast doch gerade genau dasselbe zu mir gesagt.« »Hm«, erwidere ich. »Das ist was anderes. Ich bin schließlich eine Frau.«
Paul verdreht die Augen. »Weibliche Logik, die hab ich noch nie verstanden!«
»Die ist auch nicht zu verstehen«, stelle ich grinsend fest. »Aber trotzdem sollte jeder Mann sich danach richten.« Dann drehe ich mich zur Bar um und winke dem Kellner. »Bitte noch zwei Bier für uns!«
Als ich gegen zehn Uhr nach Hause komme, fühle ich mich fast beschwingt. Hat mir gut getan, mich mal bei Paul auszuquatschen. Irgendwie schön zu wissen, dass ich nicht die Einzige bin, die mit der Liebe so ihre Probleme hat. Das heißt, natürlich weiß ich, dass ich nicht die einzige bin, sonst würde die »Isabelle« sich nicht so gut verkaufen. Aber mit meinen Leserinnen gehe ich ja eher selten ein Bier trinken. Ich schließe die Wohnungstür auf, in diesem Moment kommt mein Nachbar Simon
die Treppe hinuntergelaufen.
»Hi Annika«, ruft er im Vorübereilen, ohne mich auch nur ein einziges Mal richtig anzusehen. Das war auch einer dieser Kandidaten. Vor zwei Jahren, als ich hier eingezogen bin, war ich drei- oder viermal mit ihm aus. Ein bisschen Flirten, ein bisschen Knutschen – aber kaum war ich an dem Punkt, an dem ich tatsächlich dabei war, mich in ihn zu verlieben, fuhr er auf einmal nur noch mit angezogener Handbremse. Faselte was von »ich glaube, du willst mehr, als ich dir geben kann« und der ganze Quatsch halt, den ich vorher schon hundertmal von irgendwelchen Typen gehört hatte.
»Hi
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