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Mein wundervolles Genom

Mein wundervolles Genom

Titel: Mein wundervolles Genom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lone Frank
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sensiblen wie auch die genetisch robusten Frauen die Aktivierung ihres Mandelkerns dämpfen, und zwar so weit, dass die beiden Gruppen nicht mehr zu unterscheiden waren. Die sensibleren Frauen unterdrückten ihre Angstgefühle sogar noch wirkungsvoller und zeigten damit, dass auch Personen, die für eine stärkere emotionale Reaktion prädisponiert sind, diese durch bewusste kognitive Anstrengung kontrollieren können, wenn sie es wollen.
    In Zukunft kann ich mich, wenn es wieder einmal hart kommt, daran erinnern, dass die Gene nicht mein Verhalten direkt beeinflussen, sondern die Mechanismen meines Nervensystems. Zwar ist mein genetisches Erbe mit daran beteiligt, die Bedingungen zu schaffen, unter denen mein Gehirn funktioniert, dennoch ist das Gehirn ein unglaublichplastisches Organ, und seine Chemie hängt zu jeder Zeit davon ab, wie es benutzt wird. Wenn ich in der richtigen Weise denke, kann ich mir ein dickes mentales Fell zulegen, das meine hypersensible Physiologie schützt.

7 Der Übersetzer der Biologie
    DNA ist nur ein Band mit Information, und ein Band ist nichts ohne ein Abspielgerät.
    Bryan Turner
    »Wofür ist das, sagten Sie?«
    Meine Hausärztin blickt misstrauisch auf die beiden Einwegspritzen mit großen Zylindern, die ich mitgebracht habe, zusammen mit exakten Anweisungen, wie sie mit Blut zu füllen sind; dann muss jede zehnmal langsam gedreht und danach umgehend zur Analyse an ein Forschungslabor nach Lundbeck geschickt werden, einen Vorort von Kopenhagen, wo ein dänischer Pharma-Multi seinen Sitz hat.
    »Die wollen psychische Erkrankungen mit einem Bluttest diagnostizieren?«, fragt meine Ärztin, während sie routiniert eine der beiden Nadeln in meine Vene sticht. Ja, das machen die, aber die Methode steckt noch in der Entwicklung. Der Gedanke dahinter ist, dass man vom üblichen Verfahren wegkommen will, bei dem Psychiater unterschiedliche Krankheiten anhand subjektiver Einschätzungen von mehr oder weniger flüchtigen Symptomen diagnostizieren. Sie fragen ihre Patienten, wie es ihnen geht, anhand einer Checkliste diffuser Fragen zur emotionalen Verfassung, zu Schlafmustern und psychomotorischen Funktionen, um zu einem Urteil zu gelangen. Depression, zum Beispiel. Oder soziale Phobie. Oder Borderline-Persönlichkeitsstörung.
    Die Kliniker in Lundbeck und anderswo suchen hingegen nach Biomarkern: objektiven Werten ähnlich denen, die Allgemeinärzte verwenden, wenn sie den Zuckergehalt im Blut messen, um Diabetes zu diagnostizieren, oder wenn sie raffinierte Elektroden am Körper platzieren, um zu überprüfen, ob das Herz ordentlich funktioniert. Biomarker sindder heilige Gral. Und deshalb ergreife ich sofort die Chance, als ich höre, dass man in Lundbeck die Aktivität ausgewählter Gene testen will, um Dinge wie eine posttraumatische Belastungsstörung, eine Borderline-Persönlichkeitsstörung und, vor allem, Depressionen zu diagnostizieren, und melde mich ein weiteres Mal als Studienobjekt.
    »Aber zurzeit fühlen Sie sich nicht deprimiert?«, fragt meine Ärztin mit einem Blick, der sagt: Du kennst das ja, sag es mir lieber gleich.
    Ich schüttele den Kopf, denn es geht mir wirklich gut. Keines der vertrauten Symptome: morgendliches Erwachen mit Lebensüberdruss; der Tag eine einzige Tretmühle zwischen zwei Schlafphasen; das Gefühl, dass alle anderen hervorragend zurechtkommen und ich der einzige hoffnungslose Verlierer bin. Gegenwärtig befindet sich meine Stimmung auf normalem, das heißt erträglichem Niveau. Ich bin weit weg von dem Punkt, an dem üblicherweise der Film reißt, und bitte höflich darum, dass sie mein Rezept für 150 Milligramm eines Antidepressivums verlängert, damit das so bleibt.
    Beruhigt vertieft sie sich in die Details der Tests, in denen nach Biomarkern gefahndet wird. Sie sind anders als die Gentests, die ich bisher absolviert habe. Denn anders als Gitte Moos Knudsen und ihre Kollegen in der Hirnforschung interessieren sich die Leute in Lundbeck nicht für eine bestimmte, unveränderliche Sequenz in meinen Genen, sondern dafür, wie mein Organismus beschließt, diese zu übersetzen. Um diese Information zu bekommen, isolieren sie weiße Blutkörperchen und ermitteln die Zahl ihrer RNA-Moleküle, die bei der Transkription einer Gruppe ausgewählter Gene synthetisiert wurden; diese Zahl ist ein Maß dafür, wie viel von dem zugehörigen Protein gebildet werden kann.
    Das ist nicht traditionelle Genetik, sondern Epigenetik.
    »Das Zeitalter der Epigenetik

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