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Mein wundervolles Genom

Mein wundervolles Genom

Titel: Mein wundervolles Genom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lone Frank
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Einsatz gibt?
    Für die Kinder, die ganz unvorbereitet im Streit um Blutlinien einen Elternteil verlieren, ist es nicht leicht. Meist sind sie nicht darauf vorbereitet, ihre Verwandtschaft neu zu definieren. In dem Artikel wird ein junges Mädchen namens L. zitiert, die als Neunjährige erfuhr, dass der Vater, den sie ihr Leben lang kannte, nicht ihr leiblicher Vater war: »Zuerst machte es mir Angst, denn wenn mein Dad nicht mit mir verwandt war, dann lebte ich mit jemandem zusammen, der wie ein Fremder nicht zu meiner Familie gehörte.« 2
    Die Biologie prägt nicht nur die intimsten Familienbeziehungen. In einer viel diffuseren Form schleicht sie sich auch in das ein, was man als die erweiterte oder hyper-erweiterte Familie bezeichnen könnte: die ethnische Gruppe, das Volk. Ich wurde zum ersten Mal in den 1990er Jahren damit konfrontiert, als ich an der Upper West Side in Manhattan wohnte. Damals hielten mich alle für eine Jüdin, weil mein Nachname jüdisch sein könnte. Denken Sie nur an die unsterbliche Tagebuchschreiberin Anne Frank.
    Die Upper West Side ist ein stark jüdisch geprägtes Viertel mit vielen Synagogen. Am Freitagabend sah ich schwarz gekleidete alte Männer mit Schläfenlocken die West End Avenue hinauf und hinunter schlurfen, gefolgt von ihren Ehefrauen, die ihre Haare mit steifen Perückenverdeckt hatten. Die Menschen dort legten großen Wert auf ihre ethnische Zugehörigkeit. Ich kannte niemanden im Viertel, aber kaum stand mein Name ein paar Tage an der Wohnungstür, flatterten Flugblätter und Prospekte mit dem Davidstern und Menoras bei mir herein.
    Ich bekam Einladungen zu Veranstaltungen im Gemeindehaus und Briefe mit der Anrede »Liebe Ms Frank«, in denen ich aufgefordert wurde, mich verschiedenen jüdischen Organisationen anzuschließen. Einmal stieß ich an einem Nachmittag auf einen sehr kleinen älteren Herrn, der gerade dabei war, einen rosafarbenen Zettel in meinen Briefschlitz zu schieben. Ich teilte ihm höflich mit, dass er seine Zeit verschwendete; soweit ich wisse, stamme mein Name nicht von jüdischen Vorfahren. Tatsächlich hatte ich nur ein einziges Mal mit jüdischem Leben zu tun gehabt, als ich direkt nach der Schule ein halbes Jahr in einem israelischen Kibbuz verbracht hatte – und da erinnerte ich mich hauptsächlich an Alkohol und Partys.
    »Zu schade, aber Sie können natürlich nichts dafür«, sagte der alte Mann mitfühlend und legte mir eine Hand auf den Arm.
    Danach versiegte der Papierstrom, aber die besondere Verbindung, die genetische Verwandtschaft erzeugt, begegnete mir wieder – diesmal mit anderen Vorzeichen. Ich traf mich einige Male mit jüdischen Männern, die sich von nichtjüdischen Frauen stark angezogen fühlten, aber geradeheraus sagten, nie im Traum würden sie eine nichtjüdische Frau heiraten und Kinder mit ihr haben wollen. Keiner konnte mir eine überzeugende Erklärung geben, warum er so dachte. Wenn ich sie in meiner direkten und brutal ehrlichen Weise bedrängte, erwiderten sie, es habe gar nicht so sehr mit Kultur zu tun – Kultur könne man lernen – oder mit dem Glauben, denn keiner war gläubig. Einer Erklärung am nächsten kam einer, als er murmelte, »die biologische Verbindung zur Vergangenheit ist einfach wichtig«. Für ihn waren offenbar die Gene die Essenz eines Menschen.
    Eine ähnliche Haltung war in den letzten Jahren bei Afroamerikanern zu beobachten, die genetische Werkzeuge nutzten, um herauszufinden, woher genau ihre afrikanischen Vorfahren stammten. Es reichteihnen nicht, die allgemeine historische Erzählung von den Sklaven zu kennen, die zu Millionen an die Küsten Amerikas gebracht wurden, sich dort mit anderen Bevölkerungsgruppen vermischten und eine neue gemeinsame Kultur schufen. Nein, sie wollten die Verbindung zu einer konkreten Abstammungslinie – einem Land, einer ethnischen Gruppe oder, noch besser, einem bestimmten Stamm in einem bestimmten Dorf. Obwohl viele den afrikanischen Kontinent nie besucht haben, identifizieren sie sich stark mit einer entfernten biologischen Verbindung zum heutigen Ghana oder der Elfenbeinküste, Länder, die es zur Zeit des Sklavenhandels noch gar nicht gab.
    Dieses Interesse wurde durch Gentests von Prominenten noch angefacht. Der Schauspieler Chris Rock hat das genetische Orakel befragt und herausgefunden, dass seine Vorfahren sich nach Kamerun und zu dem Volk der Udeme zurückverfolgen ließen. Whoopie Goldberg kann seit einem DNA-Test 2007 von sich sagen, dass sie

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