Mein zärtlicher Ritter: Roman (German Edition)
Führung. Sie trieb ihr Pferd an, als wäre der Teufel persönlich hinter ihr her. Als sie es schließlich zügelte, schloss William zu ihr auf. Die Flanken seines Pferdes bebten.
»Ich danke Euch hierfür«, sagte sie und schenkte ihm ein Lächeln, bei dem ihm das Herz in der Brust eng wurde.
Sein Atem ging schnell, als er sie anstarrte. Sie war atemberaubend. Ihr Gesicht strahlte vor Glück, und ihr helles Haar schimmerte im Mondschein. In dem Moment, da sie die Arme ausbreitete, den Kopf in den Nacken warf und zu den Sternen hinauf lachte, hörte er ganz auf zu atmen.
Bevor er sich wieder im Griff hatte, war sie bereits von ihrem Pferd geglitten und zum Flussufer hinabgelaufen. Er band ihre Pferde an und folgte ihr. Jeden Gedanken daran verdrängend, wie gefährlich es für sie beide war, gemeinsam hier zu sein, breitete er auf dem feuchten Boden unter den Bäumen seinen Umhang für sie aus.
Den Blick auf den Streifen Mondlicht gerichtet, das von der sich sanft bewegenden Wasseroberfläche des Flusses weiter unten reflektiert wurde, saß sie schweigend neben ihm. Während sie den Fluss betrachtete, prägte er sich ihr Profil ein und atmete ihren Duft ein. Er glaubte, sie hätte seine Anwesenheit schon längst vergessen, als sie endlich das Wort erhob.
»Ich werde mich immer an diese Nacht erinnern«, sagte sie und drückte rasch seine Hand. »Ich werde sie als glückliche Erinnerung in meinem Herzen bewahren für die Zeit, wenn ich eine solche brauche.«
Er nahm ihre Hand, als sie ihn berührte, und ließ sie nicht mehr los.
Sie verstummte wieder, und er spürte, dass ihre Gedanken, anders als die seinen, weit in die Ferne schweiften. Bei seiner Erfahrenheit in puncto Frauen überraschte ihn seine heftige Reaktion auf dieses Mädchen. Alle seine Sinne waren hellwach und registrierten ihre Nähe – seine Haut vibrierte fast. Und doch empfand er tiefstes Glück dabei, in dieser kühlen Herbstnacht einfach nur hier mit ihr zu sitzen und auf den Fluss hinauszuschauen. Er wollte nie wieder von hier fort.
Als sie erschauderte, zwang er sich, den Bann zu brechen. »Euch ist kalt, und wir sind bereits zu lange weg. Wenn jemandem auffällt, dass Ihr nicht da seid …«
Er beendete den Satz nicht. Sie wusste so gut wie er, welche Katastrophe es bedeutete, wenn man sie erwischen würde. Resignierend ließ sie sich von ihm aufhelfen.
Sie ritten langsamer zurück, Seite an Seite dieses Mal und meistens schweigend. William versuchte, alles in seiner Erinnerung festzuhalten: den Mondenschein, den dunklen Fluss, das sanfte Schnauben ihrer Pferde. Das Mädchen würde er nie vergessen, das wusste er.
Die Wachen am Tor ließen sie wortlos ein. Als sie am Stall angekommen waren, half William ihr beim Absitzen. Das Gefühl, die Hände um ihre schlanke Taille zu haben, als er sie – unschicklich nahe – vor sich auf den Boden absetzte, brachte sein Herz zum Rasen und seinen Kopf zum Schwirren.
Er blickte auf sie herab, und ein so starkes Sehnen erfüllte ihn, dass ihm der Atem stockte. Sein Blick ruhte auf ihrem Mund. Erst als sie einen Schritt zurücktrat, wurde er sich bewusst, dass er drauf und dran gewesen war, sie zu küssen. Es wäre aus vielerlei Gründen verkehrt gewesen, dennoch wünschte er sich von ganzem Herzen, er hätte es getan. Seufzend ließ er sie dicht am Eingang stehen und führte die Pferde in den dunklen Stall.
Als er zurückkehrte, flüsterte sie: »Ich bin Euch zu großem Dank verpflichtet.«
»Meine Dame, ich würde Euch vor dieser Heirat bewahren, wenn ich nur wüsste wie.«
Er sprach übereilt, selbst überrascht, dass er die törichten Worte aussprach, die in seinem Herzen waren. Mit dem Schwert war er einer der besten Männer, doch in diesem Kampf hatte er keine Waffe, die er schwingen konnte. Eines Tages wäre er ein Mann, mit dem man rechnen musste, ein Mann mit Land und Macht. Doch als landloser Ritter würde er sie nur in Gefahr bringen, wenn er den Plänen des Königs zuwiderhandelte.
»Ich werde meine Pflicht tun und dem Wunsch meines Vaters und meines Königs Folge leisten«, sagte sie bestimmt. »Aber ich danke Euch für den Wunsch, es könnte anders sein.«
Er wünschte, er könnte sie besser sehen. Impulsiv streckte er die Hand aus und strich mit dem Finger die Rundung ihrer Wange entlang. Bevor er sich dessen bewusst war, was er tat, umfasste er ihr Gesicht mit beiden Händen. Er spürte, wie sie sich ihm entgegenlehnte. Und dieses Mal hielt er sich nicht zurück.
Sehr sanft
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