Mein zauberhafter Ritter
sich | bis jetzt mit Doktoren, Magistern und Bachelors und selbst hin und wieder mit einem Dekan getroffen, alles ohne Ausnahme Bekannte von Peaches. Und keiner dieser Männer - ebenfalls ohne Ausnahme - hatte ein Wiedersehen vorgeschlagen. Manchmal fragte sie sich, ob sie ihr Gegenüber wohl dadurch aus dem Konzept brachte, dass sie den Stoff seines Hemds ein wenig zu ausführlich musterte. Doch inzwischen hatte sie eher den Verdacht, dass sie einfach noch nie das Glück gehabt hatte, einem richtigen Mann über den Weg zu laufen.
Einem Mann wie diesem, der gerade auf dem Kampfplatz kniete und die wütenden Attacken eines Siebenjährigen abwehrte, der ein ziemlich abgewetztes Holzschwert schwenkte.
Pippa konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Montgomerys Schwert bestand ebenfalls aus Holz und schien eher für einen Menschen von der Körpergröße seines Gegners gemacht zu sein. Der Wettstreit dauerte nicht mehr lange, auch wenn Pippa aus Montgomerys Stöhnen beim Aufstehen schloss, dass er sich schon eine Weile hingezogen hatte. Er verbeugte sich tief vor dem Sieger — dem Aussehen nach Nicholas’ Sohn — und überreichte ihm sein Schwert, worauf der Junge Montgomery fest umarmte, seinen Bruder holte, der gegen seinen Vater gekämpft hatte, und mit stolzgeschwellter Brust zu einer an der Wand stehenden Bank stolzierte. Als Montgomery etwas zu Nicholas sagte, schaute dieser lachend in Pippas Richtung.
»Warte, jetzt bin ich dran«, rief Nicholas dem davongehenden Montgomery nach.
»Einen Moment«, erwiderte Montgomery über die Schulter gewandt. Er kam auf Pippa zu und verbeugte sich ebenso förmlich vor ihr wie gerade vor seinem Neffen. »Guten Morgen, Persephone«, sagte er lächelnd, »habt Ihr gut geschlafen?«
»Beängstigend gut«, gestand sie. »Es war ein Traum.«
»Nicholas hat Euch offenbar das gute Federbett gegönnt. Normalerweise bekommen die Gäste nur mit Reisig gefüllte Säcke, damit sie sich nicht bei uns einnisten.«
Pippa konnte es seinem Bruder nicht verdenken, denn Bett und Essen konnten einen wirklich in Versuchung führen, den Besuch ein wenig auszudehnen. Sie wies mit dem Kopf auf die Jungen. »Bildet Ihr die junge Generation aus?«
»Ja, das ist mein Neffe James«, antwortete Montgomery. »Vermutlich wird er bald so gut sein, dass ich mich mächtig ins Zeug werde legen müssen, um gegen ihn zu bestehen.«
»Ja, das ist wirklich ein ernstes Problem«, witzelte sie.
Er setzte zu einer Antwort an, hielt jedoch inne. »Eigentlich wollte ich jetzt mit meinem Bruder üben, aber wenn Ihr ...«
»Ob ich zuschauen möchte?«, unterbrach sie ihn. »Sehr gerne.«
Nach kurzem Zögern zuckte er die Achseln. »Falls es Euch nicht stört, nehme ich Euer Angebot an. Allerdings werde ich ihn bitten, mich nicht zu blamieren. Ich bin gleich zurück.«
Pippa musste gestehen, dass es sie nicht kümmern würde, wenn es ein wenig länger dauerte. Wenig später genoss sie, in eine von Lady Jennifer vorsorglich zur Verfügung gestellte Decke gehüllt, den sonnigen Tag und schielte verstohlen auf einen hinreißenden Mann, der viel zu beschäftigt war, um es zu bemerken. Was konnte eine Frau sich mehr wünschen?
Und so verbrachte Pippa den Großteil des Nachmittags damit, den jungen Lord Sedgwick anzuhimmeln. Und wenn sie die Dinge rein sachlich betrachtete, konnte sie nur feststellen, dass er das anziehendste Exemplar der Spezies Mann war, das sie je hatte anhimmeln dürfen. Er war gebaut wie sein Bruder, kämpfte wie sein Bruder und redete auch mittelalterlichen Unsinn wie sein Bruder. Die beiden waren wie Spiegelbilder, nur dass der eine blond und der andere dunkelhaarig war. Und außerdem waren sie offenbar gute Freunde. Vermutlich war es ein sinnvolles Geschenk von Nicholas gewesen, Montgomery einen Koch zu schicken, und der hatte ihm das offenbar nicht krummgenommen. Das Geplänkel der beiden erinnerte Pippa sehr an ihre und Peaches’ Kabbeleien ...
Der Gedanke versetzte ihr einen solchen Stich ins Herz, dass es ihr plötzlich den Atem verschlug. Sie war nicht sicher, warum, denn schließlich würde sie irgendwann nach Hause zurückkehren. Doch aus irgendeinem Grund sorgte allein die Vorstellung, ihre Schwester nie wiederzusehen, dafür, dass sie kräftig blinzeln musste, um die Tränen zu unterdrücken.
Pippa zog sich die Decke bis hoch ans Gesicht, nicht um ihre Miene zu verbergen, sondern weil ihr allmählich kalt wurde. Als ihr ein kühler Luftzug an den Hals wehte, erschauderte sie
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