Mein zauberhafter Ritter
ihm keinen Vorwurf machen konnte. Stephen ähnelte ihm so sehr, dass die beiden mühelos als Brüder hätten durchgehen können. Nun blieb Stephen ruckartig stehen und starrte seinerseits Montgomery an.
»Montgomery de Piaget, das ist dein Neffe Stephen«, verkündete Pippa, wobei sie Mühe hatte zu verhindern, dass sie vor Aufregung unbeherrscht zu zittern anfing. »Stephen, das ist Montgomery.« Sie hielt inne und sah Tess’ Kollegen an. »Ich glaube, sein Vater hat das Schloss deines Vaters gebaut.«
Stephen streckte eine fast unmerklich zitternde Hand aus. Pippa konnte nicht behaupten, dass die von Montgomery ruhiger gewesen wäre, als er die seines Neffen schüttelte. Allerdings ging alles so schnell, dass ihr nicht die Zeit für längere Betrachtungen blieb. Im nächsten Moment waren die beiden in ein Männergespräch vertieft, doch Pippa achtete kaum darauf. Sie war zu sehr damit beschäftigt, es nicht überzubewerten, dass Montgomery wieder den Arm vor sie hielt und sie zurückschob, bis sie ein Stück hinter ihm stand. Und auch dass er die Hand um ihr Handgelenk schloss, wie um sie an der Flucht zu hindern, hatte sicher nichts zu bedeuten. Es hätte sie nicht gewundert, wenn er sein scharfes Schwert gezogen hätte, um zu zeigen, wer hier der Herr im Hause war, doch vermutlich fand selbst er, dass er damit einen Schritt zu weit gegangen wäre.
Als sie ihre Schwestern ansah, stellte sie fest, dass die beiden verdattert zwischen Montgomery und Stephen hin und her schauten. Peaches gelang es, den Blick lange genug von den Männern abzuwenden, um Pippa anzusehen.
» Wow «, formte sie mit den Lippen.
Pippa lächelte nur. Schon wieder.
»Vielleicht möchtet Ihr ja etwas essen, Mylord?«, meinte Stephen.
»Später, wenn du nichts dagegen hast«, erwiderte Montgomery ebenso höflich. »Eigentlich bin ich hier, um mit dieser bezaubernden Frau zu tanzen. Persephone, erweist du mir die
Ehre?«
Pippa stellte fest, dass Montgomery mit ihr sprach, obwohl es einen Moment dauerte, bis sie seine Frage verstand. Sie lächelte, und es verschlug ihr noch immer den Atem.
»Möchtest du wirklich nicht zuerst etwas essen?«, fragte sie.
»Später, nachdem ich mich ausreichend an dem Anblick erfreut habe.«
Sie holte tief Luft und versuchte, ihre übersprudelnden Fantasien im Zaum zu halten. Vielleicht meinte er ja nur den Saal.
Schließlich machte der um einiges mehr her als zu seiner Zeit. Möglicherweise interessierte er sich ja auch für Stephen, für Tess’ Gäste oder für ihre Schwestern. Oder er wollte ihr nur ihre Schuhe überbringen und sich eine Kostprobe des 21. Jahrhunderts gönnen, bevor er sich eilig aus dem Staub machte, um sich nicht in eine männliche Version von Aschenputtel zu verwandeln.
Andererseits war es ihre Hand, die er hielt, als er sie durch den Rittersaal führte. Und es war ihre Hand, die er auch nicht losließ, während sie darauf warteten, dass das nächste Stück begann. So sehr sie auch versucht war, ihn noch einmal wegen seiner Verlobten in die Mangel zu nehmen, sah sie ein, dass das die Stimmung nur verdorben hätte. Schließlich war dieser Mann mehr als acht Jahrhunderte weit gereist, nur um ihr ihre Schuhe zu bringen. Und jetzt wollte er mit ihr tanzen. Also konnte sie ihm wenigstens diesen Gefallen tun.
Sie schmunzelte, als die Musiker ein Lied anstimmten, das sie ein wenig an Wyckham erinnerte. »Ich glaube, das kenne ich.«
»Darauf würde ich wetten, meine Liebe.«
Sie stellte fest, dass sie die Tanzschritte zwar eigentlich beherrschte, sich jedoch nicht darauf konzentrieren konnte. Das mochte etwas damit zu tun haben, dass ihr Blick ständig auf Montgomery ruhte. Noch immer hatte sie keine Ahnung, was er hier wollte. Nur wegen ihrer Schuhe den ganzen weiten Weg zurückzulegen war wohl eine der unglaubwürdigsten Begründungen ...
Stolpernd kam sie zum Stehen.
Das war doch zu sehr wie im Märchen, oder?
»Persephone?«
Sie lächelte ihn an und tat ihr Bestes, um sich zusammenzunehmen. Allerdings wurde das mit jedem Mal schwieriger, wenn sie seine Hand im Vorbeitanzen berührte oder ihm ins Gesicht sah. Der Blick, mit dem er sie fixierte, war sogar noch eindringlicher als die gebannte Miene, mit der ihr Vater die
Nahtstellen der Plexiglashülle mit seinem signierten Abbey-Road-Album darin begutachtete. Nein, diese Intensität war etwas ganz Außergewöhnliches.
Zum Glück endete die Musik, bevor sie Gelegenheit hatte, sich bis auf die Knochen zu blamieren. Als sie
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