Mein zauberhafter Ritter
Montgomery de Piaget verhindern wollte, aber sie beließ es dann dabei, schaudernd auszuatmen. »Das hätte doch auch ein netter Mann sein können.«
»Nette Männer überfallen keine Frauen.«
»Vielleicht wollte er sich nur zu mir setzen.«
Montgomery spitzte die Lippen. »Dann hätte er fragen müssen. Da er das nicht tat, musste er dafür bezahlen. Nun, ich denke, es wäre besser, Ihr würdet Euch an das Feuer im Rittersaal setzen.«
Nicht, wenn dieser Rittersaal nicht der ihrer Schwester war, nicht über fließendes Wasser und ein prasselndes Kaminfeuer verfügte und stattdessen einige grobschlächtige Schauspieler beherbergte. Pippa atmete tief durch und beruhigte sich ein wenig. »Ich würde lieber hier bleiben, wenn es Euch nichts ausmacht. Ich brauche frische Luft.«
Er zögerte und zuckte dann mit den Schultern. »Wie Ihr wollt.« Er stieg über den Baumstamm, rief nach jemandem, der sich um sie kümmern sollte, und ging dann zurück auf den Kampfplatz.
Als Pippa sich zitternd wieder setzte, wurde ihr bewusst, dass sie sich nicht einmal bei ihm für ihre Rettung bedankt hatte. Sie würde es nachholen, sobald sie zwei zusammenhängende Wörter herausbringen konnte, ohne dabei wieder einen hysterischen Anfall zu erleiden. Sie wandte den Blick von dem Extremsport ab, der vor ihr stattfand, und starrte auf die Burg ihrer Schwester, die bei Weitem nicht mehr so makellos und prächtig aussah, wie sie sollte. Es war eindeutig die Burg ihrer Schwester, aber irgendwie war sie das auch nicht.
Es war, als wären die Burg - und sie selbst - aus ihrer Zeit gezogen und in eine ganz andere Wirklichkeit verpflanzt worden, in eine Zeit, in der die Menschen nicht viel über ihr Tun nachdachten, sondern mit scharfen Klingen aufeinander losgingen und das nicht merkwürdig fanden. Aber so etwas gehörte in ein Buch; es war nichts, was in der Realität passierte.
Oder doch?
Sie wünschte, sie könnte aufhören, das infrage zu stellen, aber allein die Worte zu formulieren beruhigte sie mehr, als sie für möglich gehalten hätte. Es war nicht möglich. Realität war Realität, und ein Raum-Zeit-Kontinuum drängte sich nicht einfach dazwischen. Zumindest nicht in ihrem Leben.
Andererseits war es nicht leicht, alles zu ignorieren, was sich direkt vor ihren Augen abspielte. Cindi mochte an einer wahnhaften Störung leiden, aber sie selbst war im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte. Sie saß auf einem rauen, unbequemen Baumstamm und trug eine Tunika und eine Strumpfhose, die aus irgendeinem Material auf einem altmodischen Webstuhl gewebt worden waren. Der Umhang, der erstaunlich warm war, war ebenfalls handgefertigt und von recht guter Qualität. Das Klirren der Stahlklingen war deutlich zu hören, und das Fluchen der Männer in einem französischen Akzent, der ihr nicht wirklich vertraut war, schien kein Produkt ihrer Fantasie zu sein. Anscheinend glaubten diese Männer tatsächlich, lediglich ihr normales Tagespensum zu absolvieren.
Aber war es wirklich möglich, dass sie in eine andere Realität transportiert worden war? Oder in eine andere Zeit?
Sie dachte an die glitzernden Funken, die sie und Cindi umgeben hatten, aber war das nicht der Glitter gewesen, den Tess zum Abschied über die Mädchen gestreut hatte? An diesem Abend hatte sie nichts Außergewöhnliches verspürt — außer dem Verlangen, ihre Schwester in den See zu werfen, um sich mit einem sehr netten Mann ungestört unterhalten zu können. War da vielleicht eine Sternschnuppe gewesen, bei deren Auftauchen sie sich versehentlich etwas gewünscht hatte? Oder hatte sich hinter den Büschen eine gute Fee versteckt, die sie nicht bemerkt hatte?
Sie erstarrte.
Sie hatte sich tatsächlich etwas gewünscht. Sie hatte sich einen Mann gewünscht, der eine zweite Verabredung mit ihr haben wollte. Und irgendetwas — wahrscheinlich ihr Karma -hatte davon Wind bekommen. Vielleicht war das die nächste Katastrophe, auf die sie bereits gewartet hatte. Möglicherweise war der Glücksfall, dass Stephen de Piaget tatsächlich ihre Entwürfe mochte, so gewaltig, dass sie dafür vorzeitig schon in der Hölle büßen musste. Vielleicht musste sie erst den Preis dafür bezahlen und bekam dann eine Fahrkarte zurück in ihr eigentliches Dasein. Danach würde ein herrliches Leben auf sie warten, und ihre derzeitige Zwangslage wäre nur noch ein böser Traum.
Die Voraussetzung dafür, ihr zukünftiges wundervolles Leben genießen zu können, war allerdings, dass sie irgendwie
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