Mein zauberhafter Ritter
nicht sicher, ob Ihr das wirklich wissen wollt, aber ich sage es Euch trotzdem. Ich habe soeben über Euch nachgedacht.«
Er rückte auf seinem Stuhl hin und her, als wäre ihm dieses Thema unangenehm. »Ich bin kein sehr interessantes Gesprächsthema, aber ich werde Eure Fragen beantworten, wenn Ihr mir meine beantwortet.« Er neigte den Kopf und schaute sie an. »Das ist doch ein angemessenes Angebot, oder?«
»Das kommt ganz darauf an, wie weit Eure Hände von Eurem Schwert entfernt sind.«
Fr deutete auf sein Schwert, das in einer Ecke an der Wand lehnte. »Ihr seid näher dran, als ich es bin.«
»Ich glaube nicht, dass ich damit umgehen könnte, selbst wenn ich die Möglichkeit dazu hätte.«
»Ihr wärt vielleicht überrascht.« Er griff nach unten und zog seine beiden Messer aus den Stiefeln. Sie steckten in Scheiden aus abgewetztem Leder, und auch die Griffe zeigten, dass sie schon oft benutzt worden waren. Er hielt sie ihr hin. »Fühlt Ihr Euch sicherer, wenn Ihr sie bei Euch habt?«
Sie war sich nicht sicher, aber sie hatte nicht vor, darüber zu diskutieren. Und sie wollte auch nicht ansprechen, dass ihr aufgefallen war, wie langsam und sorgfältig er mit ihr sprach, so als befürchtete er, sie könnte ihn nicht verstehen. Offensichtlich hatte er keine Ahnung, woher sie stammte - und aus welcher Zeit sie kam. Wahrscheinlich hielt er sie für eine Zofe, die nicht gerade sehr helle war. Das war nicht sehr schmeichelhaft für sie, aber sie nahm es ihm nicht übel. Welchen Grund sollte er haben, anders über sie zu denken? Sie legte die Messer auf ihren Schoß und versuchte zu lächeln.
»Ihr fangt an«, forderte sie ihn auf. »Wo seid Ihr aufgewachsen?«
Er betrachtete eine Weile seine Hände und sah dann auf. »Das Schloss liegt im Norden. Es heißt Artane und gehört meinem Vater. Ist es Euch bekannt?«
Pippa wusste, dass sie sich nicht gut darauf verstand, ihre Reaktionen zu verbergen. In Tante Ednas Speicher hatte sie unzählige verbotene Kartenspiele mit ihren Schwestern gespielt und kein einziges gewonnen. Moonbeam hatte das beste Pokerface gehabt, gefolgt von Tess und Peaches. Ihr war es jedoch nie gelungen, ihre Freude oder ihre Enttäuschung zu verheimlichen.
Und jetzt war es ihr wohl auch nicht gelungen, ihre Überraschung zu verbergen.
»Ich war einmal in der Nähe«, brachte sie schließlich mühsam hervor, nachdem sie über eine vernünftig klingende Antwort nachgedacht hatte. »Mit meinen Eltern.« Sie wagte nicht zu sagen, dass sie Montgomery dort gesehen hatte, als er bei Sonnenaufgang dastand und ihr wie eine Gestalt aus einem Traum vorgekommen war. »Es ist sehr groß«, fügte sie hinzu. »Und sehr beeindruckend.«
Er zuckte die Schultern. »Als Kind habe ich mir darüber keine Gedanken gemacht. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, den Schwertkampf zu erlernen und mich nicht von meinen Brüdern umbringen zu lassen.«
Sie lächelte. Das konnte sie sich gut vorstellen. »Wie viele Brüder habt Ihr?«
»Vier ältere Brüder und zwei ältere Schwestern.«
»Ihr seid das Nesthäkchen?«
»Kaum zu glauben, nicht wahr?«
Sie lachte kurz auf, zwang sich aber dann dazu, wieder ernst zu werden, als sie begriff, dass sie kurz davor stand, sich in seiner Gegenwart richtig wohlzufühlen. Sie war nicht auf der
Suche nach einem Mann, und selbst wenn, dann käme er für sie nicht infrage.
Wirklich nicht.
Rasch versuchte sie, sich etwas Unverfängliches einfallen zu lassen. »Ihr seid also an der Küste in diesem herrlichen Schloss aufgewachsen, und Euer Vater ist ein berühmter Mann.«
Er nickte leicht.
Sie warf ihre Bedenken über Bord. Wenn sie ihre Stimme genügend desinteressiert klingen ließ, würde er sich bei der Frage vielleicht nichts denken. »Wann seid Ihr geboren?«, erkundigte sie sich beiläufig.
»Im Jahre unseres Herrn 1213.«
So etwas hatte sie schon erwartet, aber es schockierte sie trotzdem. Wie sehr sie das mitnahm, begriff sie erst, als Montgomery ihr seine Messer und den Bierkrug abnahm. Sie zitterte so stark, dass sie beinahe vom Stuhl gefallen wäre.
Er hob sie mitsamt dem Stuhl hoch, brachte sie näher ans Feuer, setzte sich auf einen Hocker und nahm ihre Hände in seine. »Ihr habt Euch erkältet.«
»Mir geht es gut«, erklärte Pippa mit klappernden Zähnen. Seine Hände waren schwielig, wahrscheinlich von den vielen Übungen mit dem Schwert, die er seit 1213 durchführte. Es war kaum zu fassen, aber die Wahrheit ließ sich nicht mehr
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