Mein zukünftiger Ex
Oben auf dem Hügel schreitet Nick nervös im Schnee auf und ab. Dann sieht er Blythe, und alles verlangsamt sich zu einer warmen, verschwommenen Zeitlupe, bis sie einander in den Armen liegen und sich drehen und drehen, auf eine Weise, bei der einem schon vom Zuschauen schwindelig wird …
Tja, es könnte doch so passieren, oder etwa nicht?
»Also gut, mit der Petersilie sind wir fertig.« Blythe wischte sich die Hände an ihrer blaugestreiften Schürze, zählte die Töpfe ab und sah auf ihrer Liste nach. »Geflügel stopfen, erledigt. Brotsoße, erledigt. Chipolatas, Speck und Zwiebeln anbraten, erledigt, erledigt, erledigt. Was machen die Karotten?«
»Fertig.« Es war lächerlich viel Arbeit für eine einzige Mahlzeit, aber das war eben Tradition. Sie genossen beide dieses Ritual des Kochens. Lola stellte sogar fest, dass sie zwar beglückt in ihren Weihnachtsträumen geschwelgt, aber nebenher gleichzeitig so viele Karotten geschält und klein gehackt hatte, um die ganze Straße damit versorgen zu können.
»Soll ich nachgießen?« Blythe nahm die Flasche mit dem prickelnden
Freixenet
aus dem Kühlschrank und füllte ihre Gläser erneut auf. »Der Rock steht dir wirklich sehr gut. Und der Gürtel passt perfekt dazu. Ach, Schätzchen, ich liebe dich so sehr, lass mich dich umarmen.«
Mum, rate mal, wessen Nummer ich in meinem Handy gespeichert habe …?
Mum, erinnerst du dich noch daran, wie ich geboren wurde …?
Mum, manchmal trifft man doch jemand, den man seit Jahren nicht gesehen hat …«
Die richtigen Worte wollten sich einfach nicht einstellen. Während Blythe sie in die Arme nahm, beschloss Lola, bis nach dem Mittagessen zu warten. Vielleicht konnte sie an diesem Nachmittag, wenn sie sich gemeinsam vor dem Kamin entspannten und Trüffelpralinen aßen, beiläufig das Gespräch auf das andere Geschlecht im Allgemeinen bringen, dann auf ehemalige Freunde im Besonderen und wie diese sich verändert hatten, seit man sie das letzte Mal gesehen hatte, und zu guter letzt …
»Oh, ich gehe ran.« Blythe schoss durch die Küche, als das Telefon läutete. »Das ist wahrscheinlich Malcolm, der von seiner Schwester in Cardiff anruft.«
Es war Malcolm. Lola schob sich ein Stück Karotte in den Mund, gab den Rest in den Topf mit dem gesüßten und gesalzenen Wasser und ging nach oben ins Badezimmer. Als sie wieder nach unten kam, hatte ihre Mutter aufgelegt.
»Was ist passiert?«, fragte Lola.
»Nichts ist passiert.« Blythes Sommersprossen schienen immer dann besonders hervorzustechen, wenn sie Schuldgefühle quälten. »Das war Malcolm.«
»Ach ja, er ist bei der Familie seiner Schwester in Cardiff.« Malcolm war geschieden, und sein Sohn diente bei der Armee und war im Ausland stationiert.
Blythe lehnte sich gegen den Geschirrspüler. »Das war er, aber jetzt ist er wieder hier. Die Schwiegermutter seiner Schwester hat gestern Nachmittag einen Herzinfarkt erlitten, und sie mussten sie ins Krankenhaus nach Glasgow bringen. Die Arme liegt jetzt auf der Intensivstation. Es steht auf der Kippe. Und der arme Malcolm«, fuhr Blythe inständig fort, »er musste gestern Nacht den langen Weg von Cardiff zurückfahren, und jetzt sitzt er ganz allein zu Hause.«
Lola spürte, wie sich ein ungutes Gefühl in ihrem Magen ausbreitete, wie Wasser, das spiralförmig in einem Abfluss versank.
»Kannst du dir das vorstellen?« Blythe bekam große Augen. »Am ersten Weihnachtstag.«
Es lag auf der Hand, was als Nächstes kommen würde. Lola wollte »
Neeeeein!
« rufen und hasste sich dafür. Sie wünschte, sie wäre weniger selbstsüchtig, wäre großzügiger, einer dieser wirklich gütigen Menschen, die keine Sekunde lang zögerten, um von sich aus das vorzuschlagen, was Blythe mit absoluter Sicherheit gleich vorschlagen würde.
»Ganz allein«, lieferte Blythe das Stichwort.
Die frustrierte Zehnjährige in Lola stampfte mit dem Fuß auf und brüllte, das ist nicht fair, das ist
unser
Weihnachten und jetzt ist es verdorben.
Die erwachsene, rationale 27 -jährige Lola spielte mit einem Teelöffel. »Hat er denn keine Freunde, mit denen er den Tag verbringen kann?«
»Vermutlich will er niemand zur Last fallen.« Ihre Mutter legte den Kopf schräg, der Strassohrring, den Lola ihr bei Butler and Wilson gekauft hatte, funkelte in ihrem kupferfarbenen Haar. »Jeder hat doch seine eigene Familie.«
Und warum muss er sich ausgerechnet unsere aussuchen, heulte die eigensinnige zehnjährige Lola. Nein, Mummy, mach,
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