Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine 500 besten Freunde

Meine 500 besten Freunde

Titel: Meine 500 besten Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Adorján
Vom Netzwerk:
Voss. Und zu Blacher gewandt: »Yoko, meine Frau. Und Ihren Namen habe ich vergessen, würden Sie ihn bitte freundlicherweise …« »Ruben Blacher«, sagte Blacher. Er hatte Mühe, die neue Information zu verarbeiten. »Blacher«, wiederholte Voss nickend, »Herr Blacher«. »Guten Tag, sehr erfreut«, sagte die Frau, die Voss’ Ehefrau war. Blacher wollte aufstehen, um ihr die Hand zu geben, stieß jedoch in der Aufregung heftig mit dem Knie gegen die Tischkante, was so wehtat, dass er sich wieder setzte. »Haben Sie sich wehgetan?« Frau Voss sah ihn besorgt an. »Bitte, bleiben Sie sitzen.« Blacher lächelte verwirrt, ihm war eben etwas eingefallen. Er griff in seine Tasche, die er immer noch über der Schulter trug, zog sein Portemonnaie hervor und nahm eine Visitenkarte heraus. Diesmal zog er den Stuhl ein Stück zurück, bevor er aufstand, um sie Voss zu überreichen. Während er dies tat, hielt er den Kopf bescheiden gesenkt, bis ihm auffiel, dass er gerade eine japanische Sitte imitierte und er sich schnell wieder aufrichtete. Voss nahm die Karte und studierte sie kurz. »Ruben Blacher«, murmelte er. »Schön, schön«. Er zog eine Schublade auf und ließ die Karte darin verschwinden. Blacher setzte sich wieder. »Sie haben dieses schöne Drehbuch geschrieben«, sagte Frau Voss im Ton einer Feststellung. »Es hat meinem Mann gut gefallen.« Blacher sah zu Voss. Dem war nicht anzumerken, ob er zuvor gelogen hatte oder u, hatte seine Frau es gerade tat. »Ach so?«, sagte Blacher. Keine Reaktion von Voss. »Also dann.« Mit diesen Worten verabschiedete sich Frau Voss, bewegte sich anmutig einige Schritte rückwärts in Richtung Tür, bis sie sich schließlich umdrehte und den Raum verließ. Die Männer schwiegen, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    »Ich wusste gar nicht, dass Sie wieder geheiratet haben«, sagte Blacher und steckte sein Portemonnaie wieder in die Tasche. Voss ließ diese von Blacher sofort bereute Indiskretion unkommentiert und goss sich eine Tasse Kaffee ein, ohne seinem Gast etwas anzubieten, was vielleicht doch ein Kommentar war. Er ploppte zwei Süßstofftabletten aus dem Döschen und rührte um. Absolute Stille im Raum, kein Geräusch außer dem Löffel, der gegen das Porzellan pochte. Dann lehnte Voss sich in seinem Ledersessel zurück. »Also«, sagte er. »Erzählen Sie mir von sich. Wer sind Sie, was treibt Sie um?«
    Blacher, überrascht: »Mich? Von mir?«
    Keine Reaktion von Voss.
    »Ja, was kann ich da erzählen … Also, ich heiße …«
    Voss winkte ab.
    »Also«, setzte Blacher neu an, »ich studiere seit vier Jahren Regie an der AFF, der Akademie für Film und Fernsehen. Ich komme ursprünglich aus München. Mein Vater war Inspizient an den Kammerspielen, vielleicht kennen Sie …«
    Voss hob abwehrend die Hand und deutete dann auf das unter Blütenblättern begrabene Drehbuch.
    »Ja, also …« Blacher setzte sich auf seinem Stuhl etwas weiter nach vorne. Erst jetzt nahm er die Ledertasche von der Schulter, wobei er mit dem Kopf unter dem Träger durchtauchen musste, eine Geste, die ihm ungeschickt und linkisch vorkam. »Sie haben es nicht gelesen?«, vergewisserte er sich nochmals, nachdem er die Tasche auf den Knien zurechtgerutscht und den Riemen geschlossen hatte.
    In Voss’ Gesicht regte sich nichts.
    »Also …«, sagte Blacher. »Hm … Wie fange ich am besten an … Ich erzähle es einfach noch mal ganz, ja? Es ist ein Einpersonen-Stück.« Voss’ Blick irritierte ihn, und er sprach lauter weiter. »Ein Einpersonen-Stück. Es handelt von einem Mann, von einem älteren Mann, der alleine lebt und relativ einsam ist. Um nicht zu sagen verdammt einsam. Er hat keine Freunde, keine Bekannten, jedenfalls tauchen keine auf, vielleicht sind alle schon gestorben, das bleibt offen. Auf jeden Fall entwickelt er im Laufe des Films eine Beziehung zu den Geräuschen, die er aus der Wohnung über ihm hört.«
    Strenger Blick von Voss.
    »Der Mann wohnt in einem Mehrparteien-Mietshaus. Die Stadt ist egal, es kann Berlin sein. Er kennt seine Nachbarn nicht, weiß nicht, wer über ihm wohnt. Aber er weiß, dass dort jemand wohnt. Denn er hört, wann diese Person aufsteht. Er hört, wann sie in der Wohnung herumläuft. Und auch, wann sie zu Bett geht. Und er entwickelt eine Beziehung … Wie ja bereits gesagt.«
    Leises Knurren von Voss.
    »Soll ich weiter …? Oder reicht das erst mal?«
    »Es ist immer schlecht, wenn der Schauplatz nicht geklärt ist.« Voss’

Weitere Kostenlose Bücher