Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine 500 besten Freunde

Meine 500 besten Freunde

Titel: Meine 500 besten Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Adorján
Vom Netzwerk:
auch fort, und Herr Bartholomé sah nachdenklich aus. »Ich überlege gerade, ob ich nicht was Kleines schreiben soll über den heutigen Abend, was meinen Sie?« Er sah sie an. »Will man das lesen? Ich über Liza Minnelli? Könnte das irgendjemanden interessieren?« Eine tiefe Sorgenfalte grub sich senkrecht zwischen seine Brauen.
    Angie hatte sich schnell wieder gefangen. »Natürlich«, sagte sie, »das will man unbedingt lesen. Ich würde das total gerne lesen. Ich meine, Sie kennen sich doch auch wirklich sehr gut aus.« Er schien noch nicht restlos überzeugt. »Haben Sie sich denn Notizen gemacht, mit denen ich etwas anfangen könnte?«, fragte er. »Ja, klar, die kann ich Ihnen geben«, sagte Angie, »ich hoffe nur, Sie können meine Schrift entziffern.« »Hm, ich weiß nicht, ich weiß nicht.« Er schüttelte den Kopf, »Quast hatte sie heute Nachmittag zum Exklusiv-Interview.« »Aber man will doch wissen, wie Sie das Konzert fandenie ul«t fande, sagte Angie, die in diesem Moment fühlte, dass der Vodka zu wirken begann. »Man will unbedingt wissen, wie Sie das Konzert fanden, ganz egal, wer die sonst noch alles getroffen hat oder wer sonst noch schreibt. Das wollen die Leser doch wissen. Von Ihnen.« »Meinen Sie?«, fragte er zweifelnd. »Hm, ja, vielleicht haben Sie recht.«
    In diesem Moment brandete der Applaus wieder auf, denn Liza Minnelli hatte die Bühne wieder betreten und bewegte sich zurück in die Mitte des Scheinwerferkegels. Sie wartete, bis der Applaus sich beruhigt hatte, kletterte wieder auf den Hocker und hauchte »Thank you« ins Mikrophon. Dann fasste sie sich in einer großen Geste ans Herz. »You know«, sagte sie, »there are good times and there are bad times, but it’s really true, what they say …« Sie schien durch die hintere Saalwand hindurch in eine weite Ferne zu sehen. »The dreams that you dare to dream really do come true.« In den vorderen Reihen wurde wissend geklatscht, und schon erklangen die ersten Takte von »Somewhere over the Rainbow«.
    Angie schloss die Augen und versuchte, sich trotz des leichten Schwindelgefühls, das sie plötzlich überkam, zu konzentrieren. Okay, würde sie also nicht über das Konzert schreiben. Umso besser, dann musste sie sich auch »Cabaret« nicht noch schnell ansehen. Okay, er wollte ihre Notizen haben. Sie würde sie morgen früh ins Reine schreiben, um hoffentlich intelligente Anmerkungen ergänzt. Dafür war Christine weg, dieser Herr Quast ebenfalls, jetzt war sie endlich mit Herrn Bartholomé allein. Ganz plötzlich drehte sie sich zu ihm. »Herr Bartholomé?« »Ja?« Auf einmal verließ sie der Mut, doch jetzt war es zu spät, der Satz, den sie im Kopf hatte, war in ihren Gedanken bereits ausgesprochen und sich jetzt noch zu stoppen, hätte eine Entschlusskraft erfordert, die sie im Moment nicht hatte. »Sie können alles mit mir machen.« Oh Gott, zu spät, nun hatte sie es gesagt. Herr Bartholomé sah wieder in Richtung Bühne. Ob er sie verstanden hatte? Sie spürte den Impuls, den Satz zu wiederholen, doch irgendetwas hielt sie zurück.
    Liza Minnelli sang immer noch »Somewhere over the Rainbow«, es war warm im Saal, und auf einmal erschien ihr alles um sie herum wie ein Traum. »Ich sehe Sie morgen in der Redaktion«, hörte sie Herrn Bartholomé sagen, und als sie zu ihm sah, nickte er ihr zu, es wirkte aufmunternd, vielleicht lag auch etwas wie Mitleid in seinem Gesichtsausdruck. Bevor sie reagieren konnte, hatte er sich umgedreht. Nach ein paar Schritten wandte er sich noch mal nach ihr um. Er machte eine Geste, die aussah, als schriebe er auf einen Block und rief »Notizen«. »Bring ich mit«, rief Angie. Er hob einen Daumen.
    Als sie ihn Sekunden später durch die Saaltür hinausgehen sah, meinte sie, vor ihm eine blonde Frau gehen zu sehen. Sie versuchte, noch einen Blick auf sie zu erhaschen, doch es standen zu viele Leute im Weg.



JELENA
     
    Im Bett, sagte sie, pfeife sie auf die Genfer Menschenrechtskonvention. Da wusste er, dass er bei ihr richtig war.
    Er hatte sie vor zwei Stunden kennengelernt. Sie war blond und schlank, ihr Atem roch nach Zigaretten und Kau augummi, und sie machte exakt das beim Küssen, was Christoph verrückt machte: näherte ihren Mund, leicht offen, verharrte jedoch eine Weile, ohne ihn auf seine Lippen zu bringen. Sie standen ganz hinten auf der Tanzfläche einer Bar, in der es an diesem Abend zum Tanzen zu voll war, ihre Hände steckten in den hinteren Taschen seiner Jeans, und

Weitere Kostenlose Bücher