Meine allererste Scheidung

Aber was soll ich Ihrer Meinung nach eigentlich tun?«
    »Ich will natürlich, dass Sie herkommen«, sagte er laut, bevor er in Panik geriet und seine Stimme dämpfte.
    »Jetzt? Auf keinen Fall«, erwiderte sie honigsüß, ließ ihr Video ein Stück zurücklaufen und beobachtete noch einmal, wie der Cowboy in den Sonnenuntergang ging. »Ich habe wirklich alle Hände voll zu tun, um mein Exposé für Sie fertig zu bekommen. Erinnern Sie sich?«
    »Exposé«, wiederholte er, um Zeit zu schinden. »Das Exposé …«, fügte er vage hinzu, womit er sie bewusst reizte.
    »Für die neue Show«, erklärte Caitlin ungeduldig. »Sie wollen es sehen«, sprach sie mit Nachdruck weiter. Ärger stieg in ihr auf. Sei ein braves Mädchen, Caitlin, dachte sie. Spiel mit. Sei eine Heldin. Wenn sie nicht mitspielte, könnte er sich weigern, ihre Präsentation anzusehen. Obwohl er ihr bereits sein Wort gegeben hatte.
    Aber wann hatte ein Versprechen Kevin jemals daran gehindert, es sich anders zu überlegen, ging ihr durch den Kopf. Er würde lediglich eins seiner Gedächtnisprobleme entwickeln.
    »Was? Vergessen Sie Ihre Präsentation. Ich brauche Sie heute hier«, verlangte er. »Wir haben große Probleme beim Casten von Date Squad .«
    »Offensichtlich. Ich habe die Show letzte Woche gesehen.« Sie hatte erstaunt festgestellt, dass in ihrer familienfreundlichen Show jetzt (neben einigen Lolitas und Kennedy, der Kama-Sutra-Beraterin) zwei Leute mitspielten, die man zum Wohle der Nation von den Fernsehbildschirmen hätte fernhalten sollen – und auch zu ihrem eigenen Wohl. Ledige Zwillinge mit Tätowierungen, schlechten Zähnen und abartigen Frisuren hatten sich auf dem Bildschirm einen sehr unerfreulichen Kampf darum geliefert, einen Suppenlöffel richtig zu benutzen – die Zuschauer waren entsetzt gewesen, die Polizei machte jetzt im ganzen Land Jagd auf sie, und die Etikette-Expertin der Show war nach wie vor traumatisiert. Journalisten eines konkurrierenden Senders hatten der Katastrophe nachgespürt und eine Geschichte über die unsauberen Geschäfte eines der Zwillinge gesendet. Sie waren Berichten zufolge beide auf der Flucht und verschanzten sich gegenwärtig im Pub einer viktorianischen Kleinstadt, nachdem ihre Geiseln (keine Geringeren als die ihnen von Date Squad zugedachten Mädchen) ihnen entkommen waren. Gus und Carol hatten sie über die Geschichte auf dem Laufenden gehalten, die man das ganze Wochenende über in den Nachrichten verfolgen konnte.
    »Hält sie sich für Jerry Springer, diesen verrückten Bürgermeister mit seiner grässlichen Talkshow?«, jammerte er, ohne sich darum zu kümmern, dass ihn jemand hören könnte.
    »Wir fanden es alle schrecklich«, fuhr Caitlin fort. »Die Kinder – selbst meine Mum hat diese Typen gehasst. Und sie hasst sonst niemanden.« (Bis auf Max, korrigierte sie sich.) »Sarah meinte, sie hätten schlechte Energie. Sie sollten bei Steckbrieflich gesucht auftreten. Wie konnten Sie das zulassen?«
    »Sie waren ja nicht da«, sagte er grollend. »Sie sagte, es wäre ihrer Meinung nach gut für die Zuschauer, einen Autounfall zu beobachten.«
    »Weißt du, Kevin, ein Autounfall mit blutigen Leichen funktioniert in unserer Welt zurzeit nicht. Wir haben jeden Tag genug Katastrophen. Wir werden förmlich überschwemmt davon. In den Nachrichten. In der Politik. Es passieren täglich grauenhafte, tragische Unfälle und Verbrechen, Kevin. Die Zuschauer brauchen einen Bereich, in dem sie sich wohlfühlen können, vor allem in einer Show, die an Voyeurismus grenzt. Sie wollen sich nicht auch noch in Liebesdingen mies fühlen, Kevin. Das ist ihre letzte Hoffnung.«
    Er schnaubte.
    »Na schön, für mich gab es kein Happy End. Aber warum sollte ich die Show ruinieren? Wir wollten, dass Liebe im Mittelpunkt stand. Wir haben wunderbar angefangen, das Publikum war begeistert und kam nicht auf die Idee, abzuschalten .« Sie musste sich regelrecht zusammenreißen, um nicht vor Wut mit dem Fuß aufzustampfen. Was kapierte er da nicht?
    »Sie haben selbst gesagt, dieses Autounfall-Fernsehen könnte funktionieren.«
    »Nun, natürlich kann es funktionieren«, erwiderte Caitlin hitzig. »Aber der Kontext muss stimmen. Es funktioniert tagsüber oder sehr spät am Abend oder beim richtigen Sender oder mit der richtigen Botschaft dahinter. Aber Date Squad wurde für Familien entwickelt. Jetzt habt ihr die Leute verwirrt. Und ich will nichts damit zu tun haben, das dazu beiträgt, dass sich Menschen