Meine allererste Scheidung
Generalprobe für ihre Beerdigung.« (Für einen Moment erstarrten alle. Keine von ihnen hatte Nadia jemals etwas auch nur ansatzweise Unfreundliches über irgendjemanden sagen hören.)
»Sie war nur noch verbittert«, erklärte Nadia achselzuckend, und alle atmeten aus und stöberten weiter. »So angekotzt wegen Dads … Flittchen, von ihrem Gewicht, ihrem Schmerz. Aber du! «, sagte sie, drehte sich um und unterzog Caitlin einer kritischen Musterung. »Zieh dieses Sommerkleid an. Jetzt gleich. Du bist frisch, versprühst Lebendigkeit, bist hinreißend und …«
»Und du wirst bald mit jemandem Sex haben«, beendete Myra energisch Nadias Satz und ließ sich auf eine Chaiselongue fallen. »Weißt du, wie lange es her ist, seit ich das letzte Mal Sex hatte?«, fragte sie mit einem schweren Seufzer.
»Zwei Jahre, drei Monate und vierzehn Tage«, erwiderten Sarah, Nadia und Caitlin gleichzeitig und unterdrückten ein Grinsen.
»Ja, das wisst ihr alle!«, rief sie und warf ihre hohen Absätze in die Luft. »Und das ist eine lange Zeit, nicht wahr?«
Alle verkniffen sich ein Kichern, aber sie fuhr fort. Diesmal ernsthaft.
»Also, wieso ist es fair, dass du zuerst Sex hast?«, fragte sie Caitlin. »Dass du als Erste für ein Date zum Einkaufen geschleppt wirst? Warum? Warum?!«
»Du weißt nicht, ob ich Sex haben werde«, besänftigte Caitlin ihre Freundin.
»Noch nicht«, warf Sarah ein. »Aber du wirst Sex haben, und zwar innerhalb von … hmmmm.« Sie kniff ihre blauen Porzellanpuppenaugen zusammen, musterte Caitlin eingehend und tippte konzentriert mit dem Fuß auf den Boden. »Jepp. Ich gebe der Sache zehn Tage«, erklärte sie schließlich.
»Woran erkennst du das?«, fragte Myra, das Kinn entschlossen vorgereckt. »Und wenn du es erkennen kannst, dann sag mir, wann es bei mir so weit ist!«
»Oh, das ist reine Intuition. Es gibt definitive Anzeichen.« (Sarah schätzte es nicht, wenn man ihre Geheimnisse entmystifizierte.) »Caitlin hat einfach diesen Blick«, fügte sie honigsüß hinzu.
»Welchen Blick? Einen geilen Blick? Aber ich bin geil!«, wandte Myra lautstark ein.
»Nicht direkt«, erklärte Sarah der Skeptikerin geduldig und freundlich. »Frauen, die kurz vor sexuellen Affären stehen, haben eine Aura – ihre Haut ist wie von Tau benetzt«, erläuterte sie. Alle rückten näher heran. »Sie sehen ein ganz klein wenig so aus, als seien sie bereit, nun ja, zu schwitzen. Seht ihr?«, fügte sie hinzu und rückte näher an Caitlin heran, die in ihrem Schlüpfer in eine Ecke der Umkleidekabine zurückgewichen war. »Sie hat diesen Präsexglanz.«
»Am ganzen Leib«, bekräftigte Myra mit Blick auf Caitlins Unterwäsche.
Nadia kam herbei und betrachtete sie ebenfalls. »Sie hat recht. Treffer.«
»Solche Frauen haben nur gute Good hair days, und sie nehmen ab, kurz bevor sie sich nackt ausziehen müssen.«
»Treffer versenkt«, witzelte Myra. »He, vielleicht hat sie ja ihren Eisprung. Schleppen wir nicht am liebsten jemanden ab, wenn wir einen Eisprung haben?«
»Warum hast du’s dann nicht getan?«, fragte Sarah sie unschuldig, bevor sie sich eine Hand auf den Mund schlug. »Oh – du bist doch nicht – oder?«
»Ich bin noch nicht in den Wechseljahren, falls du das andeuten wolltest«, fuhr Myra sie an. »Tut mir leid«, sagte sie und riss sich zusammen. »ich kriege meine Tage. Gott sei Dank.«
Alle lachten, und die Spannung im Raum löste sich ein wenig. Niemand wollte zugeben, dass die Verheißung der Menopause viel schlimmer war als Reizbarkeit vor der Periode.
»Deine Theorie ist großartig, Sarah«, bemerkte Nadia. »Du solltest sie als Beziehungsexpertin bei Date Squad auftreten lassen«, riet sie Caitlin, die sich jetzt ein wenig entspannte, da sich alle wieder aus ihrer Kabine zurückgezogen hatten.
»Ich arbeite nicht mehr an dieser Show«, antwortete sie automatisch und steckte den Kopf aus der Ankleidekabine.
Nadia sah in die Ankleidekabine, in der Caitlin jetzt Zuflucht suchte wie eine Schnecke in ihrem Haus. »Weißt du, diese Farbe sieht unglaublich aus zu deiner Haut und deinem Haar.« Sie neigte ihren glänzenden, schwarzen Kopf und musterte sie kritisch. »Ich weiß, an wen du mich erinnerst«, erklärte sie lächelnd. »Du siehst aus wie ein Varga-Mädchen.«
»Wie ein was?«, fragte Myra. »Ein Viagra -Mädchen?«
»Nein, nicht wie ein Viagra-Mädchen. Wie ein Varga -Mädchen. Nach dem Zeichner Alberto Varga. Er hat in den Vierzigern für die Zeitschrift Esquire
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