Meine allererste Scheidung
»Komm, Caitlin (ruhig atmen … betrachte es als gutes Training)«, murmelte sie in Richtung ihrer Freundin, während sie sich auf den Gehweg retteten.
»Das ist einfach grauenhaft«, protestierte Cait. »Sie wollen alle …«
»Sie meinen es nicht böse«, unterbrach Sarah sie, während sie sich einen Joint rollte.
Caitlin grinste. »Ich kann nicht glauben, dass du immer noch Pot rauchst.«
»Ich kann nicht glauben, dass du immer noch denkst, ich würde irgendwann in absehbarer Zeit damit aufhören.«
Myra und Nadia entflohen ebenfalls dem Club und scharten sich um den Joint wie Möwen um eine Pommes frites.
»Was für ein Spaß!«, johlte Myra.
»Darf ich mal ziehen?«, fragte Nadia höflich.
»Du weißt, dass du in einigen Ländern dafür am Galgen landest«, bemerkte Cait düster. »Und du bist ständig unterwegs.«
»Ach, sei kein Spielverderber, Cait, und nimm auch einen Zug.« – Sie schnappte sich den Joint. »Na schön.«
Sie nahm einen tiefen, starken Zug, unterdrückte den Drang zu husten und reichte den Joint weiter. Nachdem alle daran gezogen hatten, gingen sie wieder hinein, kichernd und etwas wacklig auf den Beinen.
Der Abend war lustig, gestand sie sich, obwohl die peinliche Fragerei schrecklich gewesen war. Den Kindern ging es gut – Sean hatte darauf bestanden, dass sie ausging, und Molly war immer noch damit beschäftigt, ihre Besitztümer in altes Haus/neues Haus-Kategorien zu unterteilen.
Sie staunte über das ungeheure Selbstbewusstsein und die Zufriedenheit der Frauen am Tisch. Sie waren so hart und zynisch und gleichgültig. War sie auch so gewesen? Wie kommt es, dachte sie unsicher, dass ich vor zwei Wochen noch eine von ihnen war?
Sie ging mit Sarah, Myra und Nadia zurück zum Tisch, fühlte sich beschwingt und plötzlich wieder wie vierzehn und sah sich mit vom Pot geröteten Augen um. Die Tapeten waren blutrot und plüschig; über den Bildleisten waren die Wände silbern gestrichen. Überall hingen riesige Ölgemälde von üppigen nackten Frauen, ganz anders als die Gäste. Wenn sie Schlange stand, um hier hereinzukommen, dachte Cait trocken und betrachtete dabei ein züchtig lächelndes, nacktes Pummelchen, würde man ihr sagen, sie solle sich mal bei The Biggest Loser bewerben.
Sie starrte auf die handgeschriebene Speisekarte und entschied sich für etwas mit Ziege. Ziege werde ich beim Metzger wohl kaum bekommen, überlegte sie. Dann verspürte sie das Verlangen, bei Tisch Nägel zu kauen, beschloss jedoch, stattdessen zur Toilette zu gehen.
(Das war typisch Cait. Während alle anderen eine strahlende, hochgewachsene schöne Frau mit langem, rotem Haar sahen, eher edlen, nicht zu modischen Kleidern, grünen Augen mit langen, dunkelroten Wimpern, einem vollen, roten Mund, langen Gliedmaßen und einer schmalen Taille, entsprach dieses Bild nicht ihrer Wahrnehmung. Gelegentlich fand sie sich ganz annehmbar, aber eigentlich hatte sie seit Ewigkeiten nicht mehr allzu viel über ihr Aussehen – oder sich selbst – nachgedacht. Sie war immer müde und dachte nur daran, wie sie von der Arbeit zur Schule und von der Schule nach Hause kam, und alles schien ewig so weiterzugehen. Wie hatte Max die Zeit für eine Affäre gefunden? Wie findet überhaupt irgendjemand die Zeit dafür, fragte sie sich. Und obwohl sie sich auf große Auftritte und Smalltalk verstand, wo der Job es erforderte, fühlte sie sich bei diesen Frauen nicht wirklich heimisch.)
Sie konzentrierte sich aufs Essen und lenkte sich damit ab, herauszufinden, was die anderen auf ihren Tellern hatten. Der Tratsch blühte und der Wein floss in Strömen. Gelangweilte Kellner lungerten herum, und plötzlich fühlte Cait sich abscheulich.
»Lass es, Cait«, hörte sie Sarah murmeln.
»Ich glaube, es ist die Ziege«, sagte sie und tat so, als hätte sie keine Ahnung, wovon Sarah sprach.
»Mir machst du nichts vor, Cait. Ich spüre es – du bist drauf und dran, das flüchtende Reh zu spielen. Bleib hier.«
»Ich will nicht. Es fühlt sich vollkommen falsch an.« Plötzlich war ihr nach Weinen zumute. »Ich will zu Hause sein. Ich will … oh, scheiße.«
»Ich weiß. Und du weißt es auch. Aber iss. Sieh mal – hier ist noch mehr Ziege.« Sie schob einen dampfenden, weißen Teller mit etwas sehr Kleinem darauf zu ihr hinüber. »Hmmmm.« Sarah nickte einer Frau ihnen gegenüber mit langem, dunklem Haar (perfekt geglättet) und sehr rosigen Lippen zu. »Wie geht’s deinen Schenkeln?«, fragte sie frech. Die Frau
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