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Meine beste Feindin

Titel: Meine beste Feindin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crane Sonja Hagemann
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kurzem Schweigen schüttelte Amy Lee den Kopf. »Ich muss Gus Recht geben. Das war ganz schön herablassend.«
    »Aber wirklich«, stimmte Oscar zu.
    »Echt?« Georgia sah zerknirscht aus. »Eigentlich wollte ich aufmunternd wirken.«
    »Und ich soll hier die Verrückte sein?«, fragte ich.
    Ich ließ mich von ihnen in einen Schlitten verfrachten - einen, in dem natürlich keine der Personen saß, mit denen ich nicht sprechen durfte -, entspannte mich und ließ mich einfach auf die ganze Sache ein. Als der Schlitten schließlich anruckte, ging die Sonne langsam unter, und wir sangen wie verrückt Weihnachtslieder in der hereinbrechenden Winternacht.
    Wir hörten erst wieder auf, als bereits die Sterne am Himmel standen und es mit dem Singen schwierig wurde, weil unsere Gesichter völlig starr vor Kälte waren. Ich ertappte mich dabei, großen Spaß zu haben.
    Danach wollten wir alle nur noch ins Warme, Oscar bekam endlich seine heiße Schokolade, und ich wurde unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Es war nicht schwer, Helen, Nate und Henry aus dem Weg zu gehen, als sie in einem anderen Schlitten saßen und wir im Winterwunderland Lieder über Engel und Krippen schmetterten. Es war weitaus schwieriger, sich mit ihnen im selben Haus aufzuhalten.
    Nicht etwa, dass sie es darauf anlegten, mit mir zu sprechen.
    Helen grinste jedes Mal triumphierend, wenn sich unsere Blicke trafen, was mich zwar wurmte, ich aber einfach ignorierte, denn immerhin war sie diejenige, die mich bei der ganzen Sache am wenigsten interessierte. Zumindest an diesem Abend. Und abgesehen davon wusste ich Dinge über ihren angeblichen Freund, die sie nicht wusste - für diese Informationen wäre sie wohl über Leichen gegangen. Nate seinerseits zuckte entschuldigend mit den Achseln, als er mich sah, wich aber nicht von Helens Seite. Da Georgia und Amy Lee mich mit Argusaugen beobachteten, war es auch besser so, aber ich musste zugeben, ich fühlte mich merkwürdig. Ich wollte einfach wissen, was los war. Ich wollte verstehen, warum er mich in jener Nacht angerufen hatte und seitdem überhaupt nicht mehr. Ich war mir sicher, dass dieses Mal mehr hinter der Sache steckte als »Ich bin nicht so, wie du denkst«, oder was auch immer er mir damals in der Bar erzählt hatte. Ich wollte - brauchte - eine Erklärung. Ich zwang mich dazu, nicht weiter in seine Richtung zu starren.
    Stattdessen blickte ich quer durch den Raum zu Henry, der neben dem Kamin in einer Ecke lehnte. Und wartete. Ich wusste, dass er wartete, weil sein Blick jedes Mal, wenn ich zu ihm sah, provozierend funkelte. Mal sehen, ob du dich traust, hier rüberzukommen , sagte dieser Blick, und zwar so, dass jeder der Anwesenden es sehen konnte.
    Das brachte mich völlig aus dem Konzept, und inzwischen hielt ich mich selbst für beinahe ebenso verrückt wie meine Freundinnen. Denn ich hatte das wirklich dringende Bedürfnis, seiner Aufforderung nachzukommen, und das war dann wieder eine ganz andere Dimension des Wahnsinns. Eine Dimension, die vermutlich etwas mit Nate zu tun hatte und aufgrund derer ich letztes Mal mit seinem Mitbewohner im nächstbesten Bett gelandet war.
    »Ich gehe mal zur Toilette«, verkündete ich. Amy Lee und Georgia sahen sich vielsagend an. »Brauche ich da auch meine Eskorte?«, fragte ich bissig. »Auf den Topf darf ich aber allein, oder?«
    Sie ließen mich ziehen.
    Die Toilette im Erdgeschoss war besetzt, also ging ich nach oben. Das Haus war ein prachtvoller viktorianischer Bau, am Rande eines Feldes. Elegant und würdevoll, auch was die Einrichtung betraf. Ich fand das Badezimmer und schloss die Tür hinter mir ab.
    Elegant und würdevoll , dachte ich. Zwei Adjektive, die auf mich niemals zutreffen werden.
    Als ich wieder herauskam, löste sich Henry plötzlich von der Wand, und es war, als würde er den ganzen Flur ausfüllen.
    Mein Herz blieb eine Sekunde lang stehen, nur um dann umso heftiger zu schlagen.
    Ich kann seinen Gesichtsaudruck kaum beschreiben, aber bei seinem Anblick bekam ich weiche Knie.
    »Oh«, sagte ich. »Hi.«
    Er lächelte.
    »Weißt du, ich hab nachgedacht«, erklärte er mit lässiger, zwangloser Stimme, die überhaupt nicht zu dem angespannten Blick passte, der auf mir ruhte. »Und jetzt bitte keine sarkastischen Bemerkungen!«
    Wir standen einander im Flur gegenüber. Hinter ihm war der Partylärm aus dem Erdgeschoss zu hören. Die Treppe war nur wenige Schritte entfernt. Vielleicht würde ich es schaffen, mich an ihm

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