Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich
Danielle und eine unserer freien Mitarbeiterinnen, deren Name mir gerade nicht einfällt. Lucia, ganz in Kaugummirosa, steht neben Penelope und hält Händchen mit einem großen, schlanken Mann in eng anliegender, schwarzer Laufhose und leuchtend gelbem T-Shirt.
„Wie ich sehe, hat sich auch Lance Armstrong zu unserer Gruppe gesellt“, murmele ich.
„Ach, genau, ihr kennt euch ja noch gar nicht“, sagt Angela, während wir auf die Gruppe zu gehen. „Das ist Ted Everly, Lucias Verlobter.“
„Aha, endlich! Der Mann – die Legende – der Bär !“
„Hallo! Hallo, zusammen!“, ruft Penelope. Sie trägt ein übergroßes T-Shirt mit dem Aufdruck „Eaton Falls Gazette – wer läuft, hilft“ und eine weite Gymnastikhose. „Der Lauf beginnt in etwa zehn Minuten, lasst uns zum Start gehen.“
Es ist ein wunderschöner klarer Tag, vom Fluss weht eine leichte Brise – perfekt zum Laufen. Wir stellen uns zu den Hunderten von Teilnehmern an den Start. Ich mache ein paar Dehnübungen, um mich aufzuwärmen, und Penelope beobachtet mich interessiert. „Alle machen, was Chastity macht“, empfiehlt sie. „Chastity, du scheinst ja eine echte Sportskanone zu sein, wie? Zeig uns, wie das geht.“
„Ich bevorzuge den Ausdruck ‚Athletin‘, Pen.“ Ich zeige allen ein paar Grundübungen, um die wichtigsten Muskelgruppen an Beinen und Hüfte zu dehnen und dadurch zu erwärmen.
„Teddybär und ich machen Pilates“, verkündet Lucia.„Wir brauchen das nicht.“
„Hallo, Teddybär“, grüße ich und lockere meine Fußgelenke. „Ich bin Chastity O’Neill.“
„Das weiß ich schon“, murmelt er. „Nett, dich kennenzulernen.“ Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, findet er das etwa so nett, wie Gift zu trinken oder sich einen Finger abhacken zu lassen. Na, gut. Er scheint immerhin perfekt für Lucia, deren Kopf von aufgebauschten, blonden Haaren à la Doris Day umgeben ist. Ihre Lippen sind dunkelrot geschminkt, und ihre Wimperntusche sieht man auf zwanzig Schritt Entfernung.
Der Bürgermeister von Eaton Falls hält eine kleine Rede, dankt den Sponsoren und feuert uns an. Ich sehe mich nach Mr. New York Times um, kann ihn jedoch nirgends entdecken. Wir sind zu viele. Mir fällt eine Gruppe in T-Shirts mit dem Krankenhaus-Logo auf, aber auch dort steht er nicht. Macht nichts, ich bin trotzdem sehr aufgeregt. Dad und Matt laufen heute ebenfalls, und ich bin stolz, dass mein fast sechzigjähriger Vater die fünfzehn Kilometer immer noch schafft. Ich glaube, Mark wollte auch teilnehmen und möglicherweise Tara, die auf dem College Langstrecke gelaufen ist. Der Rest der O’Neills wird sicher irgendwo am Rand stehen, jubeln und uns vielleicht mit einem Wasserschlauch abspritzen.
Die Startpistole wird abgefeuert, und die Menge setzt sich in Bewegung. Unser Zeitungs-Team verfällt in zügiges Schritttempo. Die Läufer rennen los, und es juckt mich in den Füßen, mitzurennen. Wir gehen zwar recht schnell, aber es ist nicht dasselbe. Ich beginne zu traben. „Hat niemand Lust, ein bisschen zu laufen?“, will ich wissen. Pete wirft mir einen entsetzten Blick zu. „Außer Pete?“
„Ich hab’s an der Lunge“, sagt Penelope und klopft sich auf die Brust. „Chronische Bronchitis, Gefahr von Lungenentzündung. Ich habe sogar schon einen Tuberkulosetest gemacht, aber der war negativ.“
„Angie? Willst du laufen?“
„Ach … äh … lieber nicht, Chas“, antwortet sie.
„Okay.“ Seufzend umrunde ich unsere Gruppe. Lucia und Teddybär würdigen mich keines Blickes, sondern synchronisieren konzentriert ihre rhythmischen Armbewegungen.
„Chastity“, sagt Penelope, „wenn du laufen kannst, dann lauf! Das ist gut für die Zeitung. Na los, mach schon!“
Genau diese Worte wollte ich hören. So ein Rennen spornt mich automatisch zum Wettkampf an. „Bist du sicher?“, frage ich nach.
„Lauf endlich!“
Und schon geht’s los. Mit langen Schritten mache ich, dass ich vorwärtskomme. Es gibt Momente, in denen es von Vorteil ist, wie ein weiblicher Möbelpacker gebaut zu sein, und dies ist einer davon. Ich bin heute Morgen schon gerudert, aber beim Laufen werden andere Muskeln beansprucht, und ich liebe es zu laufen. Natürlich kann ich nicht mehr gewinnen, da ich mit den Schnecken angefangen habe, aber ein paar Teilnehmer werde ich sicher noch überholen. Schon sehe ich in sechs-, siebenhundert Metern Abstand ein paar T-Shirts, die beim Start noch neben uns waren.
Mein Atem geht ruhig und
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