Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich
Tage vorher eine Stunde lang genau instruiert hatte, freundlich begrüßte. Er setzte uns an den verabredeten Tisch mit Blick auf die Straße, und unsere Knie berührten sich tatsächlich. Wir bestellten eine Flasche Wein, unterhielten uns locker über die Arbeit, die Feuerwehr, meine Familie.
„Und, Chastity? Hast du gerade einen Freund?“, erkundigte sich Trevor dann ein wenig zögernd, mit schokoladenbraunem Blick.
„Na ja“, sagte ich und neigte den Kopf zur Seite, „eigentlich nicht. Es gibt ein paar Männer, mit denen ich hin und wieder ausgehe, aber nichts Ernstes. Nur ganz locker.“Die Antwort, die ich Dutzende Male vor dem Spiegel geübt hatte, sollte Trevor demonstrieren, dass ich zwar begehrt, für eine feste Beziehung aber immer noch zu haben war.
„Klingt doch gut.“ Er lächelte, und ich lächelte zurück. Er fand es also gut, dass ich nicht fest vergeben war. Dass ich frei war – für ihn! In meinem Magen kribbelte es. Der Kellner kam, wir bestellten, Trevor nahm einen Schluck Wein, setzte das Glas ab und schob das Besteck gerade. „Chastity, du weißt, dass ich mit Hayden zusammen bin, oder?“, fragte er.
„Klar“, sagte ich und schob mein frisch geschnittenes Haar hinters Ohr. Jetzt kommt es …
„Na ja, die Dinge haben sich … äh … ein wenig geändert“, sagt Trevor, ohne den Blick vom Tischtuch zu heben. Sein Lächeln versiegte. Zweifellos war er noch ein wenig traurig, dass er mit ihr hatte Schluss machen müssen, doch in mir jubelte es vor Freude. Lieber Gott, danke. Endlich!
Ich war so sicher, sein „Wir haben uns getrennt“ zu hören, dass ich fast nicht mitbekam, was Trevor wirklich sagte.
„Wir werden heiraten.“
Mein dummes Lächeln, mein erwartungsvolles, hoffnungsfrohes, dummes Grinsen versteinerte auf meinem Gesicht. Meine Augen weiteten sich, und ich sog scharf die Luft ein, dann noch einmal, immer noch mit diesem blöden Grinsen, das so unpassend war wie eine Wasserpistole bei einem Großbrand. Dann musste ich blinzeln, weil mir die Tränen hinter den Augen brannten. Wage es ja nicht , zischte die innere Stimme voller Abscheu. Wage es ja nicht zu weinen, du dumme Gans. „Du meine Güte, Trev! Wow!“, krächzte ich. „Das ist toll! Wow! Super!“
„Findest du wirklich?“ In seinen Augen glänzte Mitgefühl – oder irgendetwas anderes, und plötzlich spürte ich meinen Stolz.
„Aber ja!“, rief ich. „Das ist … ich bin … überrascht! Ichhätte nicht gedacht, dass es dir so ernst ist! Aber herzlichen Glückwunsch! Sie ist toll!“
„Danke, Chas.“ Er lehnte sich vor. „Ich wollte es dir unbedingt persönlich sagen.“
„Das ist wirklich … nett von dir!“ Mistkerl! „Ja. Nein, ehrlich. Danke, Trevor.“ Ich hielt die Hände zu Fäusten geballt in meinem Schoß und musste immer wieder schlucken. „Habt ihr schon einen Termin?“ Das Rauschen in meinen Ohren übertönte die frohen Einzelheiten des glücklichen Paares, nicht aber meine innere Stimme. Du dumme Gans. Idiotin! Hatte ich dir nicht gesagt, du sollst erst mal abwarten? Hm? Ich fasse es nicht! Wenn du heulst, bring ich uns beide um!
Mario, der Kellner, brachte unser Essen, und ich aß und aß – die Antipasti, den Salat, das Brot, fantastisch, meine Penne alla Vodka, überirdisch gut, und solange mein Mund voll war, musste ich ja nicht reden, oder? Nur lächeln und zu allem nicken, was Trevor da verdammt noch mal erzählte.
„Ich hatte ein bisschen Angst“, gestand Trevor, als er sich den Mund abwischte. „Es dir zu sagen, meine ich.“
„Ach, warum denn das?“, fragte ich zurück und stopfte noch ein Stück in Olivenöl getränktes Brot in den Mund.
„Na ja, du weißt schon. Wegen unserer … Sache damals an der Uni. Ich hatte ein blödes Gefühl, dir jetzt von meiner Verlobung zu erzählen. Ich hatte Angst, du würdest …“
„Ich würde was? Machst du Witze? Komm schon! Du bist wie ein Bruder für mich, Trevor. Ich freue mich für dich. Ehrlich. Sie scheint wirklich eine tolle Frau zu sein.“
Trevor – den ich in diesem Augenblick abgrundtief hasste –, lächelte, wenn auch schief. „Ja … wirklich … absolut. Das ist sie. Die Sache wurde ziemlich schnell ernst … Jedenfalls danke, Chastity.“ Er hielt inne, als wollte er noch etwas Wichtiges sagen, fragte mich dann aber nach meinen Uni-Kursen.
Als Mario unser Tiramisu brachte, entschuldigte ich mich und ging zur Toilette. Ich übergab mich, spülte mir den Mund aus und starrte in den Spiegel.
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