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Meine Cousine Emilia: Roman (German Edition)

Meine Cousine Emilia: Roman (German Edition)

Titel: Meine Cousine Emilia: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vlada Urosevic
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den Namender eroberten Städte, in den Landungen auf fernen Inseln und den Ergebnissen der Luftkämpfe. Hinter den Frontverschiebungen erahnten wir die geheimnisvolle Rolle Onkel Jakovs, seine Kriegskunst und seinen Mut. Auf der Karte mit den Tieren kundschafteten wir eine Route aus, die man unmöglich vorhersehen konnte, eines Spions und Heerführers würdig: Zwischen den eisbedeckten Gipfeln hoher Berge, dem Mufflon mit den schneckenförmig gedrehten Hörnern, dem Moschusochsen und den letzten Exemplaren der Wisente fuhren wir mit den Fingern die gewundene Strecke seines Kriegsabenteuers nach. Tante Milena und wir hielten zusammen: Wir wussten, dass sie auf ihn wartete, und bemühten uns, auf der Karte immer noch mehr Anhaltspunkte für seine baldige Rückkehr zu finden.
    Zu dieser Zeit erschien der pfeifende Hund regelmäßig: Vor dem bläulich weißen Schnee auf den Dächern hoben sich ganz deutlich die schwarze, spitz zulaufende Schnauze mit den borstigen Haaren, die Hängeohren und der Stummelschwanz ab. Er pfiff durchdringend wie ein Vogel oder eine Fledermaus, schnüffelte an den Schornsteinen herum, wedelte mit dem Schwanz. Er bewegte sich durch die Luft, als rutsche er – das Geheimnis seines Fluges war nicht zu fassen, so wenig wie er selbst.
    Das Leben in der Küche verlief fast immer gleich. An den Feiertagen ließen sich die Tanten Mittel und Wege einfallen, um aus Kartoffeln und Marmelade eine Festtagstorte zu backen. Zu diesem Zweck lasen sie in Rezepten aus längst vergangenen Zeiten. Es kamen merkwürdige Zutaten darin vor: Kümmel, Muskat, Lorbeer, Vanille, Zimt – die Namen der Gewürze klangen wie die Namen verschwundener Länder.Vor den Feiertagen badeten die Tanten in der Küche. Als Sichtschutz stellten sie Paravents auf, auf denen Japanerinnen mit Schirmen und Pfauen abgebildet waren, und von uns verlangten sie, Schüsseln mit heißem Wasser zu bringen. Durch rosigen Dampf und Seifenblasen sahen wir Tante Milena zu, wie sie sich aus einem kleinen grünen Milchkännchen mit Wasser begoss.
    Hin und wieder gab es einen Luftangriff. Bevor wir uns in den Keller flüchteten, gelang es uns immer, aus dem Fenster zu spähen und unseren Hund noch einmal zu sehen: Zwischen zwei Explosionen der Flugabwehrkanonen, gefangen in den sich kreuzenden gelben Strahlenbündeln der Flakscheinwerfer, flog er seelenruhig tief über den Dächern. Uns schien es, als hörten wir durch den Geschützdonner seinen gellenden Pfiff, spöttisch und herausfordernd.
    Wenn wir dann im Keller mit klebrigen Spinnenweben im Gesicht versuchten, die Bombenexplosionen vom Geschützfeuer der Flugabwehr zu unterscheiden, sprachen wir über Onkel Jakov und darüber, dass er in einem der Flugzeuge sein könnte, über seinen Mut und seine Furchtlosigkeit. Am nächsten Morgen fanden wir diese Theorie bestätigt: Es lag Stanniolpapier auf dem Balkongeländer und nur ganz bestimmte Gebäude waren zerstört worden. Dort oben war Onkel Jakov, ganz sicher.
    Die Abende in der Küche dufteten nach den Apfelschalen, die wir auf die Herdplatte legten und dort ließen, bis sie verkohlt waren. Wir steckten unser letztes Papier in den Ofen. Nun kamen sogar Opa Simons Aufzeichnungen, mit violetter Tinte geschrieben und völlig unleserlich, an die Reihe. Auch ein paar Seiten aus dem Weltatlas, auf denen sich wenigerinteressante Schlachtfelder befanden, endeten im Feuer. Die Tanten und Onkel führten lange Gespräche über den indischen Anführer Mahatma Gandhi, über Lombrosos Thesen, über den Spiritismus, über Charles Lindberghs Transatlantikflug und den Untergang der Titanic. Der pfeifende Hund tauchte aus der Dunkelheit auf und sandte seinen Pfiff über die Dächer. Er trieb sich vor den zugefrorenen Fenstern herum, drang in unsere Kindheit wie eine unglaubliche Nachricht aus fernen, unermesslichen und unbegreiflichen Weiten. Wir saßen am Fenster, hauchten gegen die Scheibe und starrten in die Nacht hinaus.
    Und dann war auf einmal Onkel Jakov wieder da. Er kam mit einer neuen Pelzmütze auf dem Kopf herein, gesund und munter und nach Leder duftend, küsste uns alle, nahm Tante Milena fest in den Arm und erklärte uns, dass er sich nicht habe melden können – die Post funktioniere nicht und der Schienenverkehr sei unterbrochen. Es stellte sich heraus, dass er in den Städten im Landesinneren gewesen war, mit Häuten gehandelt und gut verdient hatte. Dann zeigte er uns ein Fass mit Schmalz und ein großes Stück Speck und sagte, morgen werde

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