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Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)

Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)

Titel: Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Hesse
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über die Streiche seiner Schüler. Manchmal habe ich den Eindruck, Jock vermischt die Realität mit dem Fiktiven, denn je öfter er seine alten Anekdoten auspackt, desto überspitzter werden sie und erinnern mehr an den Mommsen Gymnasium als an eine wirkliche Schule.
     
    Jock bestimmt, wie es in der Familie abzulaufen hat, während Bernds Mutter Helga, alias Miss Ellie, ihm den Rücken stärkt und alle mit ihrer selbstgemachten Bisquitrolle verzaubert, die eigentlich keiner mehr sehen, geschweige denn essen, kann.
     
    Bernds Bruder Johannes, alias J.R., ist zehn Monate älter als Bernd. Seinen Stand als Erstgeborener verteidigt er mit allen Mitteln. Unterstützt wird er dabei von seiner konservativen Frau Carola, die nie jemand wahrnimmt. Sie begleitet J.R`s Kommentare stets mit einem zustimmenden Kopfnicken und ist sonst nur inhaltloses Beiwerk. Die beiden haben einen entzückenden kleinen Satansbraten auf die Welt gebracht, Alexander-Paul, ein Wunderkind am Klavier, zehn Jahre alt, rotzfrech und optisches Ebenbild seiner blässlichen Mutter.
     
    Bernd und Johannes wurden schon als kleine Jungs zu Konkurrenten herangezogen. Es gibt Fotos, auf denen Heinrich die Legotürme seiner fünfjährigen Jungs mit dem Zollstock nachgemisst. Johannes zog dabei meistens den Kürzeren. Bernd steckt seinen großen Bruder auch heute noch in die Tasche. Bernd sieht besser aus, spielt besser Golf und hat den besseren Job. Jock bläute seinen Jungs ein, dass es keine Alternative zu einem anständigen Wirtschaftsstudium gäbe und beide Jungs folgten Papas Plan. Bernd zog sein BWL Studium nicht nur schneller durch, sondern hängte noch einen MBA dran, den ihm J.R. bis heute neidet.
     
    Bernds jüngere Schwester Petra ist schon mit Perlenohrringen und weißer Chefsekretärinnen-Bluse auf die Welt gekommen. Sie ist zwar keine Alkoholikerin, wie die echte Sue Ellen, aber mindestens genauso nervtötend. Wenn sie nachdenkt, zupft sie immer an ihren fleischigen Ohrläppchen herum und lässt ihren Perlenohrring Runde um Runde Karussell fahren. Sie und ihr Pullunderträger Kai, ein Rechtsanwalt, haben sich in der Kanzlei kennengelernt. Ihre 13jährige Tochter Sina muss auf der Neugeborenenstation vertauscht worden sein, denn sie ist, trotz ihrer blöden Eltern, die einzig sympathische Person in der Familie. Sina ist ganz auf meiner Seite, wenn es darum geht, die in Stein gemeißelten Familienregeln zu brechen und sich unbeliebt zu  machen. Die wichtigste Regel lautet: Alle Familienmitglieder haben sich einmal wöchentlich im Wohnzimmer von Jock und Ellie zu versammeln, um die wichtigsten Ereignisse der Woche zu besprechen. Kein Wunder, dass in der Fernsehserie dabei immer kräftig gesoffen wurde. Sowas kann auf Dauer nur mit einem ordentlichen Schluck texanischem Whiskey ertragen werden. Leider wird bei meinen Schwiegereltern sonntags nie Alkoholisches gereicht. Es gibt immer nur Miss Ellies Biskuitschnitte und entkoffeinierten Kaffee wegen Jocks hohen Blutdruck, unter dem die ganze Familie zu leiden hat. Seltsamer Weise leide ich in den letzten Jahren verstärkt an Sonntagen unter mysteriösen Migräne Anfällen.
     
    Es hilft nichts. An Saras Geburtstag muss ich da durch! Mutterpflicht. Um das Bild einer perfekten Hausfrau und Mutter zu präsentieren, wienere ich Samstag die Wohnung und treffe letzte Vorbereitungen. Bernd habe ich mit den Kindern zum Getränkeholen geschickt. Verantwortungsvollere Aufgaben kann man ihm nicht zumuten. Ich schiebe den Kuchen in den Ofen, zerreiße die Verpackung der Backmischung und der Tiefkühltorte in tausend Stücke, stopfe sie in den Mülleimer und lege noch ein paar Zeitungen drüber, falls jemand auf die Idee kommt einen Blick hinein zu werfen. Dann hänge ich unseren Familienkalender ab, damit Petra nicht wieder zufällig ihren Blick darüber schweifen lässt, um zu erfahren, mit welchen nutzlosen Dingen ich meine Zeit verbringe.

    Unter der Dusche versuche ich emotionale Kraft zu tanken und denke über mein Outfit nach. Ich könnte mich solidarisch zeigen und für Petra meine einzige weiße Bluse überwerfen, dazu den schwarzen Rock. Der Kellnerlook würde hervorragend passen, wo die Sippe sich doch so gerne von mir bedienen lässt und mich ansonsten ignoriert. Ich könnte auch eine Jeans und das knallrote T-Shirt nehmen, was ich beim letzten Ärzte Konzert gekauft habe: „Ihr nehmt doch alle Drogen!“ steht da drauf . Das hat Aussage! Dann greife ich aber doch zu dem H+M T-Shirt, auf dem die

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