Meine Frau will einen Garten
extrem empfindlich, dabei ist eine Picknickdecke von T chibo, kleine Tupperware-Behälter mit Apfelschnitten (auf der ganzen Welt sind Familienväter undenkbar ohne Apfelschnitten in Tupperware), eine halbvolle Weißweinflasche aus dem Kühlschrank (auf der ganzen Welt sind Familienväter undenkbar ohne halbvolle Weißweinflaschen), ein Kartenspiel und zwei Ersatzwindeln für Max, der noch nicht ganz stubenrein ist, was ihn aber keineswegs daran hindert, sich unter Gebrüll der Windel zu verweigern. Also ohne. Ich möchte am liebsten wieder fragen: »Hält das?«
Pia ist jetzt kurz vor der Wohnungstür, und nachdem sie allen Kindern beim Zähneputzen, Gesichtwaschen und T-Shirt-Anziehen behilflich war, nachdem sie gepackt hat und mich beobachten musste, wie ich immer wieder aus dem Fenster schaue, um die Wetterlage zu kommentieren, ist sie tatsächlich etwas angespannt. Dann kriegt sie einen ganz schmalen Mund, der sehr niederrheinisch aussieht. Aber: Wir brechen auf. Endlich. Ausflug. Englischer Garten. Wir kommen.
Wir kommen nicht weit. Wir wohnen im dritten
Stock. Im zweiten auf dem Weg nach unten angelangt, sagt Anton, dass er aufs Klo muss. Ich kehre mit ihm um. Wir vereinbaren einen Treffpunkt auf dem Bürgersteig. Anton geht aufs Klo, dann starten wir erneut. Dabei kommen wir am Zimmer von Julia vorbei, und Anton fragt, warum Julia ohne Helm mit dem Fahrrad fahren darf, er aber nicht. Ich greife mir Julias Helm und nehme ihn mit nach unten. Ich komme diesmal bis zum ersten Stock. Von unten ruft Pia, dass sie den Schlüssel für den Fahrradanhänger vergessen habe, ob ich bitte …
Ich hole ihn. Wir treffen uns auf dem Bürgersteig vor dem Haus. Es ist jetzt halb elf. Aber wenn wir uns beeilen, dann wird unser Lieblingsplatz vielleicht noch frei sein. Also schnell jetzt. Auf dem Bürgersteig ist die Hölle los. Max heult, weil er nicht im Fahrradanhänger mitfahren will und nicht akzeptiert, dass wir sein Like-a-Bike aus Platzgründen nicht auch noch mitnehmen können. Pia hat den Anhänger beladen, mit dem man immer wie ein unterwürfiger Rikschafahrer aussieht, der irgendwelche Würdenträger oder Touristen durch die Gegend karrt. Sie hat einen Rucksack, ich habe einen Rucksack, den Rest wollen wir auf den Gepäckträgern von Julias und Antons Fahrrädern verstauen. Dabei sehe ich, dass Antons Fahrrad kaum mehr Luft hat.
»Warum«, frage ich Pia ärgerlich, nämlich mit Blick gleichzeitig auf die Uhr und einen Himmel, der im Westen schon etwas dunkelt vor drohenden Regenwolken,
»warum muss immer ich für die Luft in den Reifen verantwortlich sein?«
»Weil«, sagt Pia, während sie versucht, Max unter Kontrolle zu kriegen, der inzwischen wieder ausgestiegen ist und am Rand des Bürgersteigs herumturnt, dort also, wo gerade die Tram heranrast, »weil ich immer für das Packen zuständig bin.«
»Ist ja gut«, sage ich, denke »sie hat Recht« und sehe gleichzeitig aus wie ein Märzhimmel, der im Westen etwas dunkelt.
Also gehe ich runter in den Keller, um die Fahrradpumpe zu holen.
Nun muss man wissen, dass ich unseren Vermieter keineswegs abgrundtief hasse. Für eines aber will ich ihn gerne foltern lassen: Weil er zu geizig ist, um die Tür, die vom Hausvorraum zum Keller hinabführt, mit irgendeiner vernünftigen Schließanlage auszustatten, liegt in jedem Briefkasten im Hausflur ein Kellerschlüssel. Der ist etwa 13 Zentimeter lang und gefühlte zwei Kilo schwer, weshalb man ihn unmöglich am Schlüsselbund mit sich herumtragen kann. Darum der Briefkasten. Damit schließt man die Tür zum Keller auf. Sofern man den Briefkastenschlüssel bei sich hat, um an den Kellerschlüssel zu kommen. Meiner liegt oben. Ich gehe wieder hoch und gehe wieder runter. Ich sperre den Briefkasten auf, entnehme den Kellerschlüssel und sperre die Kellertür auf. Dann gehe ich zu unserem Keller, in dem ich die Pumpe vermute. Sie ist dort nicht. Ich gehe zurück, Pia meint sich zu erinnern, dass sie die
Pumpe neulich mal mit nach oben genommen habe, um eines der Kinderfahrräder mit plattem Reifen zu reparieren, vielleicht liege die Pumpe nun also in der Kammer, ich sage nichts und gehe wieder nach oben.
Richtig, in der Kammer ist die Pumpe. Ich nehme sie und gehe nach unten. Unterwegs kommt mir Julia entgegen, die jetzt auch aufs Klo muss. Es ist elf, und die Chancen schwinden, einen guten Platz zu erhaschen im Englischen Garten. Unten pumpe ich die Fahrräder auf. Pia sagt nichts und blickt auf die Uhr. Ich blicke
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