Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Frau will einen Garten

Meine Frau will einen Garten

Titel: Meine Frau will einen Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Matzing
Vom Netzwerk:
ja total besoffen!« Worauf Schimmerlos antwortet: »Stimmt net. I... bin... nur sternhagelblau.« Das hindert ihn nicht daran, ein paar verknitterte Fotos aus der Tasche zu ziehen und Mona zu Füßen zu werfen - mit den Worten: »Mogst a Villa?«
    Auf den Fotos ist eine alte, heruntergekommene, herrlich anzuschauende Villa am Starnberger See zu sehen.
    Der Hintergrund tut hier eigentlich nichts zur Sache.
Nur so viel: Hubert von Dürkheimer, Konsul der Inselgruppe Kondadora, braucht Schimmerlos als Strohmann für einen Immobiliendeal, in den auch noch Bürgermeister Wimmer und der Landtagsabgeordnete Josef Geisshofer verwickelt sind. Schimmerlos glaubt, er könne alle austricksen, nimmt einen Millionenkredit auf, kauft die Villa - und genau in dieser aufgeräumten Stimmung kommt er nach Hause. Mogst a Villa? Worauf er fast schon wieder nüchtern wird vor Freude. Er erzählt, dass er sich dieses Traumhaus schnappen werde, dass es eben auch ein Schnäppchen sei, dass er alles renovieren lasse und dass er dann mit Mona dort leben wolle. »Du und ich. In einer Villa. Am See. Du und dein Baby. Was sagst?« Und dann, weil die große Euphorie ausbleibt, sagt Schimmerlos drängend: »Jetzt freu dich doch!«
    Man muss vielleicht ein mittlerer Mann mit mittleren Mitteln in mittleren Jahren sein, um zu begreifen, was es bedeutet, der Liebsten die Frage aller Fragen zu stellen.
    Am Ende kommt Schimmerlos gerade noch mit ein paar Blessuren heraus aus der Geschichte, die Villa am See wird vom Freistaat Bayern gekauft. Was bleibt, sind die Sehnsucht und ein großes Zitat. Natürlich wollte ich nie in meinem Leben ein Haus - aber ich wollte immer in meinem Leben eine Frau fragen, ob sie vielleicht zufällig gerade eine Villa haben möchte. Nur so. Als Geschenk. Jetzt freu dich doch.
    Ich frage Pia, ob sie immer noch ein Haus haben
will, denn nun bin ich reif. Und wenn nicht reif in einem geistigen Sinn, so doch entschlossen in einem rauschhaften, fernsehdrehbuchhaften Sinn, ihr, wenn nicht eine Villa, so doch eine Schrotflintenbude zu bauen. Ich. Ihr. Meiner Frau. Ich bin sternhagelblau vor Freude und unfassbar stolz auf mich.
    Ja, ich bin glücklich in diesem Augenblick. Da habe ich aber auch noch kein Gespräch mit der Bank geführt. Dafür schenkt mir Pia an diesem Tag einen ihrer zärtlichsten Blicke und dazu ihr gesamtes Erbe, denn sonst hätten wir keinen Cent Eigenkapital.

    Eigentlich sollte es mit dem Hauskauf so sein wie in dieser Werbung: Ein Mann und eine Frau unter südlicher Sonne. Sie planschen träge im Pool eines Anwesens, das wie ein gigantisches Sahnebaiser aussieht. Die Frau gähnt. Dann sagt sie träge zu ihm: »Ich glaub, ich geh mir mal schnell ein Auto kaufen.« Worauf er nur etwas unverständlich Zustimmendes brummt. Sie entfernt sich, da fällt ihm noch was ein, und er ruft ihr hinterher: »Ach, du, bring mir doch bitte auch eins mit.« Als ginge es nicht um ein Auto, sondern um einen Viererpack Joghurt.
    Beim Autokauf hat mir mal der Verkäufer gesagt: »Lassen Sie sich ruhig Zeit. Nach dem Haus ist das Auto ja der bedeutendste Kauf, den man normalerweise machen kann. Das will gut überlegt sein, nicht wahr?«
    Nicht wahr? So sehe ich das auch. Schon beim Autokauf
habe ich monatelang Bedenken und unruhige Nächte. Ich mache mir Sorgen wegen der Finanzierung, wegen der Kosten und wegen all der Entscheidungen, die zu treffen sind. Allein die Frage nach der richtigen Farbe treibt mich an den Rand der Handlungsunfähigkeit. Und ein Haus kostet in München so viel wie zwanzig mittelteure Autos. Ich wollte, ich wäre ein Mensch, der am Pool liegend seiner enteilenden Gattin hinterherruft: »Bring mir doch auch ein Haus mit, Schatz.« Aber ich bin eher derjenige, der an der Fliesenfrage scheitert. Jemand, der ein paar Monate Bedenkzeit braucht, um sich darüber klar zu werden, wo der Wasserhahn im Außenbereich ans Haus montiert werden soll.
    Nicht, dass ich penibel oder unentschieden wäre.
    Das kommt davon, dass ich, obschon Mieter aus Berufung, Dinge mit Ewigkeitsanspruch im Grunde gernhabe. Ich finde, sie ersparen einem Moden und Nachdenken. Beides sind anstrengende Angelegenheiten.
    Andererseits, das ist ja so unfassbar deutsch: das Haus für die Ewigkeit. Häuser in Amerika passen auf einen Anhänger mit ihren dünnen Bretterbudenwänden. In Deutschland muss ein Haus eintausend Jahre, nein, kein guter Vergleich, sagen wir, einhundert Jahre halten. Muss aus Stein und dicken Wänden bestehen. Muss immer so

Weitere Kostenlose Bücher