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Meine Frau will einen Garten

Meine Frau will einen Garten

Titel: Meine Frau will einen Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Matzing
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Dafür haben wir in München ein dreiviertel Problemgrundstück bekommen. Wir haben einen Riesenfehler gemacht.«
    »Nein«, antwortet Pia geduldig ins Telefon, »München ist eben teurer, Hoyerswerda ist billiger. Aber du arbeitest nicht in Hoyerswerda. Ich auch nicht. Und die Kinder gehen nicht in Hoyerswerda zur Schule. Deshalb haben wir in München ein Grundstück gekauft.«
    Auch vom Immobilienteil kann ich nicht mehr lassen. Ich lese ihn jetzt, da ich kein Grundstück mehr suche, sogar noch aufmerksamer als vorher, als ich noch mit Pia zusammen ein Grundstück gesucht habe. Es ist wie verhext, ich bin immobilienteilsüchtig, es könnte ja sein, dass ich noch ein Angebot finde, das viel günstiger ist als das, das wir nun angenommen haben. Dann könnte ich mich noch viele Jahre lang darüber ärgern. Diese Chance möchte ich offenbar auf keinen Fall verpassen.
    Pia hat deshalb damit angefangen, die Immobilienteile gleich ins Altpapier zu werfen. Aber ich hole sie immer wieder aus der Tonne raus. Pia macht sich Gedanken, ob meine Unterschrift beim Notar rechtsgültig gewesen ist. Man muss schließlich bei klarem Verstand sein, um ein Grundstück kaufen zu können.
    Es sind schon interessante Zeiten, um ein Haus zu
bauen. Es gibt die Schuldenuhr: 4439 Euro beträgt der deutsche Schuldenzuwachs pro Sekunde. Pro Sekunde! Also etwa so: Beim nächsten Ton ist es 4439 Euro, piep, beim nächsten Ton ist es 8878 Euro, piep, beim nächsten Ton ist es 13 317 Euro, piep, beim nächsten Ton ist es 17 756 Euro … Exakt so fühlt man sich, sobald man einen Kreditvertrag unterschrieben hat. Wir haben unterschrieben. Piep.

    Was jetzt noch fehlt, ist eine Kleinigkeit. Sagt Bauernfeind. Sagt Dr. Kreuzpaintner. Sagt die verlassene Daniela Bär. Sagt Pia. Die Kleinigkeit ist: die Baugenehmigung. Zuständig dafür ist die Lokalbaukommission. Ein Amt in der Stadt. Am Tag nach dem Notartermin gehe ich hin und gerate dort in ein Bauherren-Fegefeuer, gegen das Kafkas Beschreibung wahnsinniger Ämter geradezu barmherzig erscheint.
    Bauernfeind hat mir ja gesagt, dass das Haus maximal fünfeinhalb Meter breit und maximal sechzehn Meter lang sein darf. Ich habe längst nachgerechnet, ob das für meine Familie und drei Kinderzimmer reicht. Ergebnis: gerade noch. Ungefähr so wie mein Bodymassindex. Es ist verdammt knapp kalkuliert, wobei Max die Angewohnheit hat, nachts im Traum wild um sich zu schlagen, weshalb er noch etwas mehr Platz braucht, als amtlicherweise einem Dreijährigen zugestanden wird. Max ist einfach der Berserker der Familie. Er braucht viel Platz, und der Rest der Familie braucht manchmal einen gewissen Sicherheitsabstand
zu ihm. Wir brauchen deshalb mindestens fünfeinhalb Meter in der Breite und 16 Meter in der Länge. Das sage ich auch der Lokalbaukommission.
    Die Lokalbaukommission verfügt aus guten Gründen wie der CIA oder die NVA oder der KGB über eine gefährlich klingende Abkürzung: LBK. Eine energische, fast soldatisch wirkende junge Frau sagt zu mir: »Ach, Sie wollen das Grundstück in Obermenzing kaufen?« Ich bin irritiert. Woher kennt sie das Grundstück? Und das »Sie« klingt sehr nach: Da schau her, ein Irrer.
    »Ja. Wieso?«
    »Weil schon zwei Interessenten vor Ihnen mit ihren Eingabeplänen gescheitert sind. Die wollten viel zu breit bauen. Das Grundstück ist eigentlich unverkäuflich. Dort kann man nicht bauen.«
    »Wir haben aber das Grundstück gekauft in der sicheren Annahme, dass wir fünfeinhalb Meter breit bauen dürfen. Das hat auch der Makler gesagt. Hören Sie: Ich habe drei Kinder, ich brauche diese fünfeinhalb Meter. Bitte!«
    In meinem Ohr habe ich jetzt dieses Piepen, dieses Zinsundzinseszinspiepen. Ich glaube, ich falle gleich in Ohnmacht. Ich habe uns ruiniert.
    Nach dem »eigentlich« der LBK-Offizierin greife ich wie nach einem Rettungsring. »Was heißt eigentlich?« Ich will jetzt laut werden. Dann will ich Bauernfeind töten. Dann die LBK zertrümmern, dann mich entleiben. In dieser Reihenfolge. »Was heißt eigentlich? Wie breit?«

    »Da muss ich nachsehen. Warten Sie hier.«
    Sie verschwindet im Kafka-Schlund des LBK-Schlosses. Ich warte. Mir zittern die Knie. Gleich wird sie zurückkommen, um mir zu sagen, dass ich auf dem Schnäppchengrundstück nur einen Hasenzuchtverein gründen, aber kein Einfamilienhaus bauen darf. Meine Kinder werden im Stall wohnen.
    Die LBK-Agentin kommt zurück. Sie sagt: »Exakt 4 Meter und 78 Zentimeter. Wegen des Mindestabstandes dürfen Sie

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