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Meine Frau will einen Garten

Meine Frau will einen Garten

Titel: Meine Frau will einen Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Matzing
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Ehestreitigkeiten zu erzählen. Aber der Augenblick zieht vorbei.
    Im Laden ist es schummrig. Es riecht nach Öl, Metall und Holz. Ein Mann, der aussieht, als würden ihn seine kanadischen Freunde Timber nennen, stemmt eine signalrote Kettensäge ins Regal. Er trägt eines dieser Karohemden, die irgendwie an Wagenräder und den Wilden Westen erinnern. Außerdem ist er mit einer signalroten Arbeitshose bekleidet. Die klobigen Arbeitsschuhe haben verstärkte Kappen. Von seinem Kopf baumelt ein langer, grauer Zopf, gehalten von einem signalroten Gummi. Auf der anderen Seite des Paradieses beugt sich ein Mann in Lederkombi über einen verschrammten Holztresen. Wir sind hier im Norden Münchens. Aber dennoch wirkt der ganze Laden so, als befände er sich am Clondyke-Pass. Ich bekomme spontan Lust, mir einen Sack Kaffee, Bohnen, Munition,
ein paar Bärenfallen und Schneeschuhe zu kaufen. Draußen verspricht die Sonne mittlerweile einen fantastischen Sommertag. Aber man kann nie wissen. Und wenn man doch in einen Schneesturm gerät? Dann könnten Schneeschuhe und Bohnen relevant werden.
    Ich schaue mich um im Laden. Beide, der Zopf wie der Lederne, beachten mich nicht. Wortkarge Naturburschen, Problemlöser, vermutlich sehr hart, aber das Herz am rechten Fleck.
    Es gibt Menschen, die betreten ein Restaurant oder einen Laden - und sofort ziehen sie alle Aufmerksamkeit auf sich. Das sind die Leute, die im Western durch die Schwingtür eines Saloons stiefeln, woraufhin der Pianist aufhört zu spielen.
    Und es gibt Leute wie mich.
    In Richtung Zopf sage ich: »Ja, hallo, wegen der Kettensäge, ich habe gestern angerufen …«
    Der Zopf sagt: »Brumm.«
    Deshalb sage ich etwas holzfällerhafter: »Kettensäge. Heute. Ausleihen.«
    Der Zopf sagt: »Brumm.«
    Dann schweige ich - und das gefällt dem Zopf. Schweigen ist genau sein Ding. Der Wald steht schwarz und schweiget: So einer ist das. Der Zopf dreht sich also zu mir um. Begeistert von der Aufmerksamkeit, die mir nun so unverhofft zuteil wird, mache ich prompt einen Fehler. Beziehungsweise einen Garten-Eder-Witz. Ich frage: »Haben Sie Äpfel? Und auch eine Schlange?«
Adam, Eva, Vertreibung aus dem Paradies. Kennt man doch.
    »?«
    »Na, Garten Eden. Paradies.«
    »?«
    »Ich meine: Eder, Eden, haha.«
    Der Zopf greift sich eine Kettensäge und wuchtet sie auf den Tresen. Er sieht aus, als hasse er Leute, die Garten-Eder-Scherze machen. Fast so wie Eder selbst. Der Zopf sieht gefährlich aus.
    »Schon mal damit gearbeitet?«
    Meine Laune wird auf einen Schlag dermaßen finster, dass ich jetzt gerne aus der Haut fahren würde. Ich würde gerne antworten:
    »Natürlich nicht, Sie Waldschrat, ich nehme weder am Baumsäge-Contest noch am Traktorziehen teil, auch das Maßkrugschieben, Zwergenwerfen oder Fingerhakeln überlasse ich liebend gerne Leuten mit lustigen Firmennamen und einer Vorliebe für Signalrot, ich lebe ja auch nicht in einem Blockhaus in Alaska, sondern, vorläufig noch, mitten in München, also erklären Sie mir jetzt bitte einfach haarklein die perfekt abgestimmte Rutschkupplung Ihrer Säge, dazu die ergonomisch angeordneten Handgriffe mit strapazierfähigen Polymereinlagen, die eine sichere Führung bei senkrechten und waagerechten Schnitten geben, obwohl ich das schon aus den Kettensägen-Foren im Internet weiß, in denen sich offenbar Wahnsinnige tummeln, die über die richtige Kettensäge-Marke Debatten führen, als
ginge es um die politische Weltordnung, aber bitte, tun Sie sich nur keinen Zwang an, geben Sie mir einfach irgendeine Motorsäge, Husqvarna meinethalben, und dann geben Sie mir eine gut lesbare Bedienungsanleitung mit, die auch von einem einfachen Redakteur, der sich nicht auf Gartengeräte spezialisiert hat, verstanden werden kann, dazu eine Schutzweste, eine Schutzbrille, einen Schutzhelm und einen Schutzschild - und am besten kommen Sie vielleicht gleich selbst mit, denn ich habe nicht die geringste Ahnung, wie ich mein Grundstück leer sägen soll, so, wie sich das meine Frau wünscht, übrigens will ich das auch gar nicht, und ich will auch kein Haus und keinen Garten! Garten Eden, dass ich nicht lache.«
    Ich sage nichts von alldem, ich sage: »Klar.«
    Dann nehme ich die Säge in Empfang. Der Zopf überreicht sie mir so feierlich, als wolle er mir das Schwert Excalibur anvertrauen. Das ist das Schwert aus der Artus-Sage, das seinem Träger übermenschliche Kräfte verleiht. Die Schwertscheide machte jeden, der sie bei sich trug,

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