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Meine Frau will einen Garten

Meine Frau will einen Garten

Titel: Meine Frau will einen Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Matzing
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unverletzbar. Ich begutachte meine Sägescheide. Sie ist aus signalrotem Plastik. Excalibur heißt jetzt Stihl.

    Dann fahre ich raus zum Grundstück, das auf Rodung wartet. Raus nach Obermenzing. Raus: Mein Leben bekommt allmählich so ein Und-raus-bist-du-Grundrauschen. Wenn ich rausfahre, Richtung Westen und dann immer geradeaus, komme ich an ungefähr zwei
Dutzend Autohäusern und drei Dutzend Baumärkten vorbei. Dazwischen verkaufen Tankstellen Grillkohle für Leute, die gerne rauswollen. Ich parke vor dem Baumarkt.
    Dabei ist das ein interessantes Reich, diese Baumarktwelt. Vielleicht sind Baumärkte, mache ich mir Mut, die letzten selbstbestimmten Orte in einem Universum der Entfremdung. Vielleicht ist der Baumarkt eine Utopie, ein Versprechen auf eine bessere Welt, die nicht mehr aus Rückengymnastik im Büro, sondern aus einem sinnerfüllten Leben zwischen Abbeizhauben und Zaunpfostenkappen besteht.
    Im Fernsehen gab’s mal eine sogenannte Reality-Doku-Soap namens »Schwarzwaldhaus«. Darin ging es um ein Bauernhaus, das man mit viel Mühe in den technischen Stand von 1902 versetzt hatte. Eine Familie mit drei Kindern lebte darin zehn Wochen lang. Also ohne fließendes Wasser, ohne Strom und ohne Heizung. Alles, was die Familie zum Leben brauchte, musste selbst hergestellt werden. In der Werbung des Senders hieß es: »Die entbehrungsreiche Zeit mit ihrem ungewohnten Tagesablauf, dem schlichten Leben, verlangt der Familie sowohl physisch als auch psychisch einiges ab. Zahlreiche Schicksalsschläge wie eine verdorbene Ernte, kranke Kühe oder ein Leistenbruch bringen die Familie an die Grenzen des Möglichen.« Gesucht wurden nun weitere Familien. Der Zulauf war ungeheuer.
    Es muss also viele Menschen geben, die dermaßen angeödet sind von ihren smart houses und den Kühlschränken
darin, die sich selbst via Internet die Milch nachbestellen und die Joghurt-Verfallsdaten überwachen, dass sie sich nach verdorbenen Ernten und kranken Kühen geradezu verzehren. Sie wollen Brot backen. Sie wollen Holz hacken. Sie wollen einen Leistenbruch. Sie wollen morgens bei Sonnenaufgang aufstehen und ihre Grenzen kennenlernen.
    Und ich glaube nun, dass sich all die Leute, die nicht untergekommen sind in der Reality-Doku-Soap, samstags im Baumarkt trösten. Der Baumarkt ist die kranke Kuh in einer entfremdeten Zeit, in der die Milch nur noch aus dem Kühlschrank und das Regal aus dem Abholmarkt kommt.
    Tom Hanks hat in dem Film »Verschollen« einen modernen Robinson nach einem Flugzeugabsturz auf einer einsamen Insel gespielt, der vier Tage braucht, um sich aus Reisig und zwei Stöckchen, die er gegeneinanderreibt, ein Feuer in der Größe eines Bic-Feuerzeugs zu machen. Als es endlich brennt, springt Robinson auf, klopft sich auf die verfettete Brust des Büroinsassen, hüpft um das Feuer herum und brüllt: »Das habe ich gemacht. Ich! Ho! Ho! Schaut her! Ich habe Feuer gemacht! Hoho! Ich! Feuer!« An jedem Samstagabend ereignet sich in den Wohnzimmern Deutschlands die gleiche Szene: Überglückliche Robinsons umhüpfen ihre selbst gebauten Fernsehschränke, den neu eingegipsten Doppelschalter mit Dimmfunktion oder das liebevoll angestrichene Gewürzregal. Ho! Ho! Schaut alle her! Selbst gemacht!

    Im Grunde ist der Baumarkt eine Therapieform der modernen Gesellschaft. Man sollte die Rechnungen über Akkuschrauber und Isolierband bei der Krankenkasse einreichen.
    Schon die Baumarkt-Topografie ist toll. Man rast die Malerstraße entlang und biegt dann rechts ab in die Schraubengasse, kreuzt den Elektroplatz, um sich beim Kaminrondell wieder in den Strom der Do-it-yourselfs zu mengen.
    Am liebsten ist mir die Sanitärstraße. Früher gab es Nasszellen, heute gibt es Wellness-Oasen mit Aromatherapie und touch-free-Armaturen. Wo früher ein Wasserhahn ein sicherer Hinweis auf zivilisatorische Höchstleistungen war, befindet man sich heute ohne Infrarot-Annäherungselektronik-Aquaspender im Zustand der Barbarei.
    Auf der Sägeanhöhe inmitten der Maschinenstraße lasse ich mir die Stihl-Motorsäge erklären, die ich schon im Kofferraum habe. Es ist mir vollkommen unmöglich, Leuten wie dem Zopf irgendetwas einzugestehen, und sei es meine Motorsägen-Inkompetenz. Im Baumarkt dagegen macht mir das nichts aus. Da schleichen noch ganz andere Problemhandwerker zwischen Kabelbindern und Leerrohren herum.
    All das lasse ich jetzt hinter mir, biege nochmal zwischen Baumarkt und Autohändler links ab zu meinem ganz persönlichen

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